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Nach Schlägen und Drohungen Nach Schlägen und Drohungen Kepplerstraße Aschersleben: Drogensüchtiger muss Entziehung in Bernburg machen

Von Detlef Anders 31.07.2019, 09:56
Verwaltungsgebäude des Fachklinikums der Salus GmbH in Bernburg (Salzlandkreis)
Verwaltungsgebäude des Fachklinikums der Salus GmbH in Bernburg (Salzlandkreis) dpa-Zentralbild

Aschersleben - Kinder und Anwohner im Kosmonautenviertel können wieder ohne Angst auf die Straße: Marvin Z. (Name geändert) verbringt die nächste Zeit in einer Entziehungsanstalt für suchtkranke Straftäter. Die Behandlung dort dauert laut Strafrichter Robert Schröter mindestens zwei Jahre.

Dem 29-Jährigen droht zudem ein Jahr und sechs Monate hinter Gittern, falls der Aufenthalt nicht erfolgreich ist. Schröter stellte im Amtsgericht Aschersleben drei Monate Haft mehr in Aussicht, als der Staatsanwalt gefordert hatte.

Falls die Entziehung nicht erfolgreich ist, drohen dem Mann 18 Monate Haft

Der Angeklagte hatte sich am 28. Mai 2018 betrunken zu einer Familie auf die Decke vorm Haus gesetzt und eine Flasche Wodka herausgeholt. Als der Vater ihn mit Hinweis auf die Kinder im Alter von drei bis neun Jahren aufforderte, weiterzugehen, verpasste Marvin Z. dem Vater zwei Faustschläge.

Der Angreifer wurde von den Erwachsenen festgehalten und mit Kabelbindern verschnürt der Polizei übergeben. Auch gegenüber den Beamten wurde Marvin Z. handgreiflich. Wie ein Polizist schilderte, sei ihm Z. bereits seit einem Fall aus dem Jahr 2017 bekannt. Damals schob der Angeklagte einem Fahrradfahrer einen Stock zwischen das Vorderrad.

Anschließend drohte er dem Radfahrer und zwei Zeugen, ihre Väter, Mütter und Kinder zu töten. Z. war dafür drei Wochen vor der erneuten Straftat auf Bewährung verurteilt worden. „So extrem habe ich ihn noch nie erlebt“, sagte der Polizist. Bei 1,5 bis 2,0 Promille Alkohol im Blut habe man mit ihm normal reden können. Mit über zwei Promille trat der Angeklagte um sich, spuckte und bedrohte die Beamten und Bürger.

„So extrem habe ich ihn noch nie erlebt“, sagte ein Polizist als Zeuge vorm Amtsgericht Aschersleben

In einem Gutachten vom Frühjahr 2018 wurde Z. trotz seiner Alkohol- und Drogensucht sowie einer Lernbehinderung für zurechnungsfähig befunden. Damals war Frust durch die Trennung von seiner Partnerin als Ursache der Gewaltbereitschaft genannt worden.

Bereits 2014 wurde der Angeklagte wegen Drogenverkaufs an Minderjährige, Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Nach dem Straferlass folgte 2016 eine Verurteilung wegen Diebstahls sowie ein Jahr später eine Geldstrafe wegen Drogenbesitzes. 2018 wurde er wegen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu drei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Dass Z. 25 Tage danach wieder straffällig wurde und auch zuvor Straftaten während der Bewährung beging, ärgerte den Staatsanwalt: „Der Angeklagte hat bisher keine Bewährungszeit überstanden“, stellte der Staatsanwalt fest. „Das ist die letzte Chance“, unterstrich er.

Staatsanwalt plädierte für ein Jahr und zwei Monate Haft

Der Staatsanwalt plädierte für eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten sowie einen Aufenthalt in einer Entzugsklinik. Auch der Verteidiger sah das Problem, dass sich sein Mandant in Frustsituationen in einen Rauschzustand versetzt.

Beim letzten Mal habe sein Mandant behauptet, durch die Arbeit keine Zeit zum Alkoholtrinken zu haben. Doch das Frustpotenzial lauerte auch dort: Auftraggeber zahlten nicht und die selbstständige Arbeit ging wieder den Bach runter. Der Verteidiger hielt eine angedrohte Gesamtstrafe von acht Monaten als Druckaufbau für angemessen. Der Angeklagte versicherte, sich diesesmal der Therapie zu stellen.

Richter Schröter begründete das härtere Urteil mit der höheren Strafe für die zweite Tat. Neben Körperverletzung war Marvin Z. wegen des gewaltsamen Angriffs auf Polizeibeamte in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung angeklagt.

„Entweder Sie kriegen das jetzt in den Griff oder wir entwickeln in den nächsten 20 Jahren eine Dauerbeziehung", sagt der Amtsrichter

„Unterbringung in eine Entziehungsanstalt heißt nicht: Ich gehe jetzt mal zur Entgiftung nach Bernburg, und wenn ich keinen Bock mehr habe, gehe ich eben wieder nach Hause“, erklärte der Richter. Erfahrungsgemäß bestehe bei suchtkranken Straftätern erst dann eine ausreichende Motivation zur Langzeittherapie, wenn eine Strafe von 18 Monaten oder mehr über ihnen schwebe.

„Entweder Sie kriegen das jetzt in den Griff, oder wir entwickeln in den nächsten 20 Jahren eine Dauerbeziehung. Es liegt an Ihnen“, sagte Schröter. Er wertete es als schweres Delikt, dass die Nachbarn in seinem Viertel durch sein Handeln in ihrem Sicherheitsgefühl im Alltag getroffen wurden. Die Kinder trauten sich seitdem nicht mehr allein aus dem Haus, hatte eine Mutter berichtet. „Es muss jetzt bei Ihnen Klick machen“, sagte Schröter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (mz)