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Kampf um Breitbandanschluss Kein Breitbandanschluss An der neuen Siedlung in Freckleben: Telekom hat Freckleben als voll erschlossen gemeldet

Von Detlef Anders 12.01.2021, 08:57
Franz Prantl zeigt Belege der DSL-Verfügbarkeitsprüfung von 2018 - wo „An der neuen Siedlung“ der Anschluss angekündigt ist - und heute.
Franz Prantl zeigt Belege der DSL-Verfügbarkeitsprüfung von 2018 - wo „An der neuen Siedlung“ der Anschluss angekündigt ist - und heute. Detlef Anders

Freckleben - Freckleben gilt seit einiger Zeit beim schnellen Internet als „voll erschlossen“. Als der Salzlandkreis nach einem Markterkundungsverfahren 2018 Erschließungsarbeiten für das schnelle Internet überall dort öffentlich ausschrieb, wo die Telekommunikationsunternehmen nicht eigenwirtschaftlich die Orte anschließen, war keine Straße in Freckleben aufgelistet.

In den letzten beiden Jahren wurden im Auftrag des Salzlandkreises dort, wo nicht eigenwirtschaftlich ausgebaut werden sollte, 32 Millionen Euro Fördermittel verbaut. Landrat Markus Bauer (SPD) hat dies gern als das „größte Projekt in der Geschichte des Salzlandkreises“ bezeichnet.

Deutsche Telekom erklärt, überall in Freckleben läge DSL 50 an

Für Freckleben soll die Deutsche Telekom bei der Markterkundung erklärt haben, dass überall im Ort mindestens DSL 50 anliegt, hieß es in der MZ. Doch bei Franz Prantl, der gleich am Ortseingang aus Richtung Drohndorf wohnt, „An der neuen Siedlung“, ist das nicht so.

„Ich zahle jeden Monat 36 Euro für 16 Mbit“, sagt Prantl. Tatsächlich sind es sogar noch weniger. Laut eigenen Speed-Tests liegen weniger als 9,7 Mbit im Download und maximal 2,9 Mbit im Upload an. Ein Knoten im Datenschlauch statt des versprochenen Turbo?

Eine schnellere Datenleitung kann Franz Prantl auch nicht beantragen, weil sie in seiner Straße in Freckleben nicht verfügbar ist. „Seit wann ich schnelles Internet will? Seit gestern!“

Dabei möchte der 73-Jährige nicht einmal Internetfernsehen in UHD-Qualität gucken oder datenintensive Filme über das Internet streamen. Der Rentner möchte einfach nur, dass sein Sohn, der seit März im Homeoffice arbeitet, bei Bedarf auch mal von Freckleben aus arbeiten könnte.

Homeoffice ist unter den Bedingungen nur mit Abstrichen möglich

„Hier ist das nicht möglich. Da gibt es in Südafrika ja schnelleres Internet als hier“, ärgert er sich. Franz Prantl ist - wenn man es sprichwörtlich nimmt - von Pontius zu Pilatus gerannt.

Der Rentner hatte mit einem Mitarbeiter der Deutschen Telekom gesprochen und, als die versprochenen schnellere Datenleitung nicht kam, das Thema bis zum Abwinken in Ortschaftsratssitzungen angesprochen und auf Antworten der Stadt gehofft.

Prantl startete sogar eine Unterschriftenaktion - mit mäßigem Erfolg. Er hat es bei der Bürgersprechstunde des Landkreises versucht, beim Haushaltsausschuss, beim MDR, er hat dann mit der für den Salzlandkreis gewählten Bundestagsabgeordneten Heike Brehmer (CDU) Kontakt aufgenommen und sich an den Landtagsabgeordneten Detlef Gürth gewandt, damit diese Einfluss auf die Deutsche Telekom nehmen.

Auch mit dem zuständigen Amt des Salzlandkreises führte Prantl Schriftverkehr. Doch alle Bemühungen blieben bislang ohne Erfolg. Nun bittet er die MZ um Hilfe.

Prantl zeigt sogar den Screenshot einer Netzverfügbarkeitskarte auf der Telekom-Internetseite vom 8. August 2018, auf der der VDSL-50-Ausbau in seiner Straße für Anfang August 2018 deklariert ist. Doch nichts passierte, obwohl er in der Zeitung von noch schnellerem Internet als VDSL50 für Freckleben und andere Ortsteile Ascherslebens gesprochen wurde.

„Ende des Jahres könnten mit zugeschalteter Vectoring-Technologie auch höhere Übertragungsraten erreicht werden, sodass es hier keinen weiteren Ausbau geben werde“, liest Prantl aus dem MZ-Beitrag vom 13. März 2018 vor.

„Der Landkreis hat entweder getrieft bei der Vertragsgestaltung oder die Telekom hat geschwindelt. Die zwei Varianten gibt es nur“, überlegt Prantl. Der Landkreis habe ihm inzwischen geschrieben, dass nicht bekannt war, dass an der neuen Siedlung kein Ausbau erfolgt ist, berichtet er.

Die Telekom habe Freckleben als voll erschlossen gemeldet. Frau Brehmer habe ihm inzwischen geantwortet und geschrieben, dass sie mit der Telekom Verbindung aufgenommen hat.

„Warum werden wir hier abgehängt“, fragt Prantl. Es sei doch von Gleichschaltung von Stadt und Land die Rede. Dass überall gleiche Bedingungen sein sollen. „Und das Internet ist ein wichtiges Ding. Was sie versprechen, das sollen sie halten“, betont er und zeigt einen ausgeschnittenen MZ-Artikel, in dem Landrat Markus Bauer (SPD) zitiert wird.

Zur Ursache der schlechten Datenleitung hat der Rentner eine Vermutung: Die Leitungen seien damals von Wiederstedt aus bis zum Schlossberg nach Freckleben gezogen worden, schildert er. „Am Schlossberg unten und 100 Meter weiter stehen zwei Verteiler.

Die haben normalerweise 500 Meter Versorgungsbereich und da stehen sie nebeneinander“, sagt Prantl. Deshalb haben alle im Umfeld das schnelle Internet. Nur bei ihm, laut Routenplaner in 1,4 Kilometer entfernt, reicht es nicht. „Wenn sie es im Ortskern aufgebaut hätten, dann hätte es auch bis hierher gereicht“, ist er überzeugt.

Prantl fragt sich, warum nicht ein Verteilerkasten hinter der Wipper gesetzt wurde. 650 Meter vor Prantls Haus endet nämlich laut Netzverfügbarkeitskarte die Anschlussmöglichkeit für DSL. Auch in Drohndorf, 700 Meter entfernt, ist DSL verfügbar.

„Auskunft kann hierzu nur der Landkreis geben“, sagt der Sprecher der Telekom 

Auf MZ-Nachfrage ist Unternehmenssprecher Georg von Wagner kurz angebunden: „Dazu gibt es aus unserer Sicht nichts weiter zu sagen. Auskunft kann hierzu nur der Landkreis geben.“ Zur Frage des Abstands der Verteilerkästen erklärt von Wagner:

„Der Versorgungsradius eines Verteilers der Telekom richtet sich nach der Größe des Verteilers und nach der Anzahl der darin angeschalteten Kunden - generell von 500 Meter Versorgungsradius zu sprechen, ist somit irreführend.“

Interesse an einer Problemlösung hat der Landkreis. „Landrat Markus Bauer wies bereits bei der Vertragsunterzeichnung darauf hin, dass er davon ausgeht, dass die Zusagen der Unternehmen auch eingehalten werden“, teilt Kreissprecherin Marianne Bothe mit. „Gleichwohl gibt es keine Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhalten der Zusagen.“

Der Landrat habe die Geschäftsführungen auf die Versprechen hingewiesen. In einem Prantl vorliegenden Schreiben des Landrates an Heike Brehmer heißt es, dass die Nichtversorgung der gemeldeten Eigenausbauareale der Telekom nicht nur Freckleben betrifft. 

Und es gibt Areale im Landkreis, die trotz Ausbaubekundung nicht über die entsprechenden Bandbreiten verfügen. Der Salzlandkreis hat diese Areale erfasst. Bauer teilte der CDU-Bundestagsabgeordneten im April mit, dass er ein Gespräch mit der Telekom-Vorstandsbeauftragten nutzen will, um den angekündigten Eigenausbau einzufordern.

Landrat Bauer will mit der Telekom sprechen

Auf MZ-Anfrage teilt Marianne Bothe mit, dass immer wieder Einzelfälle wie der in Freckleben gemeldet werden, mit dem Ausbau aber vorangekommen werde. Erste Städte sind vollständig mit mindestens 50 Mbit je Sekunde versorgt.

In Aschersleben „ist man fast fertig“. Landrat Bauer werde im Januar ein Gespräch mit der Telekom führen, teilt Marianne Bothe mit. Nur dort, wo die Telekommunikationsunternehmen nicht eigenwirtschaftlich ausbauen wollten, war eine öffentliche Förderung möglich. Kann Franz Prantl weiter hoffen? (mz)

Am 18. August 2018 entstand die Grafik, die zeigt, dass das Haus „An der neuen Siedlung“ in Freckleben im August 2018 angeschlossen werden sollte.
Am 18. August 2018 entstand die Grafik, die zeigt, dass das Haus „An der neuen Siedlung“ in Freckleben im August 2018 angeschlossen werden sollte.
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