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Karat Karat: Sieben Brücken nach Aschersleben

16.05.2011, 16:58

ASCHERSEBEN/MZ. - Seit 1975 ist die Band "Karat" ein Begriff für gute Musik, eine Institution des anspruchsvollen Deutschrocks. "Karat" besingt den "König der Welt", fliegt mit dem "Albatros" und belauscht den "Schwanenkönig". Ihre Lieder bleiben im Ohr, hallen nach. Nicht zuletzt "Über sieben Brücken musst du geh'n..." Am Sonnabend, dem 28. Mai, kommt die Kultband nach Aschersleben. Ab 21 Uhr steht sie auf der Bühne in der Ballhaus-Arena. Mit Frontmann Claudius Dreilich, der die Nachfolge seines verstorbenen Vaters - des Rocksängers Herbert Dreilich - antrat und die Erfolgsgeschichte der Band seither fortschreibt, sprach Susanne Thon.

Feiern und sich feiern lassen. 2010 war Ihr Jahr - 35 Jahre Karat. Wie haben Sie das Jubiläum erlebt?

Dreilich: Das letzte Jahr ist für uns sehr gut gelaufen. Es war wirklich viel los, wir hatten viel zu tun und waren wenig zu Hause. Aber es hat unheimlich Spaß gemacht. Wir hatten schöne Veranstaltungen, haben eine schöne Jubiläumstour gemacht und es sogar geschafft, einige Sachen herauszubringen - zwei DVD, die CD, und ein Buch ist auch noch erschienen. Der 35. Geburtstag war ein sehr erfolgreicher Geburtstag für Karat.

...auch ein kräftezehrender? Ab einem gewissen Alter steckt man ja manches nicht mehr so leicht weg. Wie schaut's da bei Ihnen aus?

Dreilich: Ich will's mal so sagen: Der Alkoholkonsum ist ein bisschen zurückgegangen. Das verkraftet man nicht mehr so dolle. Ansonsten sind wir alle körperlich fit und halten uns fit. Drei von uns treiben relativ viel Sport, einer geht tanzen und der andere mit seinem Hund permanent in den Wald. Und das Adrenalin hält einen oben - auf der Bühne.

Bevor Sie da raufgehen, haben Sie irgendwelche Rituale, Gewohnheiten oder ist das reine Routine?

Dreilich: Ich will's nicht Routine nennen. Es ist so, dass wir uns eine Stunde vor Auftritt in der Regel zurückziehen und in der Garderobe für uns alleine sind, uns gar nicht konzentriert auf etwas vorbereiten, mehr so, um zur Ruhe zu kommen. Und kurz vorm Auftritt nehmen wir uns alle noch mal in den Arm und dann geht's los.

Mit oder ohne Lampenfieber?

Dreilich: Ich persönlich habe nicht wirklich Lampenfieber. Lampenfieber ist ja eher hinderlich, hat ja was mit Angst zu tun. Wir sind alle mächtig aufgeregt vorm Auftritt, das ist wie bei einem Leistungssportler, der losrennen soll.

2005 haben Sie Ihren Vater als Sänger beerbt. Wie war das für Sie?

Dreilich: Ich werde das oft gefragt. Die Kollegen haben es mir relativ leicht gemacht. Ich bin mit der Band großgeworden. Wir kennen uns seit meinem ersten Lebensjahr, also über 40 Jahre. Von daher war das nicht wirklich ein Problem. Wir mussten nur lernen, miteinander zu arbeiten und eben nicht nur zu feiern. Ich war plötzlich nicht mehr die Privatperson Claudius Dreilich, sondern der Sänger.

Und wie ist das bei den Fans angekommen?

Dreilich: Im Großen und Ganzen sehr positiv. Wir wussten ja nicht, ob das funktioniert und ob es die Leute so annehmen. Wir haben uns sehr gut vorbereitet, wir haben sehr viel geprobt - das tun wir im Übrigen immer noch. Aber ich glaube, ich hab sehr viel Bonuspunkte gehabt. Die Fans waren sehr gut zu uns - und sind es immer noch. Es gab nur ein paar einzelne Unkenrufe - die muss es ja auch geben -, "na ja, Ihr Vater, der hat es so und so gemacht..." Aber ich bin ja auch nicht auf die Bühne gegangen, um etwas nachzumachen. Ich hab gesagt, ich mach es so, wie ich der Meinung bin, dass ich's machen sollte. Dass es ähnliche Phrasierungen in der Stimme gibt zwischen mir und meinem Vater, das kann man nicht üben, das ist gottgegeben, da haben wir Glück gehabt. Ansonsten: Ich bin keine Kopie.

Also steckt eher weniger Herbert Dreilich in Claudius Dreilich?

Dreilich: Mein Vater war eher introvertiert. Und ich bin eher extrovertiert. Ich kommuniziere eher mit dem Publikum. Das hat meinem Vater nicht so gelegen. Es ist nicht besser oder schlechter. Es ist anders.

Karat ist wohl der Inbegriff des Ostrocks. Sehen Sie sich eigentlich als Ostrock- oder als gesamtdeutsche Rockband?

Dreilich: Wir haben uns immer als gesamtdeutsche Band verstanden. Schon vor dem Hintergrund, dass Karat auch, als es noch die DDR gab, viel in der Bundesrepublik unterwegs war. Ich würde sagen, der Titel "Ostrock", der gehört zur Karat-Geschichte. Da sind wir stolz drauf, weil da Erfolge gefeiert wurden, die nicht vergessen sind. Aber wenn man sich überlegt, dass es jetzt über 20 Jahre her ist, dass die Mauer gefallen ist, und es Karat 35 Jahre gibt - also 15 Jahre in der DDR

und 20 Jahre in Gesamtdeutschland -, erübrigt sich die Frage.

Merkt man dennoch Unterschiede, ob Sie vor einem Publikum in Ost oder West spielen?

Dreilich: Ich würde sagen, dass die Leute in den neuen Bundesländern ein bisschen nostalgischer sind, mehr noch in den Erinnerungen schwelgen, als in den alten Bundesländern. Aber von der Euphorie her, und wie uns die Leute gegenübertreten, würde ich nicht wirklich Unterschiede machen wollen. Vielleicht kommen in den neuen Bundesländern auch ein paar mehr Leute zu den Konzerten. Die Reaktion, mit der wir empfangen werden, ist aber überall gleich.

Wenn man Karat hört, denkt man an Ostrock,

und seit 1978 auch an einen bestimmten Hit: "Über sieben Brücken musst du geh'n..." Wie ist der Song damals entstanden?

Dreilich: Sehr schnell. Das war in einer Zeit, als Karat unglaublich viel zu tun hatte. Da ist man an Ed Swilms herangetreten mit der Bitte, eine Filmmusik zu schreiben. Der Text dazu stand. Den hatte Professor Helmut Richter damals schon geschrieben. Der Titel wurde nicht mal im Tonstudio aufgezeichnet, sondern in einem Kino in Grünau. Dass der Song so einschlägiger Erfolg wird - damit hat damals niemand gerechnet.

Was hören Sie privat für Musik?

Dreilich: Ich beschäftige mich sehr viel mit klassischer Musik, aber auch mit den alten Heroes wie Pink Floyd, Bruce Springsteen und den Rolling Stones. Unserem Keyboarder geht's ähnlich. Unser Schlagzeuger ist da am weitesten vorn. Der geht immer zu den Konzerten von den Jungen Wilden, die aus den nordischen Ländern kommen, die gar nichts mit Kommerz zu tun haben. So hört jeder seins. Das ist wichtig, man muss sich ja Inspirationen holen.

Jeder hört seins! Und im Tourbus einigen Sie sich?

Dreilich: Wir haben keinen Tourbus, wir sind alle mit eigenen Autos unterwegs, aber nicht, weil wir nichts miteinander zu tun haben wollen. Das hat logistische Gründe.

Am 28. Mai steuern Sie Aschersleben an. Letztes Jahr waren Sie zuletzt in der Einestadt. Können Sie sich daran erinnern?

Dreilich: Oh, oh, oh... Ich bin ganz ehrlich: Es wäre vermessen zu sagen, ich kann mich noch ganz genau an Aschersleben erinnern - bei der Menge Konzerte, die wir gemacht haben. Was ich aber mit Aschersleben verbinde, ist meine Kindheit und Jugend. Da ich gebürtiger Hallenser und immer noch sehr oft in Halle bin, kenne ich Aschersleben und mag es. Wir haben auch mal eine Klassenfahrt nach Aschersleben gemacht. Das ist wirklich schon sehr lange her. Es war Sommer. Wir haben irgendetwas gesucht und waren irgendwo essen und dann sind wir mit dem Zug zurück nach Halle gefahren - wie das früher war.

Früher Klassenfahrt, heute Tour. Worauf darf sich das Ascherslebener Publikum denn freuen?

Dreilich: Ich verrate nicht alles, aber es werden natürlich Titel gespielt wie "Blauer Planet...", "Albatros..." und "Über sieben Brücken..." Auch vom aktuellen Album "Weitergeh'n..." spielen wir was. Alles andere wird spontan. Ich würde mal sagen, es ist eine Zeitreise von Beginn bis heute.

Eintrittskarten für das Konzert sind in der Tourist-Information Aschersleben, Hecknerstraße 6, (Telefon 03473 / 840 94 40), oder im Ballhaus, Seegraben 7 (Telefon 03473 / 22 62 00) erhältlich.