Stolpersteine in Aschersleben Stolpersteine in Aschersleben: Der Weg der Verfolgten
Aschersleben - „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, heißt es im Talmud, eines der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums. Und das macht sich auch der Arbeitskreis „Geschichte jüdischer Mitbürger in Aschersleben“ zu eigen. Er setzt sich mit sogenannten Stolpersteinen dafür ein, dass die jüdischen Opfer des Nazi-Terrors nicht in Vergessenheit geraten. Die Stolpersteine werden ausschließlich in Handarbeit hergestellt, weil dies nach Gunter Demnig, dem Vater der Steine, im Gegensatz zur maschinellen Menschenvernichtung in den Konzentrationslagern steht.
Am Donnerstagmittag sind wieder neun neue Stolpersteine in der Ascherslebener Innenstadt verlegt worden. Vor dem Haus Hinter dem Turm 1 für den Herrenmodeausstatter Moritz Bry und seine Frau Cäcilie sowie für ihre Kinder und Enkel. Die Familie durchlief alle Stufen der Ausgrenzung, von verbaler Diskriminierung bis hin zur Deportation.
Die jüdischen Schicksale in Aschersleben stehen exemplarisch für die vieler Millionen Juden, die den Gräueltaten der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind.
Auch vor dem Haus Breite Straße 41a, dem ehemaligen Kaufhaus Crohn, wurden Stolpersteine verlegt. Hier soll Thomas und Stephan Silberberg, den Enkeln von Hermann Crohn, die von den Nazis schon als Kinder ermordet wurden, gedacht werden.
"Wir freuen uns"
Zur Verlegung sind aus Israel Verwandte, wie Enkel oder Cousins, nach Aschersleben gekommen. Einige waren zum ersten Mal in Deutschland. „Wir freuen uns, dass unserer Vorfahren auf diese Art gedacht wird. Denn das ist nicht selbstverständlich“, so ihre einhellige Meinung.
Seit 2008 setzt sich der Arbeitskreis „Geschichte jüdischer Mitbürger in Aschersleben“ dafür ein, dass die jüdischen Opfer des Nazi-Terrors nicht in Vergessenheit geraten. Die Mitglieder treffen sich einmal im Monat, um Recherchen-Ergebnisse auszutauschen beziehungsweise neue Ansätze zu finden. Um an gesichertes Material zu kommen, wühlen sich die Mitglieder durch die Archive und befragen - soweit noch möglich - Zeitzeugen, Freunde und Nachkommen.
Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Vater der Stolpersteine. Er macht seit Mitte der 90er- Jahre Spuren jüdischen Lebens sichtbar. Zusammen mit dem Arbeitskreis verlegt er unter großem Interesse der Ascherslebener Bevölkerung Gedenktafeln aus Messing, die sogenannten Stolpersteine.
Landesehrenrabbiner Benjamin Soussan bedankte sich für den herzlichen Empfang in Aschersleben. Das sei nicht selbstverständlich. Er findet die Idee, den Ermordeten mit den Stolpersteinen zu gedenken, gut. „Man geht hier lang, sieht etwas glitzern, bleibt stehen, liest und denkt darüber nach. Damit ist schon viel erreicht. Deshalb ist das hier auch wichtig“, sagt er.
Den jüdischen Opfern wurde zudem mit einer Schweigeminute gedacht. (mz)