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Ausstellung Ausstellung: Erfinderisches Anhalt

Von Alexandra koch 07.05.2013, 17:38
Ines Hildebrand (rechts), Kuratorin der Ausstellung „Die anhaltische Industrie auf der Weltausstellung 1893 in Chicago“, erläuterte Besucherin Petra Gaulke die Ausstellungstafeln.
Ines Hildebrand (rechts), Kuratorin der Ausstellung „Die anhaltische Industrie auf der Weltausstellung 1893 in Chicago“, erläuterte Besucherin Petra Gaulke die Ausstellungstafeln. engelbert pülicher Lizenz

bernburg/MZ - „Hinter diese Innovationskraft in Anhalt muss man ein Ausrufezeichen setzen“, sagte Ines Hildebrand. Sie ist die Kuratorin der Ausstellung „Die anhaltische Industrie auf der Weltausstellung 1893 in Chicago“, die noch bis zum 2. Juni im Eulenspiegelturm des Bernburger Schlosses zu sehen ist und durch die sie am Sonntag interessierte Besucher führte. Ines Hildebrand bezog sich mit ihrer Aussage auf die damalige Präsenz von elf anhaltischen Unternehmen, die bereits vor nunmehr 120 Jahren ihre Produkte in Übersee präsentierten.

Auf das Thema war sie als Archivarin des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt durch Zufall gestoßen. Sie hatte einen Roman gelesen, in dem es um die Zeit der Jahrhundertwende in Chicago ging und der sie für die Geschehnisse der Periode sensibilisierte. Gleich darauf war ihr im Archiv eine Akte in die Hände gefallen, in der die aus Mitteldeutschland stammenden Teilnehmer der Weltausstellung aufgelistet waren. Die Neugier von Ines Hildebrand war entfacht und sollte eine dreijährige Forschungstätigkeit auslösen, deren Ergebnisse nun in einer Wanderausstellung präsentiert werden.

Unter den anhaltischen Teilnehmern war damals unter anderen die Firma von Wilhelm Siedersleben aus Bernburg, die sich in den USA gekonnt mit Holz-Miniaturmodellen von Drillmaschinen in Szene setzte. Ziel des Gründers Wilhelm Siedersleben (1835-1892) war es zunächst, die mühsame landwirtschaftliche Arbeit im väterlichen Betrieb in Piesdorf zu vereinfachen und gleichzeitig die Qualität zu verbessern. Die Serienproduktion seiner Erfindungen ließ nicht lange auf sich warten, der gegründete Betrieb, der zunächst in Belleben ansässig war, wanderte Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts nach Bernburg. Die „Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen, Geräte und Eisengießerei“ hatte in der Saalestadt ein großes Gelände zur Verfügung. Das Grundstück hatte auch eine Versuchsackerfläche, auf der die Gebrauchstüchtigkeit der Maschinen getestet wurde. Vor seiner Teilnahme an der Weltausstellung in Chicago hatte Siedersleben seine Produkte bereits 1873 erfolgreich in Wien präsentiert, was in der Folge half, sich auf dem österreichischen Markt durchzusetzen. Der Unternehmer hatte die Ausstellung in Übersee selbst nicht mehr miterleben können, war er doch im Jahr zuvor verstorben. Doch die Teilnahme seiner Firma sollte zur weltweiten Verbreitung seiner Landmaschinen beitragen.

Auch zu DDR-Zeiten waren die Bernburger Landmaschinen so berühmt, dass beispielsweise das Sandmännchen auf einer „Saxonia“ - so der Markenname - in der beliebten Kindersendung einfuhr. In den 60er Jahren hatte man einen kompletten Bausatz für Kinder herausgegeben, der heutzutage für zirka 500 Euro im Internet angeboten werde, berichtet Ines Hildebrand von ihren Recherchen um die Firmenprodukte.

Auch der 34-jährige Hugo Junkers hatte sich auf den Weg gemacht, um sich mit der Reise nach Chicago einen Traum zu erfüllen. Er war zwar offiziell nicht unter den Ausstellern. Das hielt den jungen Erfinder allerdings nicht davon ab, seine neue Entwicklung, das „Kolorimeter“, anzupreisen. Auch wenn die Resonanz nicht so ausfiel wie erhofft, forschte Junkers nach seiner Rückkehr aus Amerika doch im Bereich der Wärmetechnik weiter und gründete bald die erste eigene Firma, die „Gasbadeofenfabrik“.

Dietmar Bräuer war unter den Besuchern der Führung durch die Ausstellung. Als Technischer Leiter bei Solvay halte er Leistungsschauen aller Art schon von Berufs wegen für sehr interessant. „Ich finde hier erstaunlich, was in der Vergangenheit geleistet wurde. Es gehörte auch Mut dazu“, sagte der Wahl-Bernburger nach der Präsentation.