1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Wurde in dieser Gruft ein Promi begraben?

Eil

Spektakulärer Fund in Aschersleben Wurde in dieser Gruft ein Promi begraben?

Auf dem Boden stehen offensichtlich drei Särge, die Mauern bestehen aus Ziegeln, die erstaunlich gut erhalten sind.

09.04.2021, 08:00

Aschersleben

Eigentlich sollte am Dienstag nur ein kleines Pflanzloch für einen Pflaumenbaum im Ascherslebener Stadtpark ausgehoben werden. Nun stehen am Donnerstagvormittag Matthias Poeschel, Vorstand der Ascherslebener Kulturanstalt, und Martin Planert, der für den Salzlandkreis zuständige Gebietsreferent des Landesamtes für Archäologie, vor einem vier Meter tiefen Loch. Das hat sich unter der Schaufel des Minibaggers des Bauwirtschaftshofes aufgetan.

Eine lange Leiter führt in die vier mal vier Meter große Gruft, auf deren Boden offensichtlich drei Särge stehen. Soweit man das erkennen kann. Der Standort für den hier geplanten Mirabellenbaum musste um ein paar Meter verschoben werden. An der Gruft muss jetzt erst einmal ein Archäologe ran.

Bis 1866 war der heutige Stadtpark einer der Friedhöfe der Stadt. Als der Park zur Landesgartenschau umgestaltet wurde, stießen die Bauarbeiter schon einmal auf eine Gruft, erinnert sich Kerstin Klein vom Tiefbauamt der Stadt. „Aber die war nicht so groß, da war nur ein Sarg drin“, berichtet sie. Nachdem ein Archäologe reingeschaut hatte, sei die Gruft verfüllt worden.

Die Stelle an der Außenmauer war als einer von mehreren Standorten für die Aktion „Mein Baum für Aschersleben“ des Ascherslebener Verschönerungsvereins ausgesucht worden, berichtet Matthias Poeschel. Dass die vermutlich 170 Jahre alte Gruft nicht schon vorher eingestürzt ist, liegt an der beachtlichen Qualität. Die Außenwände sind Ziegelmauern, die erstaunlich gut erhalten sind. Als Abdeckung fungieren schwere Sandsteinplatten, die auf Stahlträger lagern. Gerade einmal 30 bis 40 Zentimeter Kies und Erde bedecken die Platten.

Das genaue Alter versucht nun Martin Planert über einen Mitarbeiter, der möglichst bald die Gruft untersuchen soll, herauszubekommen. Dies wäre anhand der Beschläge der Särge oder auch eventuellen Grabbeigaben möglich. Für Matthias Poeschel wäre auch interessant, wer dort bestattet wurde.

„Vielleicht war es ein Ascherslebener Großbauer?“ Möglicherweise kann das mithilfe alter Friedhofsakten ergründet werden, die im Stadtarchiv lagern. Ob eine kaum noch zu entziffernde verwitterte Grabtafel aus Sandstein, die in der benachbarten Parkmauer steht, mit der Gruft in Verbindung steht, ist ungewiss.

Unklar ist auch das weitere Verfahren. Sollte die Gruft nach der Dokumentation einfach mit Erde aufgefüllt und ein anderer Baum darauf gepflanzt werden? Oder sollte die Gruft an das erinnern, was der Stadtpark einmal war? Ein Friedhof.

Auf dem Magdeburger Domplatz wurde eine solche Gruft mit einer dicken Glasplatte bedeckt, die einen Blick in solch ein altes Grab ermöglicht, überlegt Matthias Poeschel. Aber eine Art „Ritter Kahlbutz“ wäre wohl zu ambitioniert und zu teuer, weiß er. „Verfüllen wäre das Beste“, denkt Martin Planert.

Und Bernhard Lohe, Sachgebietsleiter in der unteren Denkmalschutzbehörde des Salzlandkreises, gibt eine mögliche „Störung der Totenruhe“ zu bedenken. Er wolle sich ja schließlich auch nicht in 100 Jahren anschauen lassen.

Bei Sanierungsarbeiten in der Kirche in Barby seien im letzten Jahr auch menschliche Überreste in fünf verschiedenen Grüften gefunden worden, berichtet Martin Planert. „Die Knochen wurden eingesammelt, gesichert und anschließend in einem kleinen Festakt in der Kirche wieder bestattet“, weiß er.

Er bestätigt Poeschel, dass mit der Meldung richtig gehandelt wurde. Nun allerdings müsste noch eine Vereinbarung unterzeichnet werden, die für den Verursacher der archäologischen Untersuchung mit Kosten verbunden sein wird. (mz/dan)