Salzlandkreis Salzlandkreis: «Schwiegermuttergift» tötet Krähen
hoym/MZ. - Denn dem Landkreis, der zunächst nur ein akutes Herz-Kreislauf-Versagen und Parasitenbefall feststellen konnte, die Tiere deshalb auf Vergiftungen testen ließ, liegen nun neue Untersuchungsergebnisse vor. "Der Verdacht auf Vergiftung hat sich bei den Krähen erhärtet", erklärt Ingrid Schildhauer, Pressesprecherin des Salzlandkreises, und berichtet von Parathion, auch als E 605 oder "Schwiegermuttergift" bekannt.
Das Brisante daran: Dieses Gift, das früher oft für Morde oder Selbstmorde missbraucht wurde, ist schon seit zehn Jahren verboten, weshalb Tierschützer nun von einem strafbaren Vorsatz ausgehen. "Die in den Muskelmägen vorgefundenen rot gefärbten Körner und der gleichzeitige Nachweis zweier Fungizide, die in Saatgutbeizen enthalten sind, legen nahe, dass zur Saat bestimmtes Getreide als Giftköder präpariert wurde", nennt Ingrid Schildhauer den Ausgangsverdacht, der aus den toxikologischen Untersuchungen des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt und der Universitätsmedizin Göttingen hervorgeht, und nun strafrechtlich verfolgt werden soll.
"Da steckt große kriminelle Energie dahinter", nickt Annette Leipelt, die Geschäftsführerin des Naturschutzbundes Sachsen-Anhalt (Nabu), und geht angesichts des verbotenen Mittels von Vorsatz aus. "Wenn so viele Vögel verendet sind", spricht sie von den 53 toten Krähen, "muss das ja in großem Stil ausgebracht worden sein." Dass das Mittel zur Mäusebekämpfung benutzt wurde, wie in Hoym hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird, glaubt sie nicht. "Eine sachgerechte Mäusebekämpfung kann nie diese Folgen haben", meint sie und weist darauf hin, dass solche Mittel laut Vorschrift andere Tiere nie gefährden dürfen.
Allerdings, so denkt die Nabu-Geschäftsführerin, werde es jetzt, nach so vielen Wochen, schwierig sein, den Verursacher zu finden.
"Für uns als Naturschutzbund ist das wirklich ein schrecklicher Fall - einmalig in seinem Ausmaß und seiner Tragik", gibt Annette Leipelt deshalb auch vor dem Hintergrund, dass sich die Hoymer Kirche engagiert um den Vogelschutz bemüht und gerade erst die Nabu-Plakette für den "Lebensraum Kirchturm" erhalten hat, zu. Und glaubt nicht, dass es in Sachsen-Anhalt je Ähnliches gegeben hat.
"Solche Fälle werden in Sachsen-Anhalt nicht zentral dokumentiert, denn für den Naturschutz ist der Landkreis zuständig", informiert Diplombiologe Stefan Fischer, der als Sachbearbeiter in der Staatlichen Vogelschutzwarte Sachsen-Anhalt tätig ist. Doch der Hoymer Fall sei für ihn Anlass, künftig einen solchen Überblick zu erstellen. "Das ist schon eine wichtige Sache", findet er und verweist auf Nordrhein-Westfalen, wo systematisch Jagd auf Greifvögel gemacht werde - mit Fallen, Waffen, Gift. Eine Straftat, wie er sie angesichts des verbotenen Mittels auch in Hoym verurteilt: "Das war keine Fahrlässigkeit, sondern Vorsatz - und es ist wichtig, dem jetzt nachzugehen."