Denkmal für vier Arbeitslose Poträts von Arbeitslosen von 1932 am Grauer Hof Aschersleben: Ein Denkmal für die Erbauer des Straßenzeppelins

Aschersleben - Im Mai des Jahres 1932 sind sie in Aschersleben gestartet - jetzt sind sie endgültig zurück. Als Porträts an einer Giebelwand des Kunstquartiers Grauer Hof.
Entstanden sind die Bilder schon 2001 im Rahmen eines Kunstprojektes mit dem Titel „Die Wüste lebt", erklärt der Vorsitzende des Aschersleber Kunst -und Kulturvereins (Akku), Ernst Karl vom Böckel. Fünf Künstler hatten sich damals zur Aufgabe gemacht, das zeitweilige Erblühen der Gegenwartskunst in der Stadt Aschersleben darzustellen.
Auf der Suche nach „gewöhnlichen“ Ascherslebenern stieß der Berliner Markus Gutmann seinerzeit im Stadtmuseum auf die Geschichte von vier Arbeitslosen, die im Jahr 1932 mit einem selbstgebauten Tretauto - vorwiegend aus Holz gebaut - durch Deutschland fuhren.
„Für mich sind die vier nicht reich gewordene Helden”
Otto Gorges, die Gebrüder Otto und Karl Jecht sowie Karl Fritsch hatten Anfang der 1930er Jahre eine gewisse Berühmtheit erlangt. „Für mich sind die vier nicht reich gewordene Helden. Haben trotz Arbeitslosigkeit nicht die Hände in den Schoß gelegt und sich etwas einfallen lassen“, sagte damals der Porträtkünstler. Nämlich ein Fahrzeug der ganz besonderen Art zu konstruieren und auch zu bauen.
Mit ihrem „Straßenzepp“, wie das Gefährt genannt wurde, gingen die vier schließlich auf große Fahrt. Und sorgten für Aufsehen. Unter anderem in Berlin. Unter der Überschrift „Sensation in Berlin: Der Straßenzepp kommt“ schrieb eine große Zeitung am 19. Mai 1932:
„Vier Erwerbslose aus Aschersleben haben ein Fahrzeug gebaut, das in seiner äußeren Bauart dem bekannten Schienenzepp sehr ähnlich ist. Der Antrieb geschieht durch Treten, die Geschwindigkeit beträgt zehn Kilometer in der Stunde. Die vier beabsichtigen, mit dem über sechs Meter langen Straßenzepp eine Reise durch Deutschland zu machen.“
Foto am Hermannplatz in Berlin-Neukölln
Ein abgedrucktes Foto zeigte das Fahrzeug der Ascherslebener am Hermannplatz in Berlin-Neukölln. Wie weit die Abenteurer tatsächlich gekommen sind - darüber finden sich allerdings keine Quellen.
Bei dem sogenannten Schienenzepp, mit dem das Gefährt der Ascherslebener verglichen wurde, handelte es sich übrigens um einen von Ingenieur Franz Kruckenberg im Jahr 1929 konstruierten und futuristisch aussehenden Eisenbahntriebwagen, der von einem hölzernen Flugzeugpropeller angetrieben wurde.
Immerhin wurde mit diesem Triebwagen ein Geschwindigkeits-Weltrekord erzielt, der 24 Jahre nicht überboten werden konnte. Der vom Konstrukteur selbst gesteuerte Triebwagen war am 21. Juni 1931 zwischen Karstädt und Wittenberge mit einer Spitzengeschwindigkeit von 230,2 km/h unterwegs.
Porträts von Gutmann zierten ein Jahr lang eine Wand am Bahnhof
Damit konnten die Ascherslebener ihr Fahrzeug zwar nicht vergleichen, versuchten in den Notzeiten der Arbeitslosigkeit ihre Konstruktion aber auch kommerziell zu vermarkten. Im bescheidenen Umfang gelang das durch den Verkauf von Postkarten. Auf denen waren neben dem Straßenzepp auch die Fotos der vier unternehmungslustigen Ascherslebener abgebildet.
Übrigens die Vorlagen für die Porträts von Markus Gutmann, die ein Jahr lang eine Hauswand am Bahnhof zierten und danach eingelagert wurden, wie Akku-Chef Ernst Karl vom Böckel weiß.
Nach der jüngsten Sanierung von Gebäuden des Kunstquartiers am Grauen Hof habe sich die Gelegenheit ergeben, die Bilder wieder aus der Versenkung zu holen und der Öffentlichkeit dauerhaft zu präsentieren.
(mz)
