Hans-Jürgen Hulsch Hans-Jürgen Hulsch aus Aschersleben: Der älteste Apotheker der Stadt geht in Ruhestand

Aschersleben - „Ja, wir haben schon einiges an Taschentüchern gebraucht“, sagen Hans-Jürgen Hulsch und seine Frau Gitta. Am Freitag haben sie die Tür ihrer Linden-Apotheke für immer zugeschlossen. Der an Lebens- und Dienstjahren älteste Apotheker in Aschersleben geht nach 50 Jahren zwischen Salben, Tinkturen und Tabletten in den Ruhestand.
Viele Stammkunden wünschten den Inhabern alles Gute
Viele Stammkunden kamen am Freitag noch einmal zu ihm, um den beiden alles Gute zu wünschen. Manch einer verdrückte ein paar Tränchen, viele brachten Blumen und kleine Aufmerksamkeiten mit, um sich für lange Jahre gegenseitigen Vertrauens zu bedanken. „Wir hätten nie gedacht, dass das so emotional wird“, sagt der 73-Jährige, immer noch hörbar gerührt.
Auch wenn das Aufhören schwer fiel: „Es wird Zeit“, sagt er und blickt in die noch voll eingerichtete und bestückte Offizin. Den großzügigen Verkaufsraum ließ er nach der Wende anbauen, um den Patienten einen behindertengerechten Zugang ohne Stufen zu ermöglichen.
Hulsch begann nach Studium in der Krügerschen Apotheke in Aschersleben
Er und seine Frau werden sich erst langsam daran gewöhnen, dass sie nun immer frei haben, sonnabends nicht mehr arbeiten, sich nicht mehr mit neuen Verordnungen und mit keiner Krankenkasse mehr auseinandersetzen müssen. In den letzten Jahren sei es ihm zunehmend schwerer gefallen zu akzeptieren, „dass Kassen über Rabattverträge entscheiden, was die Patienten einnehmen.“
Seinen Berufsweg begann der Nachterstedter nach dem Studium der Pharmazie in Leipzig am 1. September 1968 in der Krügerschen Apotheke in Aschersleben. Dort, in einer der wenigen damals zugelassenen Privatapotheken, blieb er bis 1976, wechselte anschließend in die Rats-Apotheke am Tie und wurde dort stellvertretender Apothekenleiter.
Sechs Jahre später ging die Apothekerin der Linden-Apotheke in Rente und Hans-Jürgen Hulsch übernahm die Apotheke in dem Eckhaus, das damals noch der Stadt gehörte. Die Apotheken waren damals im sogenannten Pharmazeutischen Zentrum zusammengeschlossen, und die Hulschs erinnern sich, dass in der Lindenstraße die Salben für alle Apotheken im damaligen Kreis hergestellt wurden.
Salben für alle Apotheken wurden früher in Lindenstraße hergestellt
„Jede Apotheke war auf irgendwas spezialisiert, wir eben auf Salben.“ Da seien zweieinhalb Tonnen im Jahr zusammengekommen. Mit der Wende stand Hans-Jürgen Hulsch mit 46 Jahren plötzlich vor der Aufgabe, selbstständiger Unternehmer zu werden.
Da er auch vorher schon wirtschaftlich denken musste, sei ihm das nicht sonderlich schwer gefallen. Trotzdem, so sagt seine Frau, sei er „nie ein Kaufmann gewesen. Er hat den Leuten nichts aufgeschwatzt.“ Im Gegenteil: Wenn die Kunden mit Anzeigen vor dem Tresen standen und die vermeintlichen Wundermittel kaufen wollten, habe er aufgeklärt und beraten.
Zwölf Jahre im Vorstand des Apothekervereins
Wenn der Pharmazeut über seine Arbeit spricht, dann tut er das immer noch in der Gegenwartsform. Sanft verbessert ihn seine Frau dann und Hans-Jürgen Hulsch lacht. Ach ja, richtig, das machen wir ja jetzt nicht mehr, soll das wohl heißen.
So ist er beispielsweise aus dem Apothekerverein ausgetreten, in dem er zwölf Jahre als Vorstandsmitglied Weiterbildungen organisiert und Auseinandersetzungen mit den Kassen geführt hatte. Künftig soll Zeit bleiben für Haus und Wohnung, für den schönen Garten hinterm Haus, für Radtouren und vor allem: fürs Lesen. „Ich habe einen ganzen Stapel Bücher, der auf mich wartet“, sagt er. Seine drei Mitarbeiter haben eine neue Arbeit gefunden. Das war ihm besonders wichtig. (mz)