Feuer in Notre Dame in Paris Nach Feuer in Kathedrale Notre-Dame de Paris: Ist St.-Stephani-Kirche in Aschersleben in Gefahr?
Aschersleben - „Notre Dame ist für viele ein starkes Symbol. Das sieht man ja an den Reaktionen“, sagt Pfarrer Holger Holtz am Tag, nachdem ein Feuer einen Teil des weltbekannten Wahrzeichens zerstört hat. Das Büro des Pfarrers liegt nur einen Steinwurf von St. Stephani entfernt - der mächtigen, mehr als 500 Jahre alten Stadtkirche von Aschersleben.
Einige Nummern kleiner zwar als das beeindruckende Gotteshaus an der Seine, für die Ascherslebener jedoch nicht minder bedeutend. „Ich war sehr erschrocken über die Bilder aus Paris“, sagt auch Pfarrerin Anne Bremer. Im Laufe des Tages hat sie mit Mitgliedern des Gemeindekirchenrates gesprochen, für alle gab es nur ein Thema.
Im Gemeindekirchenrat von St. Stephani gab es am Dienstag nur ein Thema: Feuer in Notre Dame de Paris
Auch wenn die Ursache des Brandes an der Kathedrale in Paris noch nicht bestätigt ist: Es steht im Raum, dass die dortigen Bauarbeiten das verheerende Feuer ausgelöst haben könnten. Auch am Dach der Kirche in Aschersleben wird gearbeitet.
Seit November 2017 sind Zimmerleute und Dachdecker sowie Maurer der Werkstätten für Denkmalpflege GmbH damit beschäftigt, einen Teil des maroden Daches zu sanieren. Falko Sluzny, der als Polier Verantwortung trägt, hat am Dienstag noch einmal mit seinen Leuten gesprochen. Auch wenn eigentlich alle Bescheid wüssten, könne es nicht schaden, die Mitarbeiter immer wieder zu sensibilisieren.
Bei den Dacharbeiten in St. Stephani gilt ein striktes Rauchverbot, Trennschleifer dürfen nur außerhalb des Dachstuhls benutzt werden
Das strikte Rauchverbot bei Dacharbeiten gehört genauso dazu wie die Anweisung, zum Beispiel nur außerhalb des Dachstuhls zu flexen und – wo möglich – ohne Funken zu schneiden. „Sauberkeit und Ordnung auf der Baustelle sind sowieso das A und O“, sagt Sluzny.
Im Sommer bei großer Trockenheit können angehäufte Späne oder Glasscherben zum Brandherd werden, sagt der erfahrene Zimmermann, der seit 1994 bei den Werkstätten arbeitet.
Auch er hat die Bilder im Fernsehen mit wachsendem Entsetzen verfolgt. „Wir wissen ja schon von Berufs wegen, was da für Arbeit drinsteckt“, sagt er und meint: „Auch wenn sich vieles rekonstruieren lässt, die Substanz ist unwiederbringlich verloren.“ Er kann sich vorstellen, dass sich ein Feuer wie dieses rasend schnell ausbreitet. „So viel Holz kriegt man nicht mehr gelöscht.“
„Auch wenn sich vieles rekonstruieren lässt, die Substanz ist unwiederbringlich verloren“
Diese Aussage bestätigt der Ascherslebener Ortswehrleiter René Knoblauch. Einen Brand im Turm der Stephanikirche wolle er sich gar nicht erst ausmalen. „Mit unserer 33 Meter-Drehleiter reichen wir gerade bis zum Dach des Mittelschiffs“, sagt er. Ein Vollbrand im Turm wäre auch mit anderer Technik nicht zu beherrschen, die Kameraden müssten sich mit Schadensbegrenzung begnügen, prognostiziert der Feuerwehrmann.
Trotzdem ist Holger Holtz froh darüber, „dass wir eine leistungsfähige Feuerwehr haben. Wäre ein Feuer wie dieses vor 300 Jahren passiert, wäre vielleicht halb Paris abgebrannt“, sagt er.
Im Jahr 2018 trainierte die Feuerwehr Aschersleben auch das Retten aus Höhen
Eine Übung der Ascherslebener Feuerwehr im vergangenen Jahr sollte zwar das Retten aus Höhen trainieren, bot jedoch gleichzeitig die Gelegenheit, „mal zu schauen, wie kommen wir wo ran“, so Knoblauch.
Pfarrerin Anne Bremer schaut nach den Ereignissen von Paris mit einiger Sorge auf die veraltete Elektroanlage in St. Stephani. „Sie steht schon länger auf unserer To-Do-Liste“, sagt sie. Doch die Höhe der Kosten, die sie vor zehn Jahren ermitteln ließ, hatte die Kirchengemeinde zurückschrecken lassen.
„Dafür gibt es keinen Fördertopf, wir müssen das als Eigentümer selber machen.“ Vor dem Hintergrund des dramatischen Geschehens bekomme das Vorhaben nun wieder eine andere Bedeutung. „Sicherheit ist auf einmal kein hohles Wort mehr.“ (mz)