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"Reichsbürger" im Raum Aschersleben "Reichsbürger" im Raum Aschersleben: Einige gaben ihren Ausweis ab

Von Marko Jeschor 25.10.2016, 15:07
Personalausweise vergeben die für den Hauptwohnsitz zuständige Behörden auf Antrag des Bürgers.
Personalausweise vergeben die für den Hauptwohnsitz zuständige Behörden auf Antrag des Bürgers. Archiv/Wohlfeld

Aschersleben - Sie leben zumeist unscheinbar unter uns, profitieren von der Gesellschaft, lehnen den Staat als solchen jedoch kategorisch ab: Reichsbürger. Auch im Salzlandkreis halten sie staatliche Institutionen immer wieder auf Trapp, wie eine Umfrage der MZ bei verschiedenen Behörden ergab.

Allein die Stadtverwaltung von Aschersleben muss sich aktuell mit mehreren Reichsbürgern herumärgern. Dabei handele es sich um Schuldner, die Grundsteuern, Bußgelder oder Beiträge nicht gezahlt haben, wie Stadtsprecherin Judith Kadow mitteilte. „Die Vorgänge befinden sich in der Vollstreckung.“ Allerdings gebe es auch Reichsbürger, die Forderungen beglichen hätten.

Auch die Polizei müsse immer wieder zu Einsätzen mit Reichsbürgern ausrücken, wie Polizeisprecher Marco Kopitz erklärte. Allerdings seien die nie so dramatisch verlaufen wie zuletzt in Reuden (Burgenlandkreis). Dort wurden im Sommer bei einer Zwangsräumung eines Einfamilienhauses der ehemalige Mister Germany, Adrian Ursache, sowie weitere Menschen zum Teil schwer verletzt. Die Polizei war wegen Morddrohungen gegen Gerichtsvollzieher mit einem Großaufgebot angerückt (die MZ berichtete).

Kampf gegen Fantasie-Kennzeichen

Im Salzlandkreis dagegen sei die Polizei laut Kopitz bislang nur bei Ordnungswidrigkeiten tätig geworden. Dazu zählen das Fahren ohne Führerschein oder falsch angebrachte Kennzeichentafeln am Auto. Hintergrund: Reichsbürger haben teilweise ihre eigenen Führerscheine und überkleben Plaketten am Nummernschild mit den Farben des Deutschen Reiches (siehe „In den Grenzen des Deutschen Reiches“). Um mit diesen ärgerlichen Einzelfällen fertig zu werden, gibt es laut Kopitz eine spezielle Handlungsanleitung. In jedem Fall aber „setzen wir die Maßnahmen nach geltendem Recht um.“

Auch das hiesige Amtsgericht in Aschersleben beschäftigt sich immer wieder mit den speziellen Ansichten der Reichsbürger. Dabei handele es sich jedoch nur um Einzelfälle, wie Amtsrichter Robert Schröter sagte. Zu Verhandlungen soll es in der Regel kommen, wenn Strafbefehle der Staatsanwaltschaft nicht akzeptiert werden. In einem Fall sei der wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erlassen worden, in einem anderen Fall, weil einem Schornsteinfeger der Zutritt zur Wohnung verwehrt worden war, erinnert sich Schröter.

Zu Gesicht bekommen habe der Richter die Angeklagten nach eigenen Angaben jedoch nie. Stattdessen teilte sie auf mehreren Seiten mit, weshalb sie das Gericht nicht anerkennen. Ob es sich freilich immer um Reichsbürger handelt, ist aus Schröders Sicht schwer zu sagen. Er erklärte, man müsse heutzutage nicht mehr die Idee durchdringen, um die staatliche Autorität in Frage zu stellen. Vielmehr können sich Bürger über das Internet die mehrseitigen Schreiben herunterladen und abschicken.

Nach Angaben der Kreisverwaltung treten vermehrt Bürger auf, die den Staat als nicht souverän bezeichnen. Sie hätten Personalausweise abgegeben mit der Begründung, man sei kein Personal oder der Personalausweis sei nicht auf der Rechtsgrundlage von 1913 ausgestellt worden, teilte Kreissprecherin Alexandra Koch mit. Auch die Gebühren für Anträge auf neue Personalausweise seien in einigen Fällen nicht bezahlt worden. Normalerweise biete die Verwaltung Rechtsberatungen an, bei Reichsbürgern aber vermeide man „jegliche Diskussionen“.

Der Umgang mit den so genannten Reichsbürgern werde auch ein Thema sein bei der nächsten Beratung der Hauptverwaltungsbeamten - das sind die Bürgermeister der Einheits- und Verbandsgemeinden - mit Landrat Markus Bauer (SPD), so Kreis-Sprecherin Koch weiter. „Das Thema ist natürlich auch beim Landkreis relevant.“ (mz)

Ein mögliches Erkennungszeichen für Reichsbürger sind die Farben des Deutschen Reiches am Nummernschild.
Ein mögliches Erkennungszeichen für Reichsbürger sind die Farben des Deutschen Reiches am Nummernschild.
Gehrmann