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Pech mit Eckgrundstück? Pech mit Eckgrundstück?: Stadt zerrt 77-Jährigen wegen Unkraut vor Gericht

Von Detlef Anders 20.09.2018, 05:56
Rudolf Höppes Eckgrundstück grenzt in der Berliner Straße an eine Grünanlage der Stadt, die er als separates Grundstück sieht.
Rudolf Höppes Eckgrundstück grenzt in der Berliner Straße an eine Grünanlage der Stadt, die er als separates Grundstück sieht. Frank Gehrmann

Aschersleben - Rudolf Höppe klopfte noch vor einer Woche das Herz, als er den ockerfarbenen Umschlag mit einem amtlich zugestellten Schreiben der Stadt Aschersleben vom Juni aus dem Aktenordner zog. Darin war ein Bußgeldbescheid.

Dem 77-jährigen Rentner wird darin eine Ordnungswidrigkeit vorgeworfen. Er sei seiner Straßenreinigungspflicht nicht nachgekommen, heißt es darin.

Dabei sieht der Gehweg vor seinem Einfamilienhaus in der Froser Straße pikobello aus. Kein Grashalm ist zu sehen. Doch ein paar Meter weiter, in der Berliner Straße, spross vor einer Woche das Unkraut an einigen Stellen.

Eine verwilderte Grünfläche mit meterhohen Brennnesseln dahinter. Und dahinter die Mauer von Höppes Grundstück.

Pech mit Eckgrundstück?: Bisher kümmerte sich der Bauhof darum

Bislang hatte sich die Stadt sowohl um die Grünanlage gekümmert - der Bauwirtschaftshof mähte zweimal im Jahr das Unkraut - als auch um den Gehweg, sagt Höppe. Jetzt soll er auf einmal für die Straßenreinigung zuständig sein, beklagt Höppe. Der Rentner sieht das nicht ein.

Schließlich wäre da neben seinem Grundstück noch das zwei bis drei Meter breite und 50 Meter lange städtische Grundstück mit der Grünanlage, die auch 50 Zentimeter höher als der Gehweg ist.

Diese wäre als neben dem Gehweg gelegenes städtisches Grundstück zu sehen.

Pech mit Eckgrundstück?: Ordnungsamt hat geprüft

Nach einer Begehung im Mai sei festgestellt worden, dass Höppes Gehwegbereich in der Berliner Straße erheblich verunreinigt gewesen sei, so das Ordnungsamt.

Höppe wies in seiner ersten Antwort darauf hin, dass es in der im März geänderten Straßenreinigungssatzung der Stadt Ausschlussmerkmale gibt, die er für sich als zutreffend einschätzt.

„Das gilt nicht, wenn die genannten Geländestreifen zwischen Straßen und Grundstücken weder dem öffentlichen Verkehr gewidmet noch Bestandteil der Straße sind“, heißt es in der Satzung.

Pech mit Eckgrundstück?: 50 Zentimeter Höhenunterschied

Der 77-Jährige meint, dass dies wegen der 50 Zentimeter Höhenunterschied zwischen Grünfläche und Weg nicht als funktionsfähig dazugehörend gelten könnte. Trotzdem bekam er einen Verwarngeldbescheid über 30 Euro.

Pech mit Eckgrundstück?: Dann kam ein Bußgeldbescheid

In der Rückantwort wies Höppe erneut alle Verantwortung von sich. Da der Rentner das Unkraut nicht beseitigte, beauftragte die Stadt jemanden mit der Unkrautbeseitigung. Kurz danach kam ein Bußgeldbescheid - 78,50 Euro.

Die Reinigung durch den beauftragten Dritten wäre nicht als Eingeständnis der Stadt zu verstehen, sondern sollte Schaden am Gehweg durch wieder wachsende Pflanzen vorbeugen, hieß es.

Verunreinigungen müssten stets unverzüglich beseitigt werden, die Straßenreinigung mindestens aber einmal in der Woche durchgeführt werden, wies die Stadt per Postzustellurkunde hin.

Pech mit Eckgrundstück?: Mahnung flatterte ins Haus

Verunsichert überwies Höppe die zuerst geforderten 30 Euro Verwarngeld. Inzwischen werden in einer Mahnung vom 31. August 53,50 Euro verlangt.

Bei Höppe liegen die Nerven blank. Er wollte mit dem Oberbürgermeister über die Sache sprechen. Doch zum Termin war der verhindert. Und der Stellvertreter hätte letztlich nur den Ordnungsamtsleiter reden lassen, ärgert sich der 77-Jährige.

Er wandte sich danach an die MZ mit seinem Problem.

Pech mit Eckgrundstück?: Termin beim Amtsgericht

„Die haben einfach eine Satzung gemacht und ich soll es jetzt machen. Das ist unfair!“

Wenn der Fußweg direkt an seinem Haus entlangginge, dann müsste er die Straße reinigen, denkt er, aber durch die Grünanlage eben nicht. „Das sehe ich nicht ein.“

Zwei Tage nach dem MZ-Besuch bekam er nun den nächsten Brief mit Zustellurkunde. In einem Monat soll er sich vor dem Amtsgericht in der Strafabteilung wegen des nicht bezahlten Bußgeldbescheides verantworten.

Der 77-Jährige ist fix und alle. „Mal sehen, wie der Richter das sieht.“

Pech mit Eckgrundstück?: Keine Auskunft zum laufenden Verfahren

Ascherslebens Pressesprecher Stephan Rauhut will sich „aus Datenschutzgründen“ nicht dazu äußern.

„Es handelt sich um ein aktuell laufendes Verfahren.“

Zur Frage nach der Änderung der Satzung sagte Rauhut, dass der Hauptgrund die Überarbeitung des veralteten Straßenverzeichnisses gewesen sei. Änderungen bei den Ausnahmen zur Straßenreinigung habe es nicht gegeben.

Die Übertragung der Straßenreinigungspflicht an Dritte wäre zur Gefahrenabwehr möglich.

„Diese Maßnahme erfolgt jedoch erst, wenn der Pflichtige wiederholt der Aufforderung zur Reinigung nicht nachkam. Die Umlage der Kosten hierfür ist zwingend vorgeschrieben“, so Rauhut.

Die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke seien auch generell zum Winterdienst auf den Gehwegen verpflichtet. Sollten sie nicht in der Lage sein, müssen sie „dafür Sorge tragen, dass Dritte den Winterdienst übernehmen.“ (mz)

So sah es vor einer Woche auf dem Gehweg aus.
So sah es vor einer Woche auf dem Gehweg aus.
Gehrmann