Medizin Medizin: Mission eigene Praxis in Aschersleben

aschersleben/MZ - Das aufwühlende Bild wird vielen noch in Erinnerung sein: Dicht an dicht standen im Jahr 2008 hunderte Menschen vor der gerade erst eröffneten Praxis von Augenarzt Dr. Detlev Hoffmann, um dort einen Termin zu ergattern. Denn der damals 64-Jährige, der von Hessen in die Eine-Stadt kam, war für sie der Retter in der Not. Zwei Jahre lang hatte es zu dieser Zeit in Aschersleben nur eine Kassenpatienten behandelnde Augenärztin gegeben. Ein Notstand, dem der ursprünglich aus Halle stammende Arzt, der eigentlich schon in den Ruhestand gehen wollte, abhalf. „Ich habe es nie bereut, hierher gekommen zu sein. Das war die richtige Entscheidung“, sagt Detlev Hoffmann, der - inzwischen 70 - nun aber doch in den Ruhestand gehen will. „Doch keine Angst“, winkt er ab, wissend, dass die Leute schon wieder Panik haben. „Ich habe einen Nachfolger gefunden.“
Timm Bredehorn-Mayr stammt aus Nordfriesland, studierte in Kiel Medizin und verbrachte dann drei Jahre in den Niederlanden. 1997 begann der Mediziner - verheiratet, fünf Kinder - in Halle seine Ausbildung zum Augenarzt. Zwischendurch war er Geschäftsführer für Gewebetransplantation. Derzeit arbeitet der 47-Jährige als Oberarzt in der Uniklinik in Halle und ist Leiter der Kinderaugenheilkunde.
Das ist Dr. Timm Bredehorn-Mayr, der derzeit als Oberarzt in der Uni-Augenklinik von Halle arbeitet. Er leitet die Kinderaugenheilkunde und ist auf Schielbehandlung spezialisiert. „Aber natürlich behandele ich auch Erwachsene“, kündigt der Augenarzt an, der die Patienten von Hoffmann übernehmen will und auch für jeden anderen Kassenpatienten da sein möchte. Bei seiner Arbeit in der Uniklinik erlebe er immer wieder Patienten, die Zuhause gar keine augenärztliche Versorgung haben. „Und wenn die Praxis hier wegbrechen würde“, blickt er auf die Räume von Dr. Hoffmann, „würde sich das ja noch weiter verschlechtern.“ Natürlich reize ihn auch die Selbstständigkeit und dass die Kassenärztliche Vereinigung seine Niederlassung finanziell unterstützt, da Aschersleben in Sachen Augenarzt doch als besonders unterversorgt gelte.
Neuer Lebensabschnitt
Für den fünffachen verheirateten Familienvater wird die Übernahme der Ascherslebener Praxis am 1. März ein neuer Lebensabschnitt sein. Einer, auf den er sich sehr freut. „Aschersleben ist historisch gesehen einer der zentralen Punkte Sachsen-Anhalts“, findet der 47-Jährige. Die Stadt kenne er von Besuchen der Fachhochschule Polizei zum Tag der offenen Tür. Arbeite doch ein Freund von ihm dort. Und Aschersleben gefalle ihm.
Seine Kontakte nach Halle zur Klinik will er aber pflegen und strebt eine Art Kooperation an. „Dort gibt es alle OP-Techniken und alle diagnostischen Mittel. Damit kann ich eine optimale Versorgung gewährleisten“, findet er.
Unterstützung von Kollegen
Außerdem bekommt er so auch Unterstützung von Kollegen. Gleich am Anfang zum Beispiel, wenn er noch einige Verpflichtungen in der Uniklinik hat. Zudem erwartet er vor allem in der ersten Zeit einen wahren Patientensturm. „Nicht so wie bei Dr. Hoffmann“, lacht er und kann sich noch gut an das Zeitungsfoto erinnern. Aber doch ein großes Interesse. „Ich will versuchen, zeitnah Termine zu vergeben und behandele Notfälle natürlich sofort.“ Das ist auch eine Einstellung, der Detlev Hoffmann stets folgte. „Ich habe noch nie einen Menschen abgewiesen, ich bin schließlich Arzt“, begründet der 70-Jährige das und erklärt stolz: „Kein Patient hat bei mir länger als zwei Wochen auf einen Termin gewartet.“
Dass seine Arbeit - er behandelte rund 1 500 Patienten im Quartal - nun Fortsetzung findet, macht ihn froh. „Voriges Jahr war ich schon wild entschlossen aufzugeben“, meint der Augenarzt, der einfach keinen Nachfolger finden konnte. Aber es tat ihm leid. Um seine Patienten und um die teuren Instrumente, die er sich in den vergangenen Jahren noch angeschafft hatte. „Es hätte mir das Herz geblutet, die in die Mülltonne zu werfen.“
Alterswohnsitz in Halle
Doch dann kam ihm ein Zufall zu Hilfe. Bei einer Tagung traf er auf die Leiterin der Augenklinik und fragte, ob sie jemanden kenne, der Interesse an einer eigenen Praxis hätte. Einige Zeit später dann meldete sich Timm Bredehorn-Mayr. Und Detlev Hoffmann kann nun in den wohlverdienten Ruhestand. Seinen Alterswohnsitz in Halle hat er schon gewählt, lebt bereits seit ein paar Monaten dort. Und weiß, dass ihm nie langweilig wird. „Mein Herz schlägt für den Jazz und die Musik, ich habe in Halle eine Band und ein Studio“, erzählt der Augenarzt, der Tasteninstrumente und Gitarre spielt, eigene CDs macht. Auch seine in Frankfurt lebende Tochter will er bald besuchen und das mit zwei Anlässen verbinden: „Zum einen mit der Musikmesse und zum anderen mit meinem 71. Geburtstag.“ Natürlich wird er auch dem neuen Praxisteam im Notfall zur Verfügung stehen. Doch er glaubt: „Durch meinen Nachfolger wird es eine Entlastung geben - für Aschersleben und für die ganze Region.“