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Herbert Köppe Herbert Köppe: Der vergessene Maler aus Aschersleben

Von harald vopel 10.02.2015, 15:13
Der Maler Herbert Köppe
Der Maler Herbert Köppe Museum Aschersleben Lizenz

aschersleben - Heidrun Benkmann ist im vergangenen Jahr mit großen Erwartungen nach Aschersleben gereist. Genau 50 Jahre nach ihrem ersten Besuch an der Eine. In Anbetracht der Erwartungen geriet der jüngste Besuch für die Stuttgarterin allerdings einigermaßen ernüchternd, war sie doch auf den Spuren ihres Patenonkels unterwegs. Dass der 1991 verstorben war, das wusste die 66-Jährige - dass er in Aschersleben inzwischen so gut wie vergessen ist, das hat sie dann doch betroffen gemacht.

„Ich hatte gedacht, dass ich in der Heimatstadt von Herbert Köppe - dem Patenonkel - ins Museum gehen und dort vor vielen seiner Bilder stehen könnte“, sagt Heidrun Benkmann am Telefon. Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Dafür zunächst Achselzucken bei den Museumsmitarbeitern. Herbert Köppe? Kein Begriff! Auch der Versuch, vielleicht einen noch lebenden Angehörigen von Herbert Köppe aufzuspüren, scheiterte. Beim Amtsgericht begegnete man ihr zwar freundlich, aber genau so bestimmt - und sogar schriftlich - mit dem Hinweis, dass man aus Zeit- und Kostengründen in der Sache nicht weiterhelfen könne. Warum der Ascherslebener Maler und Grafiker Köppe irgendwann aus dem Bewusstsein der Ascherslebener Kunst-Szene verschwunden ist, bleibt Heidrun Benkmann ein Rätsel.

Spurensuche

Wer war also Herbert Köppe? Die MZ hat recherchiert: Jahrgang 1904, geboren in Aschersleben, hatte Köppe zunächst als Maschinenbauschlosser und Technischer Zeichner gearbeitet. Wie in einem Artikel der Lokalzeitung „Freiheit“ vom 23. Juni 1954 zu lesen ist, gehörte von frühester Jugend an „seine Liebe und sein Fleiß der Mal- und Zeichenkunst. Seine geringe Freizeit und seine Abendstunden widmete er einem ernsthaften Kunststudium.“ Am liebsten sei er dorthin auf Montage gegangen, wo er Gelegenheit hatte, an Akademien oder Kunstschulen Abendunterricht zu nehmen, berichtete seinerzeit die „Freiheit“.

Im Museum der Stadt Aschersleben befindet sich ein Werk des Malers Herbert Köppe mit dem Titel „Aktivist Alfs“ (oben). Interessierte Besuchen können das Werk aus dem Jahr 1963 ab sofort als „Exponat des Monats“ besichtigen.

Die Patentochter des 1991 verstorbenen Künstlers, Heidrun Benkmann aus Stuttgart, sucht nach Angehörigen von Herbert Köppe (r.). Die könnten sich unter anderem bei der Mitteldeutschen Zeitung unter der Telefonnummer 03473/7990253 melden.

Die MZ fragt: Wer kann vielleicht Hinweise zum Verbleib weiterer Werke von Herbert Köppe geben, oder wer kannte den Künstler noch persönlich und kann die eine oder andere Episode aus dessen Leben erzählen. Die Geschichten könnten dann in der Mitteldeutschen Zeitung veröffentlicht werden. Die Redaktion erreichen Sie unter der Telefonnummer 03473/7990250 oder per Mail unter [email protected].

Das muss zum Erfolg geführt haben, denn Herbert Köppe, der auch Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR war, arbeitete schließlich als Freischaffender Künstler. Seine Bilder, nicht selten Motive aus der Arbeitswelt, meist gemalt in der Manier des sozialistischen Realismus, hingen unter anderem in mehreren Kunstausstellungen der DDR neben Werken von Tübke, Heisig oder Sitte. Ein Porträt war in den 1950er Jahren im Rahmen einer Exposition in Moskau zu sehen. Entstanden sind die meisten Bilder direkt vor Ort - in den Betrieben. Unter anderem im Tagebau Nachterstedt, in der Werkzeugmaschinenfabrik (Wema) Aschersleben, im Kali-Bergwerk Gröna oder in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) Aderstedt. So malte Herbert Köppe ein großformatiges Bild in Aderstedt, auf dem er LPG-Bauern während einer Arbeitspause zeigt. Das Gemälde war der Mittelpunkt einer Köppe-Ausstellung in Bernburg im Jahr 1959 und soll dort für viele Diskussionen gesorgt haben.

Schließlich waren es aber nicht nur die „Bilder aus der Produktion“, denen sich der Ascherslebener gewidmet hat. Herbert Köppe war auch viel in der Natur unterwegs, wo er Skizzen anfertigte, die er später in seiner Malstube zu Gemälden weiterverarbeitete.

Besuch in Aschersleben

Köppes Patenkind Heidrun Benkmann weiß das. War sie doch zumindest bei einem solcher Streifzüge durch den Harz dabei. „Das war 1964“, erinnert sie sich. Nachdem sie von ihrer Mutter erfahren hatte, dass sie einen Patenonkel habe, der in Aschersleben wohnt, wollte die damals 16-Jährige diesen kennenlernen. „Ich bin, weil zu wenig Waggons zur Verfügung standen, in einem Viehwagen auf dem Koffer sitzend von Hof nach Magdeburg gefahren“, erzählt sie. Dann ging’s weiter nach Aschersleben, wo sie von ihrem Patenonkel herzlich aufgenommen wurde. Es war ein heißer Sommer. Sogar das Wasser und die Butter seien rationiert gewesen. „Als Gast habe ich von den Behörden aber ein zusätzliches Stück Butter bekommen“, schmunzelt die Stuttgarterin.

Weitere Hintergründe zu Herbert Köppe und zur Patenschaft lesen Sie auf Seite 2.

Wie es eigentlich zu der Patenschaft kam, das weiß Heidrun Benkmann allerdings nicht. „Herbert Köppe war jedenfalls ein Freund meines Vaters. Wahrscheinlich haben sich die beiden im Krieg kennengelernt“, vermutet sie. Die beiden haben zunächst jahrelang in Kontakt gestanden. Und zwei Bilder des Ascherslebeners - eine eher düstere Landschaft mit dem Flüsschen Eine und ein Selbstporträt des Malers - hätten bei ihr zu Hause in der elterlichen Wohnung an der Wand gehangen. Erst als Heidrun Benkmanns Vater Arbeit bei einer Einrichtung der Nato fand, musste er den Briefverkehr einstellen. Kontakt in die „Ostzone“ war ihm seinerzeit nicht erlaubt.

Verblasste Erinnerungen

Wie dem auch war, Heidrun Benkmann genoss jedenfalls die Zeit in der Kleinstadt an der Eine des Jahres 1964, auch wenn die Erinnerungen daran inzwischen etwas verblasst sind. Da war der bereits erwähnte Ausflug in den Harz, eine sehr enge Malstube in der Mittelstraße an Stelle eines großzügigen Ateliers, ein leuchtend buntes Bild von einem Jahrmarkt, und da war ein Spaziergang in die Stadt, bei dem der Patentochter die vielen Uniformierten aufgefallen seien. „Die sind zu deinem Schutz da, hat mein Patenonkel damals gesagt, ohne dann weiter darauf einzugehen“, so Heidrun Beckmann heute. Offensichtlich handelte es sich bei den Männern in Uniform um Schüler der Polizeischule, die gerade Ausgang hatten. Und dann erinnert sich die Patentochter noch daran, dass Herbert Köppe sie porträtiert hat - „in einer schwarzen Hose - ich glaube Jeans - und im rosa Pulli“. Und sie verhehlt auch nicht, dass es für sie etwas ganz Besonderes wäre, dieses Bild noch einmal in den Händen zu halten oder vielleicht sogar erwerben zu können. Allerdings liegt dessen Verbleib - wie der vieler anderer Köppe-Werke - derzeit im Dunkeln. Und so setzt Heidrun Benkmann immer noch auf die Hoffnung, Angehörige ihres Patenonkels kennenzulernen.

Gerettete Werke

Übrigens - ein Bild des Ascherslebener Malers Herbert Köppe befindet sich doch noch im Depot des städtischen Museums. Es trägt den Titel „Aktivist Alfs“ und entstand 1963.

Vier andere Werke - hat der Ascherslebener Maler Walter Weise nach der Wende gerettet. Darunter ein Motiv aus der Produktion der ehemaligen Wema, welches Weise in bedauernswertem Zustand auf einem Berg Grobmüll entdeckt hatte. Inzwischen hat er das Bild restauriert und vor zwei Jahren der Schiess GmbH übergeben. Dort hat es einen Platz in einem Verwaltungsgebäude des Unternehmens gefunden. (mz)

„Aktivist Alfs“ - gemalt von Herbert Köppe 1963.
„Aktivist Alfs“ - gemalt von Herbert Köppe 1963.
frank gehrmann Lizenz