1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. MZ-Serie "Laden(be: MZ-Serie "Laden(be)hüter" in Aschersleben: Schuh-König lockt Kunden seit 1891

MZ-Serie "Laden(be MZ-Serie "Laden(be)hüter" in Aschersleben: Schuh-König lockt Kunden seit 1891

Von Thorsten Köhler 25.01.2016, 18:57
Inhaberin Elfriede Ecke (r.) und Tochter Andrea Siebert sind in Sachen Schuhe eine Ascherslebener Institution.
Inhaberin Elfriede Ecke (r.) und Tochter Andrea Siebert sind in Sachen Schuhe eine Ascherslebener Institution. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben - Elfriede Ecke steht mit ihren 85 Jahren noch ab und zu im Verkaufsraum. Sie kennt im Laden jeden Fleck, weiß wo alles steht. Kein Wunder, denn seit 1954 leitet sie in der fünften Generation das Geschäft in der Breiten Straße in Aschersleben. Gemeint ist „Schuh-König“.

In diesem Jahr feiert das Geschäft sein 125-jähriges Bestehen. Es wird auch eine Jubiläumswoche geben. Mehr soll aber noch nicht verraten werden.

Gegründet wurde die kleine Firma bereits 1891, befand sich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch auf dem Markt. Der Umzug in die Breite Straße 1 erfolgte 1903. Dort begann auch Elfriede Ecke 1945 ihre Lehre als Verkäuferin. Sie lernte den Firmenchef Carl König kennen, den sie später heiraten sollte. Nach seinem Tod übernahm sie dann das Geschäft.

Ware mit dem Handwagen geholt

Sie erlebte mit, wie sich das Geschäft nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges über Wasser halten musste. „Es gab in Aschersleben eine Stelle, an der wir die zugeteilten Schuhe abholen mussten. Oftmals mit einem Handwagen, weil wir nichts anderes hatten“, erinnert sie sich.

Es gab im Laden auch eine Tauschabteilung. „Damals gab es Care-Pakete mit Schuhen und Kleidung. Wem etwas nicht passte, der kam hierher und tauschte die Sachen aus“, sagt sie.

Auch zu DDR-Zeiten - als HO-Kommissionsbetrieb - hatte das Geschäft viele Kunden. „Die Leute riefen bei uns an, wann es Ware gab. Dann war immer der Laden voll“, weiß Elfriede Ecke.

Anfang der 1990er Jahre erfolgte ein Umbau. Tochter Andrea Siebert kam in das Geschäft. Sie war eigentlich Agraringenieur im Institut für Phytopathologie. Doch das Institut wurde abgewickelt und sie schulte auf Kauffrau im Einzelhandel um. „Es war auch eine neue Chance für mich“, meint sie.

Das Geschäft kannte sie bereits aus dem Effeff. „Wir haben oben gewohnt und schon als Kinder mitgeholfen. Das hat sogar Spaß gemacht“, sagt Andrea Siebert. Nahezu jede Woche kam neue Ware, die ausgezeichnet werden musste. Eine Aufgabe für sie und ihre Zwillingsschwester. Mittlerweile hat die heute 49-Jährige das Geschäft von ihrer Mutter, die zufrieden ist, eine Nachfolgerin gefunden zu haben, übernommen. Der Beruf ist für sie auch Berufung. Die Zufriedenheit der Kunden ist dabei das Wichtigste. Bei Schuh-König sei eben der Kunde König.

Geschäfte eröffnen, wechseln ihren Standort oder schließen für immer. Und doch gibt es sie noch - die Ascherslebener Traditionsgeschäfte. Die, in denen schon Generationen eingekauft haben und die schon immer dort zu finden waren, wo sie auch heute noch sind.

Die MZ spürt diese Geschäfte auf, spricht mit den heutigen - und vielleicht auch früheren - Inhabern und stellt die Geschäfte den Lesern im Rahmen der Serie „Laden(be)hüter“ vor. Sollten Sie, liebe Leser, ein solches Geschäft kennen, sagen Sie es uns. Wir sind unter der Telefonnummer 03473/7990250 erreichbar.

Wobei die Kunden nicht nur aus Aschersleben, sondern auch aus dem Umland kommen. „Sie kommen gern hierher. Denn Aschersleben hat eigentlich ein schönes Zentrum, wenngleich andere das vielleicht nicht so sehen“, bekräftigt sie.

Die Beratung sei das A und O. „Jeder Schuh fällt anders aus, jeder Fuß ist anders“, unterstreicht sie. Deshalb ist es für sie wichtig, die Schuhe, die sie verkauft, auch anzusehen und anzufassen. „Auf einem Foto kann ich nicht sehen, wie die Naht verarbeitet ist.“ Und damit unterscheidet sich das Geschäft vom Internet. Wobei sie auch einräumt, dass es eine große Konkurrenz ist.

„Kein Tag ist wie der andere.“

Auf Messen, wie zum Beispiel zweimal pro Saison in Schkeuditz, sucht Andrea Siebert die Schuhe aus. „Ich weiß, was für ein Klientel bei uns einkauft. Danach muss ich mich richten“, schildert sie. Dabei muss sie den richtigen Riecher haben. Fehlgriffe kann sie sich kaum leisten.

Dennoch macht der Beruf Spaß. „Kein Tag ist wie der andere.“ Das merkt man sofort, wenn sie über das Geschäft spricht. Da ist sie kaum zu bremsen. Und dafür opfert sie auch ihre Freizeit. Wann sie das letzte mal richtig Urlaub gemacht hat - sie kann sich nicht erinnern.

Unterstützung hat sie von ihrer Familie - ihrem Mann und den beiden Söhnen. Auf die Frage, ob denn auch schon ein Nachfolger in Sicht sei, antwortet sie schmunzelnd: „Meine Söhne nicht, aber vielleicht gibt es ja mal eine Schwiegertochter, die in die Fußstapfen tritt.“

Ans Aufhören indes denkt Andrea Siebert noch lange nicht. „So lange ich kann und so lange es Spaß macht, bleibe ich natürlich am Ball.“ Ihre treuen Kunden wird es freuen. (mz)

„Die Leute riefen bei uns an, wann es Ware gab. Dann war immer der Laden voll.“ Elfriede Ecke
„Die Leute riefen bei uns an, wann es Ware gab. Dann war immer der Laden voll.“ Elfriede Ecke
Frank Gehrmann Lizenz