1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bernburg
  6. >
  7. Künstler in der Krise: Alleinunterhalter Thomas Börner Trompeti aus Bernburg kritisiert Lockdown für Kultur: Schließung von Theatern und Restaurants nicht nachvollziehbar

Künstler in der Krise Alleinunterhalter Thomas Börner Trompeti aus Bernburg kritisiert Lockdown für Kultur: Schließung von Theatern und Restaurants nicht nachvollziehbar

17.11.2020, 09:55
Thomas Börner alias „Trompeti“ aus Bernburg spielte als Achtjähriger Querflöte, nahm Gesangsunterricht, gründete Bands wie „White Velvet“ und „Tänzchentee“. Seit 2009 ist er solistisch unterwegs.
Thomas Börner alias „Trompeti“ aus Bernburg spielte als Achtjähriger Querflöte, nahm Gesangsunterricht, gründete Bands wie „White Velvet“ und „Tänzchentee“. Seit 2009 ist er solistisch unterwegs. Pülicher

Bernburg - Kaum sind die Folgen des ersten Lockdowns so halbwegs überwunden, stellt der zweite im November wieder viele Menschen vor große Probleme. Die MZ spricht wöchentlich mit Künstlern, die in Gruppen oder als Alleinunterhalter besonders von den Corona-Regeln betroffen sind.

Thomas Börner ist in der Musikszene weit über Bernburg hinaus ein Begriff, vielen besser bekannt als „Trompeti“. Schon als Achtjähriger spielte er im Spielmannszug die Querflöte, wirkte im Schultheater ebenso mit wie bei der Amateurtheatergruppe „Mona Lisa“, nahm Gesangsunterricht bei Andreas Hüllweck, machte Musik mit den von ihm gegründeten Bands „White Velvet“ und „Tänzchentee“, singt, spielt Gitarre und Saxophon.

Seit 2009 ist er als „Trompeti“ solistisch unterwegs, was aber gemeinsame Programme mit anderen Künstlern nicht ausschließt. Das Gespräch mit ihm führte Sophia Möbes.

Was macht ein Entertainer ohne Auftrittsmöglichkeiten?

Thomas Börner: An Auftrittsmöglichkeiten mangelt es nicht, ich habe Arbeitsverbot, das ist etwas völlig anderes. Ich bin sehr unzufrieden mit der gesamten Situation, schließlich bin ich Musiker mit Leib und Seele, ich brauche einfach mein Publikum und, Gott sei es gedankt, mein Publikum mich.

Was kritisieren Sie konkret?
Börner: Natürlich geht es auch um Verdienstausfall, aber nicht alles lässt sich mit ein wenig Geld aufwiegen. Woran keiner denkt, ist, dass uns durch diese Wurstelei in Berlin im nächsten Jahr die Auftritte wegbrechen. Zum einen ist die Branche verunsichert, da man nichts mehr planen kann, und zum anderen werden viele Veranstalter pleite gehen. 

Außerdem wurde uns die Möglichkeit genommen, neue Kunden zu werben, denn jeder Auftritt ist gleichzeitig Werbung. Ohne Auftritt keine Werbung, ohne Werbung keine Kunden, ohne Kunden pleite. Es macht sich von unseren Volksvertretern keiner wirklich Gedanken um eine Branche, die eine der größten Steuerzahler in Deutschland ist.

Wenn die Veranstaltungsbranche, zu der drei Millionen Menschen zählen, dem Staat auf der Tasche liegt, weil sie pleite ist, wer soll dann bitte die Autos kaufen, die gerade subventioniert werden? Woher soll das Geld kommen, um die Schulden abzuzahlen, die der Staat gerade aufnimmt, um die Großindustrie zu retten?

Wir erleben gerade, wie der Staat die freie Marktwirtschaft unterwandert und somit dafür sorgt, dass die soziale Marktwirtschaft abgeschafft wird. Dagegen muss man aufbegehren, sonst könnten wir bald Verhältnisse wie in den USA haben, ohne Mittelstand, ohne Krankenversicherung und ohne Renten.

Wovon leben Soloselbstständige, wenn sie nicht arbeiten können bzw. dürfen?
Börner: Ohne meine Frau wäre ich am Ende. Sie verdient unseren Lebensunterhalt. Wenn ich nicht auftreten kann, kommt kein Geld rein.

Die Schließung der Gaststätten, die alle Auflagen erfüllt haben, ist für mich nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für Theater und andere Veranstaltungsräume. Von ihnen gingen nachweislich keine Krankheitsfälle aus, aber uns Künstlern wird damit die Lebensgrundlage entzogen.

Leider haben sich unsere Volksvertreter viel zu oft widersprochen. Da mir das viele nicht glauben, ein kleines Beispiel: Ein Theater mit festen Sitzen und damit planbarer Sitzordnung muss schließen, aber der Gottesdienst in der Kirche darf durchgeführt werden.

Wie gestalten Sie denn momentan Ihre Zeit?
Börner: Ich bin zwar jeden Tag im Studio, erarbeite Programme, übe meine Instrumente, schließlich will ich ja einsatzbereit sein, wenn ich wieder auftreten darf. Aber so langsam fehlt mir der Glaube an den Sinn.

Ein Spaßvogel, der resigniert?
Börner: Liebe Leserinnen und Leser, ich hätte euch mit diesem Interview in der Mitteldeutschen Zeitung gerne eine Freude gemacht. Ich hätte gerne den Kasper gemacht und euch gerne zum Lachen gebracht. Aber die Situation ist ernst und daher mache ich euch diese Freude nicht - und wenn es so weiter geht, nie mehr! (mz)