Industriebetrieb Aluminium-Veredelung Coil in Bernburg: Stefan Martens der neue Chef ist 33 Jahre jung

Bernburg - Beim Bernburger Aluminiumveredeler Coil ist ein Generationswechsel eingeleitet worden. Seit Oktober 2018 steht Stefan Martens als Werkleiter an der Spitze. Unterstützt bei der Einarbeitung in die neuen Aufgaben wird er von seinem Vorgänger Gerald Sturm, der im Mai 2020 in den Ruhestand gehen wird.
„Ganz so schnell geht solch eine Übergabe ja nicht“, ist der 33-Jährige froh, nicht komplett ins kalte Wasser geworfen zu werden. Stefan Martens zählt zu jenen jungen Leuten, die ihrer Heimat treu geblieben sind. Auch weil die Chancen, hierzulande eine berufliche Perspektive zu finden, besser stehen als in den beiden vergangenen Jahrzehnten.
Nach der Ausbildung bei Solvay studierte Stefan Martens Verfahrenstechnik in Köthen
Der gebürtige Bernburger ist in Gerbitz aufgewachsen. Nach dem Erweiterten Realschulabschluss in Nienburg absolvierte er bei Solvay eine Ausbildung zum Prozessleitelektroniker. „Zu DDR-Zeiten nannte man diesen Beruf BMSR-Mechaniker“, erklärt Martens.
Dem technisch interessierten und ehrgeizigen jungen Mann war das nicht genug. Er arbeitete noch ein halbes Jahr im Beruf, holte dann sein Fachabitur nach und studierte an der Hochschule Anhalt in Köthen Verfahrenstechnik. Auf den Bachelor-Abschluss sattelte Martens noch ein Fernstudium drauf. In seiner Diplomarbeit beim Löbejüner Abwasserverband beschäftigte er sich mit der Verbesserung des Klärprozesses.
Dienstreisen führen Martens regelmäßig in die Coil-Zentrale in Landen in Belgien
Als Coil vor fünf Jahren einen neuen Leiter für seine Chemie-Abteilung suchte, griff Martens zu. Auch wenn ihm bei seinem Bewerbungsgespräch etwas mulmig zumute gewesen ist, wie er sich schmunzelnd zurückerinnert. „Ich saß sieben Leuten mit Laptop gegenüber. Das Gespräch lief dann aber recht locker.“
Fortan verantwortete Martens auch die Zertifizierung der Bereiche Qualität, Energie und Umwelt. Mehrfach im Jahr führten ihn seine Aufgaben in die belgische Firmenzentrale nach Landen. Und dort muss er einen exzellenten Eindruck hinterlassen haben. Im April 2015 wurde ihm zusätzlich die Endverantwortung für die Produktion übertragen, im Oktober 2016 für die Instandhaltung.
Zahl der Aufträge sank wegen des hohen Aluminiumpreises
Vor wenigen Monaten beerbte er schließlich Gerald Sturm als Werkleiter in einem Jahr, in dem nicht alles rund lief. Wegen des hohen Aluminiumpreises blieben Kunden mit ihren Aufträgen zurückhaltend, die neue zweite Eloxal-Fertigungslinie lief aufgrund einiger technischer Probleme nicht an. Nun ist sie startklar.
Martens geht davon aus, dass bis Ende Juni die noch ausstehenden Abnahmen erledigt sind. Und auch bei den Auftragseingängen sieht es wieder besser aus. „Wir registrieren einen positiven Trend, das Tal dürfte durchschritten sein“, sagt der 33-Jährige.
Derzeit sei Coil bemüht, in den USA einen Fuß in die Tür zu kriegen. Das sei wegen der hohen Importzölle nicht ganz so einfach, aber nur eine Frage der Zeit, ist Martens optimistisch.
Im Coil-Werk in Bernburg arbeiten inzwischen 63 Leute
Die Zahl der Mitarbeiter hat sich kontinuierlich erhöht. „Als ich hier anfing, waren wir 35. Jetzt sind es 63.“ Darunter sind auch elf Azubis, denn das Unternehmen wolle sich seinen Nachwuchs selbst sichern. „Wenn wir gute Lehrlinge übernehmen, kennen sie die Anlage, die in Deutschland einzigartig ist, bereits.“ Das sei ein Vorteil gegenüber externen Bewerbern.
Für sich und seine Familie weiß Stefan Martens die kurzen Wege zu schätzen. Er hat sich mit seiner Ehefrau und dem zweieinhalb Jahre alten Söhnchen in Bernburg niedergelassen. Die Großeltern wohnen ganz in der Nähe - in Gerbitz und Latdorf. Bis vor zwei Jahren spielte er noch Fußball beim TV Askania, doch mittlerweile fehle dafür die Zeit. „Der Kleine und die Arbeit“ halten ihn ausreichend auf Trab.
(mz)