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Übung der Fachhochschule Polizei in Aschersleben Übung der Fachhochschule Polizei in Aschersleben: Amok-Lauf in Hoymer Schule

Von Thorsten Köhler 04.11.2015, 17:25
Das Zielobjekt wird sofort nach dem Aussteigen aus den Mannschaftswagen ins Visier genommen.
Das Zielobjekt wird sofort nach dem Aussteigen aus den Mannschaftswagen ins Visier genommen. frank gehrmann Lizenz

Hoym - Schüsse fallen. Schreie dringen aus dem Gebäude der ehemaligen Schule in Hoym. Ein bewaffneter Mann ist in das Gebäude eingedrungen und bedroht Schüler und Lehrer. Die Polizei muss eingreifen und den Täter dingfest machen. „Die Ausgangslage ist klar. Unsere Aufgabe ist es, den Täter zu suchen, zu finden und ihn festzusetzen“, erklärt Max Hacker, angehender Polizeibeamter.

Mehrere Zweiergruppen nähern sich dem Gebäude. Dabei nutzen sie jede natürliche Deckung. Die Anspannung ist ihnen anzusehen. Konzentriert schieben sie sich, die Waffen im Anschlag, langsam an die Schule heran. Ein kurzes Handzeichen und es geht in das Gebäude hinein. Sich gegenseitig sichernd, wird Raum für Raum nach dem Täter durchsucht. Hilferufe hallen immer wieder durch die leeren Gänge.

Maskierter wird außer Gefecht gesetzt

In einer kurzen Nachricht über Funk wird der Ort, an dem sich der Täter aufhalten soll, genannt. Die Teams bewegen sich zielgerichtet zur vierten Ebene. Dann wird der bewaffnete und maskierte Mann entdeckt. Wenig später ist er mit Handschellen an ein Heizungsrohr gefesselt, außer Gefecht gesetzt. „Break. Auswertung auf der Nullebene“, kommt das Kommando per Funk.

Das Szenario ist in diesem Fall keine Realität, sondern nur eine Übung. Denn die „Bewältigung einer Amok-Lage“ ist Bestandteil der Ausbildung an der Fachhochschule Polizei. Und so geben die Ausbilder während des Einsatzes immer wieder Anweisungen und Hilfestellungen. Denn Polizeibeamte sind während einer Amoklage physisch und psychisch äußerst beansprucht.

Für die künftigen Polizisten ist diese Übung Neuland. „Ihnen wurde die Theorie vermittelt und auch das taktische Vorgehen bei Amok-Situationen. An zwei Trainingstagen haben die Ausbilder sie in der Schule auf diese Übung vorbereitet“, sagt Martin Zimmermann, Pressesprecher der Fachhochschule. „Es ist unheimlich schwer, sich in solch eine Situation hineinzuversetzen. Man weiß nicht, was auf einen zukommt - Stress pur. Und man muss sich auf seinen Partner verlassen können“, blickt Max Hacker auf seinen Einsatz zurück. Letztendlich war er zufrieden mit dem Ablauf. „Wir haben den Täter gestellt“, betont er.

Zum Studium und zur Ausbildung an der Fachhochschule gehören Unterrichtseinheiten zur Bewältigung einer Amok-Lage. Begonnen wird mit einzelnen Abschnitten: Wie geht man in ein Haus? Wie gestaltet man den Suchmodus? Wie nähert man sich einem Täter? Das alles wird in den Räumen der Fachhochschule trainiert.

Doch diese Räume kennen die Studierenden. Die Übung auf dem Gelände der ehemaligen Schule in Hoym hatte den Zweck, das bisher Gelernte auch in anderen, nicht bekannten Objekten umzusetzen. Die Teams müssen sich dabei selbstständig Informationen über die Gebäude, die Räume, die Menschen, die sich darin befinden, und wo sich der Täter aufhält, verschaffen.

Den Anstoß, diese Ausbildung in das Konzept des Studiums aufzunehmen gab der Amok-Lauf am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt im April 2002.

Auch Polizeihauptkommissar Rüdiger Dainat, Ausbilder und Einsatzleiter, ist mit dem Handeln der Studenten zufrieden. „Ihr habt akkurat und zügig gehandelt. Auch nach dem Täterkontakt läuft alles schnell und präzise. Auch die Kommunikation ist gut, es gab eindeutige Ansagen“, schätzt er ein.

360-Grad-Sicherung

Polizeihauptmeister Andreas Tepper weist auf die gegenseitige Sicherung hin. „Egal wo ihr seid, gewährleistet eine 360-Grad-Sicherung. Sie darf nicht verlorengehen. Ihr seid die Einzigen, die hier helfen können. Der Täter hat nichts zu verlieren“, unterstreicht er.

Als solcher fungierte Polizeihauptkommissar Torsten Koch. „Ihr habt mir nur wenig Chancen gelassen. Das Vorgehen war in Ordnung“, meint er. „Neben der gegenseitigen Sicherung spielt der Zeitfaktor eine wichtige Rolle. Denn so lange der Täter nicht dingfest gemacht ist, so lange kann er Menschen töten oder verletzen. Deshalb wird wert auf schnelles Handeln gelegt“, schildert Martin Zimmermann.

Die Übung beschäftigt die künftigen Polizisten auch noch nach dem Einsatz. Sie gingen Situationen noch einmal durch, sprachen auch Dinge an, die noch besser klappen können. Und dennoch: Sie hoffen, dass sie nie in eine solche Situation kommen. Möglicherweise war es die letzte Amok-Übung der Fachhochschule in Hoym. Denn nach MZ-Informationen beabsichtigt die Stadt Seeland, das Gebäude zu verkaufen. Eine Option wäre das Gelände der ehemaligen Parteischule auf dem Großen Ziegenberg in Ballenstedt. Dort fanden die Übungen schon einmal statt. (mz)

Nach der Übung erfolgt die Auswertung.
Nach der Übung erfolgt die Auswertung.
Frank Gehrmann Lizenz
Der Täter ist überwältigt worden und außer Gefecht gesetzt.
Der Täter ist überwältigt worden und außer Gefecht gesetzt.
Frank Gehrmann Lizenz