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"Schiess wird zerschlagen" Maschinenbaubetrieb Schiess AG in Aschersleben: 205 Beschäftigte fürchten um ihre Arbeitsplätze

Von Kerstin Beier 21.03.2019, 11:56
Bei Schiess in Aschersleben werden seit 160 Jahren Maschinen gebaut.
Bei Schiess in Aschersleben werden seit 160 Jahren Maschinen gebaut. Frank Gehrmann

Aschersleben - Beunruhigende Nachrichten vom insolventen Traditionsunternehmen Schiess: Die IG Metall berichtet in einer Pressemitteilung von einer Betriebsversammlung am Mittwoch. Eigentlich sollte es um einen Sozialplan für die 205 Beschäftigten gehen, doch dieser scheint nun zur Illusion geworden zu sein.

Laut dem Geschäftsführer der IG Metall Magdeburg-Schönebeck Axel Weber habe der vom chinesischen Gesellschafter beauftragte Restrukturierungspartner dem Betriebsrat erklärt, dass es weder Geld für ein Sanierungskonzept noch für einen Sozialplan gibt.

IG Metall: Alle Arbeiter und Angestellten werden gekündigt

Im Ergebnis würden „alle Arbeitnehmer gekündigt und die Schiess GmbH zerschlagen“, heißt es in der Mitteilung. Zwar gebe es drei Interessenten, die sich für einen Teil der Firma interessieren. Die übergroße Mehrheit der Beschäftigten werde aber zum 1. April zum Arbeitsamt geschickt.

Sebastian Glaser, Sprecher der Schiess-Geschäftsführung, weist die Darstellung der Gewerkschaft als falsch zurück. Von Zerschlagung könne keine Rede sein.

Richtig sei, dass es bis zum Dienstag keine Zusage für eine gesellschafterfinanzierte Transfergesellschaft gab. Auch eine „große Lösung“, die eine Perspektive für den gesamten Betrieb bedeuten würde, zeichne sich nach derzeitigem Stand bis zum Monatsende nicht ab.

Eine „große Lösung“ meint entweder einen Investor oder einen Vergleich mit den Gläubigern im Insolvenzverfahren. Trotzdem würden die Verhandlungen auch über den 1. April hinaus weitergeführt. „Parallel dazu wird auch der Betrieb fortgeführt. Allerdings mit reduzierter Belegschaft, um die Sanierungschancen zu erhalten“, so Glaser.

Schiess-Geschäftsführung: Betrieb geht mit reduzierter Belegschaft weiter

Wie viele Kollegen entlassen werden, dazu konnte oder wollte Glaser keine Aussagen treffen. „Das weiß ich nicht“, sagte er auf Nachfrage. Fest steht: Ab 1. April muss das Unternehmen Löhne und Gehälter wieder selbst zahlen. Schiess Aschersleben musste am 24. Januar Insolvenz anmelden und beantragte die Insolvenz in Eigenverwaltung. Das bedeutet: Die unternehmerische Verantwortung bleibt in Händen der Geschäftsführung.

Das zuständige Amtsgericht setzt anstelle eines Insolvenzverwalters einen Sachwalter ein, dessen Rolle einem Aufsichtsrat vergleichbar ist. Die vorläufige Eigenverwaltung ist vom Insolvenzgericht auch genehmigt worden.

Gewerkschaft: Betriebsrat wurde über diese Entscheidung nicht informiert

Nach Einschätzung von Gewerkschafter Weber sei dieses Verfahren im Falle von Schiess „nicht zielführend“. Er kritisiert, dass der Betriebsrat vor dieser Entscheidung nicht gehört wurde und macht jahrelanges Missmanagement des chinesischen Gesellschafters für die jetzige Lage mitverantwortlich. Nach Ansicht des Betriebsrates und der IG Metall sei die Investorensuche „nur halbherzig betrieben worden.“

Laut Glaser will die Geschäftsführung nun mit Betriebsrat und Gewerkschaft über Details sprechen. Gesprochen wurde am späten Mittwochnachmittag aber erst einmal in der Landeshauptstadt. Eine Abordnung von Schiess-Beschäftigten war beim Ministerpräsidenten Reiner Haseloff in Magdeburg, „um an höchster Stelle um Unterstützung für die Beschäftigten zu werben“, so Weber. (mz)