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Pestalozzi-Schule Pestalozzi-Schule in Aschersleben: Förderschule blutet aus

Von Marko Jeschor 09.01.2018, 06:55
Schüler lernen in der siebten Klasse der Pestalozzi-Schule.
Schüler lernen in der siebten Klasse der Pestalozzi-Schule. Frank Gehrmann

Aschersleben - Der Trend ist eindeutig. Seit Jahren sinkt an der Förderschule Pestalozzi in Aschersleben die Schülerzahl. Mit aktuell 89 Kindern hat sie seit 2010 nicht nur knapp die Hälfte verloren, sie gehört damit auch zu den sieben Förderschulen im Land, die gefährdet sind, weil die Mindestschülerzahl nicht erreicht wird.

Sorgen müssen sich Eltern allerdings keine machen. „Bei einer einmaligen Unterschreitung kommt keiner und macht die Schule dicht“, so Bildungsministeriumssprecher Stefan Thurmann.

Pestalozzi-Schule: Folgen der Umsetzung der Inklusion

Gleichwohl wird auf Landesebene derzeit wieder darum gerungen, wie die Zukunft des Förderschulsystems aussehen kann.

Hintergrund sind die sinkenden Schülerzahlen in dem Bereich, der auch auf die weitere Umsetzung der Inklusion, also das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht-behinderten Kindern, zurückzuführen ist.

Während Bildungsminister Marco Tullner (CDU) sich für eine Stabilisierung des Förderschulsystems einsetzt und das auch mit einem entsprechenden Konzept untersetzt, halten die Koalitionspartner von SPD und Grünen an der Inklusion fest.

Bildungspolitikerin Angela Kolb-Janssen (SPD) sagte, man könne nicht dauerhaft zwei Systeme parallel halten.

An der von den Überlegungen betroffenen Pestalozzi-Schule in Aschersleben verfolgt man die neuerliche Debatte genau.

Pestalozzi-Schule: Bedarf wird es künftig weiter geben

Schulleiterin Kirsten Moeller sagte auf MZ-Anfrage, sie ärgere sich, dass es immer nur darum gehe, „was alles nicht geht“. Vielmehr müsse geklärt werden, wie der Bedarf künftig abgedeckt werden könne.

Dazu zählt sie sowohl personelle als auch materielle Ressourcen. Dass es den Bedarf auch künftig gibt, davon ist die Schulleiterin trotz der bisherigen Tendenz überzeugt.

Moeller erhalte regelmäßig Anrufe von Eltern, die sich näher über die Schulform informieren wollen. Sie geht zudem davon aus, dass die Schülerzahlen perspektivisch wieder auf über 90 steigen.

Dass die Basisförderschulen wie die in Aschersleben zuletzt langsam ausbluteten, macht Moeller nicht nur an der absoluten Schülerzahl fest.

Seit Jahren schon werden keine Erstklässler mehr in ihrer Einrichtung eingeschult, während die Zahlen an der Schule für Geistigbehinderte, der Kastanienschule in Aschersleben, steigen.

Tatsächlich besuchen nach Angaben des Bildungsministeriums mit 70 Kindern derzeit so viele Schüler die Schule für Geistigbehinderte wie seit Jahren nicht.

Man könne die Schülerzahlen allerdings nicht miteinander vergleichen, so Thurmann (siehe „Eltern und Behörden entscheiden über Zukunft“).

Pestalozzi-Schule: Viele Eltern nicht mehr verfügbar

Mit der sinkenden Schülerzahl wird unterdessen auch die Organisation des Schulalltags nicht einfacher, wie Moeller in den vergangenen Jahren leidlich erleben musste.

Von insgesamt 26 Lehrern und pädagogischen Mitarbeitern seien mittlerweile viele nicht mit der vollen 25-Stunden-Woche verfügbar, müssen stattdessen auch an anderen Schulen in der Region unterrichten.

„Je kleiner wir werden, desto schwieriger wird es, Projekte zu entwickeln.“ Selbst Moeller hilft seit einiger Zeit als kommissarische Leiterin an der Förderschule „Otto Dorn“ in Bernburg aus.

Albert-Schweitzer-Schule: Immernoch schwierige Fälle dabei

Die weitere Notwendigkeit von Förderschulen will auch Kathrin Jelitte, Schulleiterin der Ganztagsschule „Albert Schweitzer“ in Aschersleben und Verfechterin der Inklusion, nicht in Abrede stellen.

Im Gegenteil: Auch wenn der gemeinsame Unterricht mit dem Willen der Eltern und des Kindes sowie der Unterstützung durch Experten gelingen könne, gäbe es immer noch Fälle, bei denen die Kinder mit einer mehrfachen oder schweren Behinderung nicht im normalen Unterricht dabei sein können.

Mehr Ehrlichkeit bei der Einschätzung der Fälle

Jelitte fordert bei der Einschätzung der Einzelfälle jedoch mehr Ehrlichkeit. So dürfe es keine einseitige Beratung geben, auch müssten die Gutachten selbst überprüft werden.

„Eltern müssen die Möglichkeit bekommen, sich alles anzuschauen, statt gesagt zu bekommen, was alles nicht leistbar ist.“

Worauf sich die Schulen künftig einstellen müssen, das wird erst ab Mitte des Jahres deutlich. Im zweiten Quartal solle es laut Ministeriumssprecher Thurmann ein Ergebnis der Verhandlungen geben. (mz)