Hohes Tor in großer Tiefe
Aschersleben/MZ. - Dass hier im Mittelalter tatsächlich ein repräsentatives Tor den Eingang zur Stadt markiert haben muss, konnte jetzt nachgewiesen und vorstellbar gemacht werden.
Archäologische Grabungen im Zusammenhang mit dem Ausbau der Hohen Straße, die von Gerhard Christ fachlich begleitet wurden, haben Interessantes zutage gefördert. Über die Ergebnisse berichtete er auf der Jahresversammlung des Förderkreises (siehe auch nebenstehenden Beitrag). Eine Halbschale etwa an der Stelle, an der sich heute eine kleine Grünanlage befindet, und Mauerwerk in ca. sieben Metern Tiefe kennzeichnen die Lage der beiden Tortürme.
Der Verlauf der Straße damals kann nicht identisch gewesen sein mit dem Verlauf der Hohen Straße heute, und auch der Wassergraben vor der Futtermauer, die die eigentliche Stadtmauer abschirmte, war wohl nicht so breit, wie gemeinhin angenommen wird. Mit Hilfe von Bauakten, Zeichnungen und Bauunterlagen ist es Gerhard Christ gelungen, eine Zeichnung anzufertigen, die einen ungefähren Eindruck von der Toranlage vermitteln kann.
Die Idee, diesen Teil der Stadtbefestigung, der sich in sechs bis sieben Metern Tiefe befindet, freizulegen, beschäftigt inzwischen nicht nur das Bauamt der Stadtverwaltung, sondern hat auch den Vorstand des Förderkreises erfasst. Dass es sich bisher tatsächlich nur um eine Idee handelt, machte Architekt Gernot Lindemann in seinen Ausführungen deutlich. Die Frage, was eine Freilegung rechtfertigen würde, stellte er dabei an den Anfang und ging von der städtebaulichen Situation am Hohen Tor aus. So wie im Mittelalter, sei die Hohe Straße auch heute noch ein wichtiger "Eingang" in die Stadt. Ein Eingang allerdings, der alles andere als repräsentativ ist. Das ansprechend sanierte Gründerzeithaus auf der linken Seite (Blick in Richtung Markt) findet kein rechtes Pendant. Originalteile der Stadtbefestigung sind an dieser Stelle zum Teil überbaut.
Lindemann erklärte, wie die Stadtbefestigung angelegt war: Die Futter- oder Zwingermauer, die heute oberirdisch nicht mehr zu sehen ist, stellte für Feinde die erste Hürde dar. Erst dahinter bildete die heute noch sichtbare Stadtmauer das nächste Bollwerk, "von dem aus die Angreifer dann mit Pech und Schwefel versorgt wurden", scherzte der Architekt.
"Eine Freilegung an dieser Stelle würde die einmalige Gelegenheit bieten, die Funktion der Stadtbefestigungsanlage einmal plausibel zu machen", erklärt Lindemann. Der Besucher könnte vom Gehweg aus fünf Meter in die Tiefe zur Sohle des Grabens schauen und sähe einen Vertikalschnitt durch die Anlage. Eine Treppe könnte nach unten führen, und hier wäre sicher auch Platz für Erläuterungen und Erklärungen an Anschauungstafeln. Zudem könnte hier, wenn das Areal entsprechend gestaltet würde, "ein angenehmer Aufenthaltsort" entstehen. Außerdem könnte die städtebauliche Situation an dieser prägnanten Stelle verbessert werden, listet der Architekt auf.
Der nächste Schritt, so Lindemann, wäre ein Modell, das die unterschiedlichen Höhen darstellt.
Die Frage nach den Kosten, die aus den Reihen der Förderkreismitglieder gestellt wurde, kann bisher noch niemand beantworten. "Dazu ist es einfach noch zu früh", so Bauamtsleiterin Ria Uhlig.