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Hochdruck bis zum scharfen Start

Von HARALD VOPEL 20.10.2009, 16:36

ASCHERSLEBEN/MZ. - In der vergangenen Woche wurde der bisher größten Industrieinvestition im Ascherslebener Gewerbegebiet an der Güstener Straße vom Landesverwaltungsamt die Betriebsgenehmigung erteilt.

Im Vorfeld hatte sich im Zusammenhang mit der Antragstellung zur Betriebsgenehmigung eine Initiative Ascherslebener Bürger, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gewerbegebiet wohnen, für eine Reihe von Umweltschutzauflagen starkgemacht. Die Anwohner befürchten unter anderem Beeinträchtigungen durch Luftemissionen und Lärm. Darauf angesprochen, sagte Michael Päschel, dass man alle Auflagen des Landesverwaltungsamtes erfüllen werde. Unter anderem sei man besonders darauf stolz, dass außer dem Endprodukt und Wasserdampf kein anderer Stoff die Fabrik verlassen werde. Vielmehr würden alle anfallenden "Abfälle" wieder dem Produktionskreislauf als Recyclingmaterial zugeführt. Eine Anwohnerin erklärte dazu am Dienstag, man werde - durch die Nachbarschaft bedingt sogar gezwungenermaßen - die Entwicklung genau im Auge behalten.

Engagierte Mitarbeiter

Gegenwärtig sind rund 40 Arbeiter, darunter 27 bereits fest bei der Petraluxe GmbH eingestellte gewerbliche Mitarbeiter dabei, letzte Hand anzulegen, um die erste Produktionsphase der über 40 Millionen teuren Anlage startklar zu machen. Es wird geschraubt, gebohrt, geschweißt, geschliffen und immer wieder kontrolliert. Mit Beginn des kommenden Jahres soll es soweit sein, sind sich Petraluxe-Generaldirektor Michael Päschel und Prokurist Maxim Chernyshev sicher. Dann werden die ersten Fliesen vom Band rollen. Zunächst noch in kleinerer Auflage. Für alle Beteiligten ist die Art, wie in Aschersleben Keramik gemacht werden soll, absolutes Neuland. Und das weltweit.

Zwar gab es schon einmal eine ähnliche Anlage im Kleinformat in Portugal, die habe es aus unterschiedlichsten Gründen allerdings nicht bis zur Produktionsreife geschafft, weiß Päschel. In Aschersleben seien dagegen die Voraussetzungen so gut wie optimal. "Wenn es funktioniert, dann hier", sagt der Generaldirektor und spielt damit auf die aus seiner Sicht sehr guten Standortbedingungen an. Und weiter: "Eine der wichtigsten Grundlage sind die engagierten Mitarbeiter, die zu 95 Prozent aus Aschersleben und Umgebung kommen und das gewisse Feingefühl für die Grundstoffe und deren Verarbeitung mitbringen." Trotzdem ist für alle "Learning by Doing" angesagt. Denn was hier gemacht wird, wurde vorher noch nirgends ausprobiert.

Auf Kinderkrankheiten gefasst

Die Technologie muss bis zum Erreichen der vollen Produktionskapazität über einen bestimmten Zeitraum langsam hochgefahren werden. "Dabei sind wir in Anbetracht der Neuartigkeit unserer Verfahrensweise darauf vorbereitet, eine Reihe von Kinderkrankheiten beheben zu müssen", ist sich Päschel sicher. Später sollen im Schichtbetrieb 24 Stunden am Tag Keramikplatten mit für dieses Produkt bisher außergewöhnlichen Eigenschaften hergestellt werden - in Größenordnungen von 120 mal 60 Zentimeter bis zu 240 mal 120 Zentimeter, bei einer Stärke von sechs bis zu 27 Millimeter. Das hänge ganz von den Kundenwünschen ab. Die Platten können beispielsweise an Gebäudefassaden, aber auch im Innenausbau Verwendung finden, sind aber noch weitaus kreativer einsetzbar.

Überhaupt sei ein hohes Maß an Exklusivität auf dem Weltmarkt das Ziel des Ascherslebener Unternehmens, sagt der Generaldirektor. Die Produktpalette soll deshalb ständig der Nachfrage angepasst werden. Es ist geplant, neben der reinen Produktion auch ein eigenes Entwicklungslabor einzurichten. Dort können neue Rezepturen für die keramische Grundmasse, aber auch neue Designs auf den Weg gebracht werden.

Wenn die Produktion ihren Vollbetrieb aufnimmt, werden bei Petraluxe 120 bis 150 gewerbliche Beschäftigte arbeiten, sagt Michael Päschel. Außerdem werden Lehrlinge - gegenwärtig sind es fünf - zum Industriekeramiker ausgebildet. Sollte das Produkt so einschlagen wie erwartet, dann stehe in Zukunft einer weiteren Aufstockung nichts im Wege. Auf dem im Gewerbegebiet an der Güstener Straße erworbenen Grundstück ist sogar Platz für den Bau einer zweiten Produktionshalle, wagt der Technische Leiter, Ingo Knüppel, einen Blick in die Zukunft.

Überhaupt soll das gesamte Firmengelände auch optisch so etwas wie ein Aushängeschild des Gewerbegebiets werden. "Mehrere hundert Bäume werden angepflanzt und Bänke aufgestellt", sagt Prokurist Chernyshev. "Die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen", ergänzt der Generaldirektor. Der verweist gleichzeitig darauf, dass sich das Unternehmen auch eine eigene Küche leisten wird. Und weiter: "Bei uns wird selbst gekocht, und das zu einem Preis, den sich jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin leisten kann", stellt er fast schon paradiesische Zustände in Aussicht.