Pro und contra Staudamm
Gatersleben/MZ. - Ziel der Stammtische sei es, so der Geschäftsführer der Bürgerinitiative, Detlef Mahlo, mit Bewohnern der vom Selke-Hochwasser bedrohten Orte zu regelmäßigen Gesprächen zusammenzukommen und Meinungen auszutauschen. "Mit einem Staudamm in Meisdorf würde im Selketal ein europäisches Natur- und Vogelschutzgebiet erheblich gestört", erklärte Mahlo.
Horst Schöne, Mitglied des Harzclubs und der Bürgerinitiative, warf dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft vor, dass seit dem Hochwasser von 1994 kaum etwas für den Hochwasserschutz getan worden sei. "Ein paar AB-Maßnahmen zur Uferbefestigung am Oberlauf der Selke und einmal im Jahr eine Selkeschau, das ist so ziemlich alles, was getan wurde", kritisierte Schöne. Die Staudämme in Straßberg und Meisdorf suggerierten bei den Anwohnern einen möglichen Hochwasserschutz, der durch den Meisdorfer Staudamm nicht gewährleistet sei. Das könnte dazu führen, dass der individuelle Schutz vernachlässigt werde, befürchtet Schöne.
"Ein Hochwasserschutz mit dem Staubecken in Straßberg und vielen Einzelmaßnahmen ist auch ohne Staudamm in Meisdorf möglich", erklärte der Moderator des Stammtisches, Wolfram Babinecz. Der Damm brächte im Selketal nur eine rasierte Landschaft mit einer touristischen Wüste und Millionenschäden, fügte er hinzu.
Gegen einen Staudamm in Meisdorf und stattdessen für viele kleine Wehre sprach sich auch der Meisdorfer Müllermeister in Ruhe, Joachim Bischof, aus. Die Mühle war durch das Hochwasser schwer betroffen. "Lieber das Grundstück mit der Mühle opfern als das Selketal", so die Meinung von Bischof.
Auch für Annette Westermann vom Naturschutzbund könnten viele kleine Maßnahmen für den Hochwasserschutz den Meisdorfer Staudamm ersetzen. Nach ihrer Meinung sind 70 Prozent des Hochwassers, das Gatersleben überschwemmt hat, erst hinter Meisdorf in die Selke geflossen.
"Wir haben uns im Gemeinderat verständigt und sind für den Bau der Staumauer in Meisdorf", erklärte der Vorsitzende des Gaterslebener Gemeinderates, Dr. Wulf Stubbe. Sein Grundstück habe, wie etwa 90 Prozent aller Gaterslebener Grundstücke, unter Wasser gestanden. Gatersleben habe das Problem, dass mit der Flutung des Concordia Sees das Grundwasser steige. "Ich bezweifle, dass 70 Prozent des Hochwassers, das Gatersleben überschwemmt hat, nicht aus dem Harz kommen soll", so Stubbe. Ebenfalls sei ihm unverständlich, dass das Meisdorfer Staubecken in sechs Stunden voll gelaufen ist. "Ich sehe in dem Damm und vielen Einzelmaßnahmen die einzige Lösung für einen Hochwasserschutz für Gatersleben", meinte Stubbe.
Für den Gaterslebener Armin Meister verzögert ein Staudamm die Zeit für das Eintreffen des Hochwassers in Gatersleben. Damit könnten erforderliche Schutzmaßnahmen besser vorbereitet werden. "Wenn behauptet wird, dass beim Bau einer Staumauer nichts mehr für den Hochwasserschutz getan wird, halte ich das für eine Unterstellung", erklärte Meister.
Für den Gaterslebener Landwirt Mathias Arend ist die geplante Überflutung von landwirtschaftlicher Nutzfläche moderner Landraub. "Bei Überflutungen werden so viel Unrat und so viele Schadstoffe abgelagert, dass zwei Jahre nichts angebaut werden kann", weiß er.
Wie Mahlo nach dem Stammtisch erklärte, sei es besser gewesen, eine Informationsveranstaltung zu machen. Vielen seien die Folgen eines Staudammes bei Meisdorf nicht bewusst gewesen. Zudem hätten auch wenige Kenntnisse bestanden, welche Schutzmaßnahmen den Bau der Meisdorfer Staumauer überflüssig machten.