Viele Schäden Ignatz fegt durchs Salzland - Bilanz eines stürmischen Tages
Auch in Aschersleben und dem Seeland lässt der Sturm Äste herunterkrachen. Im Zoo wird das Ozelotgehege total zerstört, in Nachterstedt ein Haus beschädigt.
Aschersleben/Seeland/MZ - Die Bilder sind dramatisch und zeugen von Unvernunft: Auf dem Brocken, der vom Seeland aus zu sehen ist, kämpfen sich Familien samt Nachwuchs, Kinderwagen und Hund durch den Sturm. Obwohl seit Tagen vor Sturmtief Ignatz, das am gestrigen Donnerstag mit heftigen Orkanböen über Deutschland hinwegfegte, gewarnt wurde. Die starken Winde sind auch in Aschersleben und im Seeland angekommen, wenn auch nicht mit solch heftiger Wucht. Schaden haben sie dennoch angerichtet.
Mittags wird es gefährlich
Noch am Morgen konnte Niko Przybille, Wehrleiter im Seeland, beruhigen: „In der Nacht hat es keine Schäden gegeben - alles war ruhig.“ Ähnliche Meldungen kamen von den Ascherslebener Kameraden. Die waren zwar in den Morgenstunden zu einem Unfall ausgerückt - an der Abfahrt der A36 Aschersleben-Mitte waren drei Fahrzeuge zusammengekracht und zwei Menschen verletzt worden -, doch das hatte nichts mit dem Unwetter zu tun.
Am Mittag gingen dann doch die Sirenen: ein Sturmschaden auf dem Ascherslebener Stephanikirchhof. Ein riesiger Ast war heruntergekommen und hatte dabei zwei Fahrzeuge beschädigt. Der Übeltäter wurde von der Feuerwehr mit der Kettensäge zerlegt. Doch die riesigen Haufen aus Holz und Ästen sollten nicht die einzigen bleiben. „Auch der Rest muss weg, sonst kommt der nachher auch noch runter“, zeigt René Knoblauch angesichts der Voraussage, dass es am Mittag noch heftiger werden sollte, auf die anderen kahlen Äste.
Und so fährt ein Kamerad die Drehleiter an den Baum heran, damit die Fachleute mit der Kettensäge bis nach oben kommen. Was nicht einfach ist. „Von der Parksituation her ist das eine der schwierigsten Stellen. Der Kirchhof ist sehr winklig“, sagt Knoblauch nämlich.
Kurze Zeit später heulen die Sirenen auch im Seeland. „Wir sind am Mittag zu drei Sturmschäden ausgerückt“, bilanziert Przybille später. Der größte hatte sich in Nachterstedt in der Friedrich-Weddeler-Straße ereignet. „Dort ist eine große Kastanie auf ein Einfamilienhaus gefallen, so dass die Bewohner nicht mehr herauskamen.“
Bei den anderen beiden Einsätzen mussten die Kameraden große Äste beseitigen, die auf die Landstraße gefallen waren. Einmal zwischen Gatersleben und Nachterstedt und einmal zwischen Frose und Reinstedt, berichtet der Stadtwehrleiter. Verletzte gab es glücklicherweise nicht.
Auch die Aschersleber Kulturanstalt hat bereits am Morgen reagiert. „Der Zoo Aschersleben sowie Stadtpark und Eine-Terrasse bleiben aufgrund der heutigen Unwetterwarnung aus Sicherheitsgründen geschlossen“, erklärt Aka-Chef Matthias Poeschel. „Durch die noch vorhandene Belaubung der Bäume und die Schädigung durch die Trockenheit der vergangenen Jahre besteht nämlich vermehrt die Gefahr, dass Äste und Zweige herabstürzen. Die Notwendigkeit der Sperrung ist auch durch den dichten Baumbestand gegeben.“ Die Herrenbreite dürfe jedoch offen bleiben, weil es dort nicht so viele und nicht so alte Bäume gebe.
Eine Vorsichtsmaßnahme, die sich auszahlt. Noch am Morgen berichtet Zooleiter Alexander Beck von nur einem kleinen Baum, der auf die Ponyanlage stürzt ist. Ein Schaden, den die Mitarbeiter noch selbst beheben können. Doch ab Mittag hisst die Einrichtung die weiße Flagge. Da fällt eine riesige Buche auf das Ozelot-Gehege und zerstört es komplett.
„Das ist ein Totalschaden: von der Elektrik über die Fenster bis zum Dach - alles hin“, beklagt der Zoochef und überlegt: „Das ist locker ein Schaden von 50- bis 60.000 Euro.“
Den beiden Ozelots - Kater und Katze - ist zum Glück nichts passiert. Sie konnten unversehrt in Sicherheit gebracht werden. Doch die Äste des großen Baumes - der herausgebrochene Wurzelteller ist über zwei Meter hoch - scheinen überall zu sein. Sie haben sich durch das Dach des Innengeheges der Raubkatzen gespießt, liegen auf dem Weg und auf dem benachbarten Gehege der Muntjaks. „Geflohen wären die Tiere aber nicht. Wenn sie eine Bedrohung sehen, bleiben sie dort, wo sie sind.“
Kontrollgang durch den Zoo
Ein Stück weiter - am Gehege der Amurleoparden - ist ein Ahorn zersplittert. Beck ist auf Kontrollgang durch den Zoo. Überall entdeckt er schief hängende Bäume. Besorgt sucht er den zweiten Uhu, der sich aber nur versteckt hat, schaut nach den Flamingos, die grade in der Brutphase sind, und hofft, dass deren Winterquartier verschont bleibt.
Der Zoo müsse aber in den kommenden Tagen geschlossen bleiben. Zur Sicherheit. Seine Mitarbeiter gehen trotz der Schließung ihrem Tagesgeschäft nach. „Die Tiere müssen ja versorgt werden“, sagt Beck. Und die Äste müssen weg. Zum Glück gebe es in der Kulturanstalt einen Mitarbeiter, der sich um den Baumbruch kümmern dürfe. Denn die Firmen werden jetzt sicher ausgebucht sein. „Doch heute geht mir da niemand mehr an die Bäume. Da muss es erst windstill sein.“