Wilsleben Wilsleben: Von Amors Pfeil getroffen

Wilsleben - Bernd Saalmann kann sich noch ganz genau daran erinnern, als er zum ersten Mal in Wilsleben war. Damals, gerade mal 14 Jahre alt, kam er aus Schadeleben, um mit dem Spielmannzug, in dem er Mitglied war, dem Dorf ein Ständchen zu spielen. Dass ihn nur wenige Jahre später Amors Pfeil in dem gleichen Dorf traf, war wohl eher Zufall. Doch es war der Auslöser dafür, 1974 zu seiner Liebe nach Wilsleben zu ziehen.
„Davor kannte ich den Ort nur vom Durchfahren“, gibt der 66-Jährige schmunzelnd zu. Er sei neugierig auf Wilsleben gewesen und habe sich deshalb auch gern dort eingebracht. Überhaupt konnte man im Ort kaum etwas vermissen: Konsum, Fleischer, Bäcker, Tischlerei und auch eine Gaststätte, in der er selber einige Jahre gearbeitet hat.
Dort gab es einen Saal, in dem nicht nur Versammlungen abgehalten, sondern auch kräftig das Tanzbein geschwungen wurde. Auch Kindergarten und Kinderkrippe gehörten zum Ortsgeschehen dazu. „Ich wurde als Zugezogener schnell integriert. Was wohl auch daran lag, dass mich vieles interessiert hat. Außerdem bin ich sehr kontaktfreudig“, sagt er. Vielleicht aber sei es auch seine Arbeit in der Kneipe gewesen, die ihn mehr in die Nähe der Wilslebener gebracht hat. Immerhin hat er von 1984 bis 1991 dort hinter dem Tresen gestanden.
Das Dorf Wilsleben lag dicht am nördlichen Ufer des früheren Gaterslebener Sees. Dieser zog sich wie eine flache Sichel von Aschersleben bis Gatersleben. Wilsleben umgab früher ein sumpfiges Gebiet, was auf eine schlechte Verbindung zu anderen Orten schließen lässt. Von dieser Schwierigkeit vor dem Anlegen der Chaussee von Wilsleben nach Aschersleben wird vielfach erzählt. Vielleicht hat dies seinerzeit Anlass zur Gründung von Kleinwilsleben gegeben, das im Jahre 1330 als bestehend, 1443 aber schon als untergegangen in Urkunden erwähnt wird. Wilsleben war ein geeigneter Ort zum Siedeln. Vom Süden her schützte der See, vom Norden her überragte der Bergabhang die Wohnstätten. Im Osten und Westen lagen breite sumpfige Strecken vor. Nur der Eingeweihte wusste den Ort zu finden. Quellen, die heute noch existieren, boten gutes Wasser in nächster Nähe. Der Boden war überaus fruchtbar, und auch das Klima im Ganzen muss als gesund bezeichnet werden. Wilsleben war somit geschützt vor Überfällen und Räubern, die damals nicht selten ihr Unwesen trieben.
„Damals hat man sich geholfen. Oder man kannte jemanden, der jemanden kennt“, sagt er. Der Zusammenhalt im Ort war groß und ist es eigentlich auch heute noch.
Einen richtigen Schnitt gab es zur Wende im Ort nicht. „Jedenfalls nicht so einen Ruck. Es gab einige, die sich anders orientieren mussten. Aber die meisten sind sowieso schon in andere Orte zum Arbeiten gefahren“, sagt er.
Zugeben muss er allerdings, dass nach und nach alle Einrichtungen geschlossen werden mussten. Auch für den Kindergarten gab es keine Zukunft. Das war sehr bitter für die Wilslebener. Bernd Saalmann selbst schloss die Gaststätte. Nur die Landbäckerei hielt durch, und so können auch heute noch frisches Brot und Brötchen sowie Kuchen im Ort gekauft werden.
Bernd Saalmann wollte schon immer aktiv mitwirken und hat sich deshalb auch der Kommunalpolitik verschrieben. „Manche Dinge sollte man im Auge behalten. Ich dachte, das ist einfach, wurde aber eines Besseren belehrt. Das Umsetzen von Dingen war in Wilsleben eher schwierig, wenn nicht sogar unmöglich“, sagt er. Deshalb habe er zunächst mit der Kommunalpolitik aufgehört.
Jetzt ist Bernd Saalmann schon wieder in seiner zweiten Wahlperiode aktiv dabei. Keine Versammlung, kein Fest gibt es, bei dem er fehlt. „Jetzt läuft alles viel besser als damals. Geschuldet ist das auch dem neuen Ortsbürgermeister, “ findet er. Er selbst habe das Ohr an der Masse, weil er oft im Ort unterwegs ist. Hier kann man Anregungen und Kritiken mitnehmen.
Auch die Vereine arbeiten viel besser als früher zusammen. „Dafür hat sich der Ortschaftsrat eingesetzt“, erklärt er. Nur die Wilslebener sind noch ein wenig zögerlich. Deshalb haben es sich die Vereine auf die Fahnen geschrieben, mehr Feste zu organisieren, dass wieder mehr miteinander geredet wird. Und wo könnte das besser sein, als bei solch einer Veranstaltung?
Bernd Saalmann selbst ist seit zwei Jahren der Vorsitzende des Schützenvereins, seit 1992 ist er Mitglied. „Der Schützenverein wurde im Jahr 1860 gegründet und hat eine lange Tradition“, verrät er. Seit dem vergangenen Jahr feiern die Schützen auch wieder ein Fest. Auch das hat lange Zeit geruht, bevor es wieder auf die Tagesordnung gesetzt wurde.
„Ich finde in Wilsleben bewegt sich etwas. Und ohne die Vereine wäre der Ort um viele kulturelle Aktivitäten ärmer“, sagt Ortsbürgermeister Steffen Amme. Und weiter: „Dieses Bürgerengagement im Dorf wieder mitzuerleben, freut mich ganz persönlich.“ (mz)