Bäckerei Siegmann Bäckerei Siegmann in Bernburg: "Pfannkuchen sollen noch so schmecken wie früher"

Bernburg - „Mit dem 11. September 1984 eröffnen wir unsere Bäckerei. Wir werden bemüht sein, den Wünschen unserer Kundschaft gerecht zu werden.“ So steht es in der Anzeige zur Geschäftsübernahme von Herbert Siegmann und seiner Frau - geschrieben als das Ehepaar die Filiale Reinhard Wirth übernahm. Und das ist auch heute noch der größte Anspruch der Bernburger Bäcker aus dem Kugelweg.
Altbewährtes soll sich lohnen
„Wir backen noch so wie vor hundert Jahren“, sagt Inhaber Herbert Siegmann stolz. „Man hat bloß eine Chance, wenn man gute Qualität bietet.“ Das bedeute unter anderem, zu 90 Prozent ursprünglich zu backen - mit gutem Mehl, ohne künstliche Zusatzstoffe und ohne Geschmacksverstärker. Die Rezepte seien noch immer die Klassiker von Siegmanns Mutter. „Und das schmeckt man“, sagt Sohn Robert Siegmann, der heute die beiden Filialen am Kugelweg und an der Roschwitzer Domänengasse führt.
Die Traditionsbackstube ist ein großes Familienunternehmen - alle sind irgendwie beteiligt und helfen, wo sie können. Von Vater Herbert, der ab und an als Ruheständler mit anpackt über seine vierjährige Enkelin Hannah, die mit pinkfarbener Mini-Teigrolle schon in die Bäcker-Fußstapfen tritt bis zu Robert Siegmanns Schwiegermutter Carola Müller, die als ausgebildete Verkäuferin hinter der Theke steht.
Dabei liegen die Wurzeln der Familie eigentlich an der Küste. 1984 ist die Familie von der Ostseeinsel Rügen nach Bernburg gekommen, um sich neu zu orientieren. Als Wanderbäcker führte Koch und Handwerksmeister Siegmann sein Weg vom Schiffskombinat Saßnitz über das brandenburgische Guben schließlich in die Saalestadt. In einer Bäckerzeitung entdeckte der 68-Jährige die Anzeige für die Geschäftsnachfolge.
„Die Bäckerei hier war die schönste von allen“, begründet er die Entscheidung für den Standort. „Nicht zu groß und nicht zu klein.“ Der Ortswechsel war zunächst nicht so leicht: „Für uns war das wie Tag und Nacht“, muss der Senior eingestehen. „Den Dreck der Industrie waren wir nicht gewöhnt.“ Nach der Wiedervereinigung musste für den Umbau in die nach dem Ersten Weltkrieg eröffnete Bäckerei am Kugelweg erst einmal investiert werden, zum Beispiel in einen modernen Ofen.
Rückkehr für die Familie
2005 ist Herbert Siegmanns Ehefrau Brigitte nach längerer Krankheit verstorben - ein Rückschlag für das Familienunternehmen. „Sie hatte großen Anteil am Aufbau des Geschäfts“, sagt Robert Siegmann. Dies sei damals auch Anlass für ihn gewesen, seinen Wohnort Bielefeld zu verlassen und den Vater mit dem Geschäft in Bernburg zu unterstützen. Seit dem Ruhestand des Vaters ist der 39-Jährige verantwortlich. Die buchhalterische Organisation, die seine Mutter zu Lebzeiten stemmte, übernimmt heute Ehefrau Andrea - trotz Job als Krankenschwester und der Betreuung von Tochter Hannah und dem neun Monate alten Jacob.
Konkurrenz aus dem Froster
Neben dem Tagesgeschäft beliefern die Bäcker auch Pflegeheime, kleinere Kaufläden und die Bernburger Lebenshilfe. Was übrig bleibt, gehe an die Hilfsorganisation Tafel an der Auguststraße. „Wir wollen auch denen ein Stück Kuchen ermöglichen, die sich das sonst nicht leisten können“, sagt Robert Siegmann.
Der Markt liefere mehr als eine Hürde. In der Roschwitzer Filiale habe man wegen der Großbaustelle (die MZ berichtete) deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. In der Folge musste sogar eine Mitarbeiterin vorübergehend entlassen werden, die Öffnungszeiten wurden auf 6 bis 14 Uhr beschränkt. Die Filiale nicht komplett zu schließen, sei man seinen Stammkunden gegenüber schuldig.
Von 23 Uhr nachts bis 8 Uhr morgens werde gebacken. „Immer frisch, wir haben keine Frosteranlage“, sagt Robert Siegmann. Auf die Frage nach dem Kassenschlager antwortet er: „Wir sind für unsere Pfannkuchen bekannt, die sollen noch so schmecken wie früher.“ Das solle auch so bleiben, um gegen die Preispolitik der Supermärkte bestehen zu können. Der Geschäftsführer hoffe, dass die Kunden den Unterschied selbst erkennen und bereit sind, mehr als nur ein paar Cent für Brötchen oder Kuchen zu zahlen. Sein Erfolgsrezept: Nicht an die breite Masse anpassen. Ihren Stammkunden danken die Siegmanns für die jahrelange Treue. Diese würden auch mal Wege mit dem Fahrrad von Gröna auf sich nehmen.
(mz)
