Kinder mit Bisswunden und blauen Flecken Kinder mit Bisswunden und blauen Flecken: Aschersleber wegen Kindesmisshandlung verurteilt

Aschersleben - Eine 27-jährige Frau und ein 32-jähriger Mann sind am Mittwoch vom Amtsgericht Aschersleben wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen jeweils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten - ausgesetzt zu drei Jahren auf Bewährung - verurteilt worden. Die leibliche Mutter aus einem kleinen Dorf im Saalekreis und ihr damaliger Lebensgefährte aus Aschersleben misshandelten demnach die drei ein- beziehungsweise zweijährigen Kinder im August 2014 über mehrere Wochen. Erst Kinderärzte am Klinikum Aschersleben beendeten die Qual. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Die beiden lediglich wegen Sachbeschädigung, Beleidigung und der Nutzung von verfassungswidrigen Kennzeichen vorbestraften Angeklagten ließen sich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft nicht ein. Insofern fiel es dem Gericht trotz einer sechsstündigen Verhandlung schwer, die einzelnen Taten nachzuweisen. Letztlich beruhte die Verurteilung auf den Befunden eines Rechtsmediziners.Den hatten die Kinderärzte wegen des Verdachts der Kindermisshandlung hinzugezogen. Dieser stellte dann auch die Strafanzeigen bei der Polizei. Aufgeflogen waren die Taten nur, weil eines der Kinder unter der Aufsicht des Lebensgefährten fast in der Badewanne ertrank und er den Notarzt informieren musste.
Mangelernährung und Schläge
Wie genau die Kinder in der Zeit nach dem Umzug aus dem Saalekreis nach Aschersleben misshandelt worden waren, konnte der Rechtsmediziner zwar nicht sagen, sein Vortrag ließ allerdings Rückschlüsse auf das Grauen zu, das den Kindern widerfahren war: Kopf, Oberkörper, Arme und Beine der beiden damals etwa einjährigen Zwillinge wiesen zahlreiche blaue Flecken auf - zugefügt möglicherweise mit einem Stock. Hinzu kamen eine unbehandelte Pilzinfektionen im Genitalbereich sowie eine Mangelernährung.
Das älteste Kind war laut dem Rechtsmediziner in einem noch schlimmeren Zustand. Neben blauen Flecken und Untergewicht fand der Experte Bissspuren und diagnostizierte aufgrund der zahlrechen Verletzungen sogar eine Blutarmut. Sein Befund: Alle Kinder wiesen einen drastischen Entwicklungsrückstand auf - sowohl körperlich als auch geistig. Der Experte sah zudem wenig Anlass, um an der Schuld des Paares zu zweifeln.
Wären die Zustände nicht entdeckt worden, hätten die Kinder dauerhafte Schäden davon tragen können. Das ist, soweit man das schon sagen kann, aber offenbar nicht der Fall. Nach Aussage einer Erzieherin aus Bernburg, die sich seit Mitte vergangenen Jahres sowohl um die Mutter als auch um die Kinder in einer speziellen Einrichtung kümmert, holen die Kinder die Entwicklungsrückstände dank intensiver Betreuung Stück für Stück nach. Auch die Mutter habe sich gefangen.
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Kaum Anzeichen für Misshandlung
Warum die Kinder misshandelt wurden, konnte nicht erklärt werden. Die Mutter, nach einer abgebrochenen Lehre zur Köchin arbeitslos, hatte im Saalekreis über mehrere Monate zwar einen Erziehungshelfer zur Seite, der gab allerdings an, dass es weder Anzeichen für eine Misshandlung noch für eine unzureichende Ernährung gab. Im Gegenteil: In seinem Zwischenbericht sprach der Erzieher sogar von einem „liebevollen Umgang“. Auch Kinderärzte sahen bei verschiedenen Vorsorgeuntersuchungen keine Anzeichen für Misshandlungen. Erst am Ende präsentierte die Verteidigung eine mögliche Erklärung zumindest für das Untergewicht: eine rund zehn Wochen andauernde Streptokokkeninfektion.
Das Schöffengericht um Richter Robert Schröter verhängte trotz der massiven Gewalteinwirkung ein mildes Urteil. Grund neben der günstigen Sozialprognose: Da die Angeklagten die Misshandlungen nicht einräumten, blieb ihm nach eigener Aussage nur die Verurteilung wegen Unterlassens, wie es jurististisch korrekt heißt.
Das bedeutet, dass der Partner nach Kenntnis der Verletzungen hätte handeln müssen. Daneben wurden die Kinder nachweislich nur über einen vergleichsweise kurzen Zeitraum misshandelt. Das Gericht blieb mit dem Urteil in Teilen unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung, die die Ergebnisse der Beweisaufnahme tatsächlich ähnlich bewerteten. Schröter, selbst mehrfacher Vater, zeigte sogar ein Stück weit Verständnis in seiner Urteilsbegründung: „Drei Kinder sind keine leichte Nummer, nicht nur für Leute, die schnell die Kontrolle verlieren.“ Der Richter forderte die Mutter deshalb eindringlich auf, sich professionelle Hilfe zu holen, falls notwendig. Ansonsten falle das nächste Urteil nicht mehr so milde aus. (mz)