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Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Mitteldeutsche Kammerphilharmonie: Orchester vor dem Aus?

Von Marko Jeschor 29.02.2016, 20:50
Das Orchester gab Anfang des Jahres ein Konzert im Bestehornhaus in Aschersleben.
Das Orchester gab Anfang des Jahres ein Konzert im Bestehornhaus in Aschersleben. Frank Gehrmann

Aschersleben - Die Mitteldeutschen Kammerphilharmonie steht vor einer unsicheren Zukunft. Das kulturelle Aushängeschild des Salzlandkreises droht aufgrund einer Nachzahlung an die Deutsche Rentenversicherung die Insolvenz. Es geht um rund 120.000 Euro, die die gGmbH im Jahr 2005 möglicherweise zu wenig sozialversicherungspflichte Beiträge abführte.

Gegen die Forderung der Kasse war die Kammerphilharmonie zwar in Widerspruch gegangen, das Sozialgericht Magdeburg wies die Klage Anfang des Jahres aber zurück. Zum Verhängnis wurden der Kammerphilharmonie demnach die Beschäftigung von freiberuflichen Künstlern bei verschiedenen Veranstaltungen.

Überschuldete Gesellschaft

Das Problem: Allein kann die Kammerphilharmonie die drohende Nachzahlung nicht stemmen. Der Landkreis soll einspringen. Die Kreisverwaltung schlägt dem Kreistag vor, die Insolvenz mit einer Finanzspitze aus dem Haushalt abzuwenden. Schon am morgigen Mittwoch soll in Bernburg dazu die Entscheidung fallen. Ob der Vorschlag auch ein Bekenntnis zur Kammerphilharmonie sein soll, ist offen. Ein Gespräch zur aktuellen Situation wollte Landrat Markus Bauer (SPD) auf MZ-Anfrage jedenfalls nicht führen. Stattdessen verwies die Verwaltung lediglich auf die Aussagen in der Beschlussvorlage. Darin wird unter anderem der Wirtschaftsprüfer der Kammerphilharmonie zitiert. „Die Gesellschaft ist bilanziell überschuldet.“ Grund: Es könnten weitere Nachzahlungen für weitere Jahre folgen.

Die Kammerphilharmonie veranstaltet seit Jahren auch überregional bedeutsame Konzerte wie den Schönebecker Operettensommer und ist regelmäßiger Gast in allen großen Städten des Kreises. Zuletzt traten die Musiker zum Neujahrsempfang im Ascherslebener Bestehornhaus auf. Zusätzlich geben die Musiker an Schulen und Kindertagesstätten immer wieder Konzerte. Das nächste ist an diesem Mittwoch in der Grundschule Pfeilergraben vorgesehen.

Angespannte Haushaltslage

Der Landkreis ist alleiniger Gesellschafter der gGmbH. Jährlich wird die Arbeit mit rund 750.000 Euro unterstützt. Zusätzlich tragen die Stadt Schönebeck sowie das Land den Etat. Ein Teil der Kosten erwirtschaftet die Kammerphilharmonie selbst. Deren Geschäftsführer Hans-Jörg Simon will sich erst nach dem Kreistagsbeschluss zu dem Thema äußern, wie eine Sprecherin auf MZ-Anfrage sagte.

Neben den 120 000 Euro für die Nachzahlung sozialversicherungspflichtiger Beiträge soll der Kreistag auch darüber entscheiden, ob rund 17 300 Euro für den Ausgleich des Wirtschaftsjahres 2014 gezahlt werden. Denn statt eines erwartenden Gewinns machte die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Miese. Der Geschäftsführer Hans-Jörg Simon führt das laut Beschlussvorlage auf einen Umsatzrückgang zurück. Aufgrund des Wetters seien weniger Besucher gekommen, hieß es.

Auch ohne die Entwicklung diskutiert der Kreistag immer wieder über den Fortbestand der Kammerphilharmonie. Hintergrund ist die seit Jahren angespannte Haushaltslage des Landkreises. Zwar gibt der Kreis nur noch sehr wenig Geld für die sogenannten freiwilligen Leistungen aus, ein Großteil dieses Haushaltspostens macht eben aber die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie aus.

Insolvenz würde Region ärmer machen

Finanzausschuss-Vorsitzender Thomas Gruschka (CDU) sagte am Montag der MZ, angesichts der Haushaltslage sei es schwierig, so viel Geld zur Rettung in die Hand zu nehmen, während im Jugendbereich, bei der Schülerbeförderung und auch bei der Sportförderung gleichzeitig gekürzt werde. Hinzu komme, dass es derzeit eine vom Landesverwaltungsamt verfügte Haushaltssperre gibt. Bildungsexperte Gunnar Schellenberger (CDU) erklärte jedoch, es handele sich um vertragliche Verpflichtungen, denen man nachkommen müsse. Bildungsausschuss-Vorsitzende Uta Krauß (SPD) sagte, der Landkreis müsse zwar sparen, „eine Insolvenz würde die Region aber ärmer machen.“ (mz)