Sammlung von Christine Vogeley Sammlung von Christine Vogeley: Brautkleider mit eigener Seele

Gatersleben - „So eine Hochzeitsmodenschau ist deutschlandweit einmalig, heißt es immer“, erzählt Christine Vogeley von ihren Begegnungen mit dem Publikum, den Leuten von Film, Fernsehen und Presse. „Als darüber berichtet wurde, hat es auch niemand dementiert.“
1998 veranstaltete die heute 73-Jährige die erste Modenschau mit Brautkleidern, die letzte vor wenigen Tagen in Nachterstedt. „Irgendwann muss ich einen Schlussstrich ziehen. Es gibt noch ein Leben nach und neben den Brautmoden. Ich will mit meinem Mann noch durch die Welt reisen. Nicht, dass er mich nur als Chauffeur von Modenschau zu Modenschau fahren muss.“ Wie viele Schauen sie über die Jahre organisiert hat, kann Christine Vogeley nicht mehr genau sagen. „Bei 100 habe ich aufgehört zu zählen. Aber 30 bis 40 sind noch dazugekommen.“
Abschied fällt nicht leicht
Der Abschied von den Auftritten bei Gala, Volks- und Straßenfesten oder Sachsen-Anhalt-Tagen sowie von ihren historischen Brautmoden-Ausstellungen in Kirchen und Museen fällt ihr nicht so leicht. „Ich habe das alles mit vollem Herzen gemacht, habe die Programme zusammengestellt und die Models gecastet.“ Weniger schwer fiele ihr der Abschied von ihrem Lebenswerk, wenn sie ihre Sammlung und die Schauen in gute Hände legen könnte. „Meine Nachfolger sollen es ja nicht ewig genau so machen wie ich. Ich wäre ihnen ja in der Übergangsphase behilflich.“
Geschichten zu den Kleidern sind von Bedeutung
Wie viel sie in die Brautmodenschauen über die Jahre investiert hat - Christine Vogeley schweigt darüber, auch ihrem Mann gegenüber, der begeisterter Modelleisenbahner ist. 150 Kleider hängen mindestens aufgereiht auf den Stangen in ihrem Lager, das sie extra angemietet hat. „Erst habe ich im Bekanntenkreis nach getragenen Kleidern gesucht, dann bekam ich das eine oder andere Stück zugeschickt.“ Ihr sind neben der Mode und den Kleidern deren Geschichten wichtig. Die erzählt sie als Moderatorin bei den Hochzeitsmodenschauen. Schließlich hätten alle Kleider eine Seele.
Kleid von 1890
Erzählen von großen Bauernhochzeiten, von Kriegstrauungen und Gebräuchen. Den Umhang der Bauerntracht von 1860, ihr ältestes Stück, hat die Braut selbst „gearbeitet“. Selbst aus Delft in den Niederlanden kam ein Brautkleid. „Das Hochzeitskleid einer Kapitänstochter durfte ich mir nach deren goldener Hochzeit abholen.“ Aus dem Jahre 1890 stammt ein Kleid aus den USA, das wie aus einem Western wirkt. „Eigentlich gibt es seither aus jedem Jahrzehnt Hochzeitskleider, für die vergangenen natürlich paar mehr.“
Einmal Braut spielen
Die Gaterslebenerin, die im Herzen Altmärkerin blieb, liebt die Perfektion an den Schauen. „Ich nehme das Bügelbrett und die Plätte mit, um dann doch noch mal eine Falte zu glätten oder einen Schleier zu bügeln.“ Früher hatte sie einen Stamm von Models, und es gab den Brautmodenschauverein. Den habe sie aufgelöst und dann aufs Casting gesetzt. „Es ist wie beim Fußball, man kann nicht mit drei Leuten ein Spiel gewinnen“, kritisiert sie die mangelnde Einstellung in früherer Zeit. „Heute wird eine Stunde vorher anprobiert. Die Mädels sind froh, dass sie mitmachen können. Braut spielen, dass träumen sie doch schon als kleine Kinder.“
Traummaße nicht nötig
Dass nun nicht jedes ihrer Models Traummaße hat ...? „Na und, Bräute doch auch nicht. Wir sind immer mit so 35 Brautkleidern unterwegs gewesen, die so ausgewählt wurden, dass sie den jungen Vorführ-Frauen passten.“
Doch die engagierte Frau aus Gatersleben ereilten durchaus auch Anfragen aus der Ferne. „Für eine Produktion der Filmakademie Ludwigsburg in Stuttgart bin ich gebeten worden, einen Brautmodenladen mit meinen Exponaten auszustatten, einschließlich der Deko, so als Tüpfelchen auf dem i.“ Lieselotte Pulver und Carmen-Maja Antoni haben damals mitgespielt.
Christine Vogeley, die in Quedlinburg über viele Jahre die Märchenerzählerin im Vogelherd war und dort sieben Blumenköniginnen mit Kleid und Schärpe ausstattete, gilt als Hochzeitsforscherin. Sie stand für „Außenseiter-Spitzenreiter“ vor der Kamera, gastierte von Bayern bis zur Ostseeküste mit der Modenschau und erhielt Anfragen aus den Niederlanden und Frankreich. Vielleicht melden sich die auswärtigen Interessenten an ihrer einmaligen Hochzeitsmodenschau-Ausstattung jetzt wieder. Auch wenn die Macherin aus Gatersleben ihre Sammlung und Modenschauen lieber in der Heimat sehen würde.
Ob ihr eigenes Hochzeitskleid auch zur Kollektion zählt? Vogeley schüttelt den Kopf. „Ich habe zwar zweimal geheiratet, aber nie im Brautkleid.“ (mz)