Aus der Landwirtschaft in die Gemeinde
ZICKERITZ/MZ. - Erika Schönau ist ein typischer Dorfmensch. "Die Stadt wird mir auf Dauer zu hektisch", sagt die 68-Jährige. Bis Ende Juni war sie Ortsbürgermeisterin von Zickeritz mit den Ortsteilen Brucke und Zellewitz, ein Amt das sie 21 Jahre lang ausgeübt hat: ab 1988 als hauptamtliche Bürgermeisterin, nach der Wende in ehrenamtlicher Funktion. Mit der Eingemeindung nach Könnern 2003 wurde sie zur so genannten Ortsteilbürgermeisterin.
Erika Schönau hat in ihrer frühen Jugend erlebt, was Flucht und Vertreibung bedeutet. Geboren in Fürstenfelde bei Posen im Warthegau, das seit 1945 zu Polen gehört, überstand sie als Vierjährige mit Mutter und kleinerer Schwester einen vierwöchigen Flüchtlingstreck bei Minusgraden. "Es ist ein glücklicher Umstand, dass wir überlebt haben", sagt Frau Schönau. Sie erinnert sich, dass nur wenige hundert Meter hinter dem eigenen Pferdewagen eine Oderbrücke gesprengt wurde. Wer auf der Brücke war, hatte weniger Glück.
Erika Schönau stammt aus einer Familie, die seit langem mit der Landwirtschaft verbunden ist. "Jede Handvoll Erde ist heilig". Diesen Spruch hat sie von ihrem Vater öfter gehört. 1946 kam er aus der englischen Gefangenschaft zurück. Die Familie fand in der Domäne Friedeburg, einem späteren Volkseigenen Gut (VEG), eine berufliche Zukunft. Später kaufte der Vater das Haus in Zickeritz, in dem Erika Schönau noch heute mit ihrem Mann Erich lebt.
Die junge Aussiedlerin aus dem Warthegau machte eine Lehre als landwirtschaftliche Kauffrau im VEG. Später übernahm sie die Stelle als Posthalterin der Gemeinde, bis die Gemeinde 1966 eine Sachbearbeiterin suchte. Dies war der Einstieg in ihre spätere Arbeit als Bürgermeisterin. Sie musste sich um Mietverträge kümmern, sie gab Zuteilungskarten für Kartoffeln und Kohlen aus.
"Mir war immer wichtig, dass ich in der Nähe der Familie blieb", erinnert sich Erika Schönau an diese Jahre. Ihre beiden Söhne Jörg und Henry sind auch heute noch "in Rufweite" geblieben. Auch sie hat die Landwirtschaft nicht los gelassen: Jörg ist Diplom-Landwirt, Henry Landmaschinenmeister. Von Friedeburg und Freist im Mansfelder Land ist es nur ein Sprung zu ihrem Heimatort.
"Um das Amt des Bürgermeisters habe ich mich nie gerissen", sagt die 68-Jährige, die ihr Leben lang keiner Partei angehörte. Das Amt kam irgendwie auf sie zu, weil sie als langjährige Mitarbeiterin die Belange der Gemeinde kannte.
Nach der Wende waren es die Programme zur Dorferneuerung, von denen die Gemeinde profitierte. Erika Schönau denkt vor allem an den ehemaligen Hof Weise in Zellewitz, einen Vierseitenhof, der seit 1996 vom Förderverein "Bildung und Arbeit" für das sozial-kulturelles Projekt "Naturhof Zellewitz" entwickelt wurde. Entwicklungshelfer waren kommunale Berater aus Berlin, die wussten, welche Anträge wo Erfolg versprachen. "Es gab in meinem Leben immer Leute, die es ehrlich mit mir gemeint haben", sagt Erika Schönau. Das örtliche Geschehen wird die bisherige Bürgermeisterin weiter verfolgen. "Wenn meine Hilfe gebraucht wird, bin ich da", hat sie dem Ortschaftsrat mitgeteilt.
Im Gemeindekirchenrat ist Erika Schönau weiterhin tätig. Auch die Probe des Kirchenchors am Montag um 17 Uhr zählt zum festen Programm. Geprobt wird derzeit für den nächsten Auftritt am Mittwoch, dem 5. August, in der Zickeritzer Kirche. Beginn des Konzerts ist um 18 Uhr.