Alarmstufe Rot für Künstler Alarmstufe Rot für Künstler: "Unsere Arbeitsmöglichkeiten sind gleich Null"

Bernburg - Die MZ berichtet an dieser Stelle seit einiger Zeit, wie es den regionalen Künstlern mit den Einschränkungen durch die Coronapandemie ergeht. Sandy Landgrabe aus Bernburg ist seit 2011 nebenberuflich regelmäßig bundesweit als Helene-Fischer-Double unterwegs. Auch für die examinierte Kinderpflegerin sind alle künstlerischen Auftrittsmöglichkeiten weggebrochen. Das Gespräch führte Sophia Möbes.
Wie kamen Sie dazu, ausgerechnet Helene Fischer zu doubeln?
Sandy Landgrabe: Ich habe schon immer gern gesungen, schon als Kind, und Schlager waren meins. Mit Helene Fischer liege ich auf einer Wellenlänge. Sie hat mich gleich inspiriert.
Seit 2011 treten Sie damit auf?
Ja, anfangs waren es nur einige kleine Auftritte bei Familienfeiern. Das ist gut angekommen und durch Mundpropaganda erhielt ich immer mehr Veranstaltungen. Inzwischen lasse ich mich von einer Agentur aus Halle vermitteln.
Es gibt ja etliche Helene-Fischer-Doubles. Wie groß ist der Konkurrenzdruck?
Ach, die schießen wie Pilze aus dem Boden. Aber es finden alle ihren Markt. Mit einigen Frauen bin ich sogar befreundet, schon seit 2012, als wir gemeinsam in einer Staffel bei RTL 2 aufgetreten sind. Eigentlich fühlen wir uns mehr als eine Familie, wir treten auch schon mal gemeinsam auf. Manchmal ist so etwas auch ein Sprungbrett für eine neue Karriere.
Welche Einschränkungen hatten Sie durch die Pandemiemaßnahmen?
Die waren schon gravierend. Ich musste zwar wegen meiner nebenberuflichen Ausbildung zum Staatlich anerkannten Erzieher ohnehin etwas kürzertreten, doch durch diese Einschränkungen hatte ich in diesem Jahr einen einzigen Auftritt.
Wie viele waren es sonst?
Im Rahmen von Hochzeiten habe ich schon bis zu drei Veranstaltungen an einem Wochenende absolviert, quer durch ganz Deutschland. Nun praktisch keine. Meine hauptberufliche Tätigkeit schützt mich zwar vor einer Notlage, aber fehlt dieser Nebenverdienst fehlt, obwohl es nicht nur ums Geld geht.
Sondern auch?
Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen. Dieser Adrenalin-Kick ist mein Ausgleich. Aber ganz wichtig ist: Wir Künstler sitzen alle in einem Boot, haben unter den Einschränkungen durch die Schließungen ringsum zu leiden. Unsere Arbeitsmöglichkeiten sind gleich Null. Meine Agentur darf auch keine Angebote annehmen, weil niemand weiß, wie es weitergehen wird, solange alles geschlossen bleiben muss. Die gesamte Branche hängt an einem seidenen Faden. Seit Oktober wird seitens der Regierung versprochen, den Künstlern zu helfen. Ich kenne nicht einen, der bisher Unterstützung erhalten hat. Es ist für alle Künstler, ob haupt- oder nebenberufliche, Alarmstufe rot. Man sollte nicht vergessen: Ohne Kunst wird es still..
Was wünschen Sie sich?
Die Branche muss unbedingt bestehen bleiben, es hängen noch so viele andere Arbeitsplätze daran. Ohne staatlich Unterstützung ist das nicht möglich. Und gerade jetzt in der Adventszeit fehlen die Auftritte allen, auch dem Publikum. Ich bin ein absoluter Weihnachts-Fan. Die regelmäßigen Treffen mit Freunden auf dem Weihnachtsmarkt waren Tradition. Es ist sehr schön, dass die Stadt Bernburg sich Mühe gibt, im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten ein weihnachtliches Flair zu schaffen. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Mein großer Traum wäre am Ende der Pandemie ein großes Festival aller Doubles. Dieses Jahr war leider alles anders. (mz)