Regisseur und Modefilmer aus Aschersleben Regisseur und Modefilmer aus Aschersleben: Klaus Ehrlich sorgt für nackte Tatsachen

aschersleben - Klaus Ehrlich muss schmunzeln. Dass ein harmloser Modedreh am FKK-Strand für solche Wellen sorgen kann - und das auch noch nach Jahrzehnten - das konnte sich der Regisseur und Modefilmer, der sich mit der MDR-Kultsendung „Mode mal Ehrlich“ einen Namen gemacht hatte, damals einfach nicht denken.
„Wir empfanden das als ganz normal, als ganz selbstverständlich“, zuckt der in Aschersleben aufgewachsene Fernsehmann die Schultern und muss doch lachen, als er am Dienstagabend in der Ascherslebener Kreisbibliothek davon erzählt. Hier, in der noch sonnendurchfluteten, mit etwa 100 Leuten vollbesetzten Kapelle, stellte der Regisseur nämlich bei einer Lesung sein Buch „So Ehrlich wie möglich“ vor, das von seiner Ascherslebener Jugend, der Arbeit beim Fernsehen und seinen Abenteuern als Reiseleiter erzählt. Lustige Abfallprodukte eben und keine Sternstunden der Weltliteratur, gibt der 73-Jährige zu und die nackten Tatsachen zum besten.
„Sensation FKK und Mode“
Die führten schon damals zum kollektiven Luftanhalten und zu reißerischen Schlagzeilen - in Ost und West. Nach der Wende griff Thomas Gottschalk die „Sensation FKK und Mode“ auf. „Sendungen wie ,Der nackte Osten’ zeigten unsere Ausschnitte.“ Und auch jetzt wird Klaus Ehrlich - inzwischen 73, braun gebrannt und mit weißen Bartstoppeln - immer wieder darauf angesprochen. Wie beim Internationalen Filmfestival vergangenes Jahr in Dresden oder Anfang dieses Jahres bei einer Fernseh-Talkshow. Dabei war alles mehr oder weniger ein Zufall.
„Ich hatte mich starkgemacht, dass wir dieses Mal an der Ostsee drehen“, erzählt er vom Jahr 1981. Denn: „Ein Urlaub an der Ostsee, das war für den DDR-Bürger wie ein Sechser im Lotto.“ Und der Strand bei Glowe bot sich für die Freizeit-Frottees und die Strand-Outfits geradezu an. Das einzige Problem: Überall dort war FKK. Deshalb sollte die Arbeit gleich morgens beginnen. „Wir waren ziemlich früh - gegen neun Uhr - mit der gesamten Technik und den perfekt geschminkten Mannequins am Strand“, erinnert sich Ehrlich. Doch: „Es wimmelte bereits von FKK-Anhängern, die sich die Sonne auf den Leib brennen ließen.“ So ließ auch das Drehteam die Hüllen fallen und bereitete die Aufnahmen vor. Der Aufnahmeleiter war inzwischen zu den sich Sonnenden geeilt, um sich für die Störung zu entschuldigen. Doch die zögerten nicht lange. „Als der Tonmann den Song ,Born to be alive’ einspielte, kamen über sechzig Neugierige auf uns zu und unser Drehort verwandelte sich im Handumdrehen in eine lustige Strandparty.“
Das bauten die findigen Filmleute natürlich gleich mit ein. Bei einem Kameraschwenk - Klaus Ehrlich hatte den entsprechenden Film natürlich nach Aschersleben mitgebracht - waren weiße Popos im Bild. Wie selbstverständlich bildeten die Nackten einen Kreis um die Modells und klatschten begeistert mit. Der Regisseur - mit Vollbart und Kappe auf dem Kopf - hatte lässig ein Hemd um die Schultern geschlungen. Mehr nicht. „Ich interviewte dann, selbstverständlich ebenso nackt, noch ein paar Urlauber“, erzählt der Wahl-Berliner und meint schmunzelnd: „Nackte Fragen kamen zu nackten Antworten.“ Nur seine Mutter - damals 75 Jahre alt - schüttelte missbilligend ihr weißes Haupt und meinte: „Wie kannst Du nur Mode zwischen nackten Menschen zeigen, das hat bestimmt noch ein Nachspiel!“ „Und irgendwie hatte sie ja recht“, zuckt Ehrlich die Schultern und erntet reichlich Lacher.
Von Karl Lagerfeld, Helga Hahnemann oder seiner Großmutter Theresia
Auch seine anderen Geschichten - von Karl Lagerfeld, Helga Hahnemann oder seiner Großmutter Theresia - kommen bei der Lesung gut an. Die ist schon fast ein halbes Klassentreffen. Denn der Lieblingsregisseur von Helga Hahnemann drückte in Aschersleben die Schulbank, erst in der Lübenschule, dann am Gymnasium Stephaneum.
„Ich möchte daneben ein Autogramm haben“, tippt dann auch Mitschülerin Doris auf ein Foto im Buch, das den jungen Klaus Ehrlich beim Krippenspiel als Josef zeigt. „Das daneben bin nämlich ich. Ich spielte die Maria“, erklärt sie freudestrahlend. Und so schreibt der Buchautor neben den Schnappschuss aus der Ascherslebener Johannispromenade: „Für Maria-Doris! Danke fürs Foto.“
Susanne van Treek ist angesichts der vielen Gäste ganz begeistert. Dass ein Ascherslebener ein Buch geschrieben hatte und unbedingt hier lesen wollte, gut, meint die Bibliotheksleiterin. „Dass das aber eine solche Resonanz auslöst, damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet“, gesteht sie und meint: „So voll war der Saal noch nie. Und er hätte sogar doppelt so groß sein können und wäre voll geworden.“ Deshalb wird Klaus Ehrlich im September wiederkommen. Am 10. September liest er in der Bibliothek - „dann aber andere Geschichten, die von Aschersleben, die ich aufheben sollte“ - und am 11. September ist er gemeinsam mit Schulfreundin Regine Röder-Ensikat in der Lübenschule. (mz)