Bärstraße in Bernburg Bärstraße in Bernburg: Garagen durch Halteverbot nutzlos

bernburg/MZ - Stellen Sie sich vor, Sie besitzen eine Garage und können Sie praktisch nur nutzen, indem Sie gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen. In solch einer paradoxen Situation befinden sich die Anwohner der Bernburger Bärstraße seit mehr als zwei Monaten. Denn Anfang Dezember hatte die Stadtverwaltung - wie in jedem Winter - insgesamt neun Halteverbotsschilder entlang beider Fahrtrichtungen aufstellen lassen. Damit Schneeräumfahrzeuge des städtischen Bauhofes im Bedarfsfall die schmale und abschüssige Pflasterstraße ungestört passieren können.
Ein absolutes Halteverbot gilt laut Paragraf 12 der deutschen Straßenverkehrsordnung grundsätzlich an engen und unübersichtlichen Straßenstellen, im Bereich von scharfen Kurven, auf Einfädelungs- und Ausfädelungsstreifen, auf Bahnübergängen sowie vor und in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten. Es kann aber zusätzlich auch durch das Verkehrszeichen 283 (rotes Kreuz auf blauem Untergrund) angeordnet werden.
Zeichen 286 (roter Diagonalbalken auf blauem Untergrund) bedeutet ein eingeschränktes Halteverbot (Parkverbot). Es untersagt, länger als drei Minuten zu halten. Eine Ausnahme ist das Ein- und Aussteigen oder Be- und Entladen, was allerdings ohne Verzögerung vorzunehmen ist.
Warum nicht ein eingeschränktes Halteverbot - im Volksmund besser als Parkverbot bekannt - ausreicht, will Anlieger Eberhard Balzer nicht in den Kopf. Er verweist auf sechs Garagennutzer, die ihre Remisen nicht mit elektronischer Fernbedienung öffnen können. Sie müssten also vor der Einfahrt ihren Wagen auf der Fahrbahn abstellen, um das Tor manuell zu öffnen. Und auch beim Verlassen des Grundstücks würde das Auto auf der Straße „halten“, während der Fahrer das Tor schließt. „An der Straße wohnen auch drei schwerkranke Bürger, die öfter von Angehörigen zu Ärzten und Heilbehandlungen gefahren werden müssen“, beschreibt der 77-Jährige die aus seiner Sicht nicht akzeptable Lage. Ihnen müsste es doch erlaubt sein, ein vor dem Haus haltendes Fahrzeug zu besteigen.
Fall sollte geprüft werden
Bereits zum Jahresanfang hatte der Lehrer im Ruhestand öffentlich auf diesen Missstand hingewiesen. Auf MZ-Anfrage kündigte Ordnungsdezernent Holger Dittrich an, den Fall zu prüfen. Da sich an der Beschilderung jedoch nichts änderte, sprach Eberhard Balzer zwei Wochen später selbst im Ordnungsamt vor - ohne Erfolg. Stattdessen habe er von zwei Mitarbeitern der Behörde die Begründung erhalten, dass die Halteverbotsschilder aufgestellt worden sind, weil sich einige Verkehrsteilnehmer nicht um ein Parkverbot scheren würden und der Winterdienst deshalb nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könne. „Wäre es dann nicht Aufgabe des Ordnungsamtes, situationsbedingt für Ordnung zu sorgen?“, fragt Balzer rhetorisch.
Wenn er selbst nur zum Ausladen seiner wöchentlichen Einkäufe vor der Haustür anhielte, würde er gegen die StVO verstoßen. Nur der Kulanz einer zufällig vorbeikommenden Polizeistreife sei es jüngst zu verdanken gewesen, dass er einer Geldstrafe entgangen ist. „Ich bringe aber den Beamten in Gewissensnöte.“ Ein Polizist habe ihm schon die Anschaffung eines Handwagens empfohlen. Denn die nächste erlaubte Haltemöglichkeit sei 40 Meter entfernt, aber meist vollgeparkt. Erst in mehr als 100 Meter Entfernung biete sich eine reelle Chance, das Auto abzustellen.
Balzer hat inzwischen Gehör gefunden - beim Oberbürgermeister, an den er sich mit einem Brief wandte. „Der Mann hat recht. Ich habe angewiesen, die Schilder auszutauschen“, sagte Henry Schütze gestern auf MZ-Anfrage. Der „Schild-Behördenstreich“ dürfte nach diesem Machtwort ein baldiges Ende haben.