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Unterwegs mit der Müllabfuhr Kreiswirtschaftsbetrieb Aschersleben: Als Journalistin bei der Müllabfuhr

Von Elisabeth Krafft 20.05.2016, 11:38
MZ-Mitarbeiterin Elisabeth Krafft (Mitte) hat die Mitarbeiter des Kreiswirtschaftsbetriebes begleitet.
MZ-Mitarbeiterin Elisabeth Krafft (Mitte) hat die Mitarbeiter des Kreiswirtschaftsbetriebes begleitet. Frank Gehrmann

Aschersleben - Mit lautem Getöse fällt der gepresste, braune Abfall rücklings aus dem angekippten Container. Es stinkt nach verfaulten Eiern und Dreck, modrig und staubig, ein paar Sägespäne und Federn wirbeln durch die Luft. Wenige Sekunden, nachdem die ersten Tonnen Müll auf dem Steinboden des Wertstoffhofes gelandet sind, folgt ihnen eine gigantische Wolke aus feinem Staub. Sie breitet sich über Blumenerde, Essensreste, einigen Flaschen und Säcken aus - hüllt den Abfall und Umstehende in grauen Dunst. Horst Dieter Kolaschinski, 54, hat sich in weiser Voraussicht einige Meter entfernt neben das Fahrerhaus des Müllwagens gestellt. „Ja, da lohnt sich das Duschen nach der Arbeit doch gleich richtig“, sagt er und grinst.

Kolaschinski und Patrick Wagener, 50, arbeiten für den Kreiswirtschaftsbetrieb des Salzlandkreises, kümmern sich um die Abfallentsorgung. Seit 6.30 Uhr sind die Männer bereits mit dem Müllwagen unterwegs, haben etwa 100 schwarze Tonnen in Cochstedt eingeladen, dem ersten Ort auf ihrer Route. Schadeleben und Friedrichsaue müssen noch abgefahren werden.

„Ich mag meine Arbeit wirklich, hab meine Ruhe und bin mit mir allein“, sagt Patrick Wagener, während er auf den Tritt am rechten Wagenende steigt. Der 50-Jährige ist über eine Leiharbeitsfirma zum Kreiswirtschaftsbetrieb gekommen. Immer dann, wenn Mitarbeiter des Eigenbetriebs wegen Krankheit oder Urlaub ausfallen, springt er ein. Mittlerweile schon so oft, dass Kolaschinski und er zu einem eingespielten Team geworden sind. Die Arbeitsteilung ist klar: Kolaschinski fährt das rund acht Meter lange Auto, hat die Seitenspiegel und den kleinen Bildschirm neben seinem Lenkrad immer im Blick. Über eine Kamera sieht er von dort aus hinter den Wagen - das dient auch der Sicherheit Wageners.

Ungeduldige Autofahrer sind gefährlich

Denn während der 50-jährige Lader die Tonnen vom Straßenrand aus zum Auto zieht, um sie an der Hebevorrichtung aufzuhängen, muss er sich auf Kolaschinskis wache Augen verlassen können. Regelmäßig fahren Autofahrer rasant und dicht an ihm vorbei, sagt er. Die meisten Leute könnten sich nicht gedulden, würden sich beschweren, weil sie zur Arbeit müssten und keine Zeit hätten, um zu warten. „Und wir sind mitten bei der Arbeit“, entgegnet Wagener den aufgebrachten Fahrern in solchen Momenten und schmunzelt beim Gedanken daran.

Um 10 Uhr ist es bereits 22 Grad warm. Wagener rückt sein Basecap über der nassen Stirn zurecht und hievt die nächste Tonne mit Hausmüll auf die Hebevorrichtung. „Ohne Mütze und robuste Sicherheitsschuhe könnte man den Job nicht machen“, sagt er. Das Basecap brauche er, um im Sommer keinen Hitzschlag zu bekommen, die Schuhe, weil er am Tag zwischen 20 und 30 Kilometer läuft. Spätestens aller zwei Monate seien deshalb neue Schuhe fällig. „Immerhin spare ich mir das Solarium und noch viel wichtiger: das Fitnessstudio“, sagt der 50-Jährige lächelnd.

Nicht jede schwarze Tonne, die an diesem Vormittag an der Straße steht, wird von Wagener und Kolaschinski ausgeleert. Stichprobenartig prüfen sie den Inhalt der Abfallbehälter auf Grünschnitt oder Steine, die nicht in den Hausmüll gehören. Werden sie fündig, befestigen sie einen „Beanstandungs-Sticker“ am Deckel. Nur wer ordnungsgemäß trennt, könne sicher sein, dass seine Mülltonnen geleert werden, sagt Wagener. „Wir haben mit den Jahren ein Gespür dafür entwickelt, wer schummelt.“ Auf dieser Tour lag er mit seinem Gefühl bei acht von zehn Tonnen richtig.

Ihre „Dorftouren“ finden Kolaschinski und Wagener übrigens weitaus entspannter als die Arbeit in der Stadt - wie zum Beispiel in Aschersleben. Zum einen wegen des gemäßigten Verkehrs, zum anderen weil sie hier von einigen Bewohnern sogar an der Tür begrüßt werden. „Man kennt sich nach all den Jahren“, sagt der Fahrer.

Auf ihrer Tour erwartet sie auch heute gegen elf Uhr wieder eine Dame mit weißen Haaren, die sich aus dem Dachfenster ihres Reihenhauses gelehnt hat, um nach den Müllmännern Ausschau zu halten. „Unsere Freundin“, sagt Wagener und winkt ihr zu. Die Dame könne nicht mehr gut laufen und würde jedes Mal darum bitten, dass man ihre schwarze Tonne direkt vor ihre Tür stelle. So auch an diesem Vormittag. „Klar machen wir das“, ruft Wagener und zieht die Abfalltonne einen kleinen Hügel zum Haus hinauf.

Am Vorurteil, Müllautos würden zum Himmel stinken, ist übrigens wenig bis nichts dran. Wenn der Wagen gegen elf Uhr zum ersten Mal geleert wird, befinden sich im Container zwar 7.740 Kilogramm Abfall - davon riecht man allerdings nichts. „Wenn wir im Hochsommer Biomüll transportieren, dann duftet es schon speziell. Ansonsten dringt eigentlich nichts nach draußen“, sagt Kolaschinski. (mz)

Horst Dieter Kolaschinski fährt  das rund acht Meter lange Auto, hat  die Seitenspiegel und den kleinen Bildschirm neben seinem Lenkrad  immer im Blick.  Über eine Kamera sieht er von dort aus hinter den Wagen  - das dient auch der Sicherheit Wageners.
Horst Dieter Kolaschinski fährt  das rund acht Meter lange Auto, hat  die Seitenspiegel und den kleinen Bildschirm neben seinem Lenkrad  immer im Blick.  Über eine Kamera sieht er von dort aus hinter den Wagen  - das dient auch der Sicherheit Wageners.
Frank Gehrmann
Patrick Wagener, 50, ist über eine Leiharbeitsfirma zum Kreiswirtschaftsbetrieb gekommen. Immer dann, wenn Mitarbeiter des Eigenbetriebs wegen Krankheit oder Urlaub ausfallen, springt er ein.
Patrick Wagener, 50, ist über eine Leiharbeitsfirma zum Kreiswirtschaftsbetrieb gekommen. Immer dann, wenn Mitarbeiter des Eigenbetriebs wegen Krankheit oder Urlaub ausfallen, springt er ein.
Frank Gehrmann
Mit lautem Getöse fällt der gepresste, braune Abfall rücklings aus dem angekippten Container. Es stinkt nach verfaulten Eiern und Dreck, modrig und staubig, ein paar Sägespäne und Federn wirbeln durch die Luft. Wenige Sekunden, nachdem die ersten Tonnen Müll auf dem Steinboden des Wertstoffhofes gelandet sind, folgt ihnen eine gigantische Wolke aus feinem Staub.
Mit lautem Getöse fällt der gepresste, braune Abfall rücklings aus dem angekippten Container. Es stinkt nach verfaulten Eiern und Dreck, modrig und staubig, ein paar Sägespäne und Federn wirbeln durch die Luft. Wenige Sekunden, nachdem die ersten Tonnen Müll auf dem Steinboden des Wertstoffhofes gelandet sind, folgt ihnen eine gigantische Wolke aus feinem Staub.
Frank Gehrmann