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Gastspiel in Aschersleben Gastspiel in Aschersleben: Wagnis Tod zu Weihnachten

Von Uwe Kraus 09.12.2014, 18:17
Lisa Marie Liebler (links) und Julia Siebenschuh am Sterbebett des jüngeren Löwenherz-Bruders Karl (Curdin Caviezel).
Lisa Marie Liebler (links) und Julia Siebenschuh am Sterbebett des jüngeren Löwenherz-Bruders Karl (Curdin Caviezel). Frank Gehrmann Lizenz

ASCHERSLEBEN - Selten polarisiert eine Weihnachtsinszenierung so wie die aktuelle des Nordharzer Städtebundtheaters in Quedlinburg. Da kommt kein Grimm’sches Märchenspiel auf die Bühnenbretter, sondern eine „spannende Abenteuergeschichte von zwei Brüdern, die sich über die Maßen liebhaben und nur dann glücklich sind, wenn sie zusammen sein können, egal, was geschieht“. Das sagte keine Geringere als die Autorin über ihr 1973 erschienenes Buch. Robert Klatt bringt als Regisseur nun Astrid Lindgrens „Die Brüder Löwenherz“ ins Theater und nennt es „Familienschauspiel“.

Große Herausforderung

Am Dienstag erlebte die Inszenierung, die 31 Mal gespielt wird, ihr erstes Gastspiel im Ascherslebener Bestehornhaus. Im Bernburger Theater soll „Die Brüder Löwenherz“ gleich en suite dreifach zu erleben sein. Selbst Curdin Caviezel, der den jüngeren Karl Löwenherz spielt, hielt es zu Probenbeginn „für ein Wagnis, das Thema Tod zu Weihnachten zu berühren“. Heute sagt er: „So wie wir es umsetzen, fesselt es die Zuschauer.“ Lisa Marie Liebler, wie Caviezel zu Saisonbeginn neu im Vorharz engagiert wurde, sieht es als große Herausforderung. Denn mit Julia Siebenschuh und Gerold Ströher schlüpft sie zu Dritt in elf Rollen. Teilweise passiert das vor den Augen der Zuschauer im Bestehornhaus. „Ich hätte nach dem Schauspielabschluss in Salzburg nicht gedacht, dass ich so schnell gegen meinen Typ besetzt werde“, scherzt Liebler über ihren Auftritt als dämlicher Soldat.

Auftritte haben Tradition

Die Auftritte des Ensembles des Nordharzer Städtebundtheaters haben hier bereits Tradition. „Ich freue mich und bin froh, dass wir wieder volles Haus haben“, sagt Beate Kramer, die Chefin der Aschersleber Kulturanstalt. Auch die Burgschule sieht es als gute Tradition, dass hier Weihnachtsgeschichten vom Nordharzer Städtebundtheater gespielt werden. So füllen die fünften und sechsten Klassen die Zuschauerreihen. Quasi als Pflichtlektüre gelesen haben die Kinder das Lindgren-Buch nicht. Ihre Lehrerinnen gaben ihnen aber eine Einführung in dieses besondere Stück Kinder- und Jugendliteratur.

So herrscht erst einmal Stille, als sich zwei Krankenschwestern um einen Todkranken am Tropf bemühen. Doch nicht er stirbt zuerst, sondern sein Bruder Jonathan, der versucht, den Jüngeren aus den Flammen der Wohnung zu retten. So erwartet Sebastian Borucki im sagenumwobenen Nangijala ihn bereits, als auch er gestorben ist.

Geräuschpegel im Zuschauerrund

Das Bestehornhaus bietet nicht für jeden ausgefeilten Effekt der Inszenierung den nötigen Raum, was nicht unbedingt der Grund für den etwas anschwellenden Geräuschpegel im Zuschauerrund ist. Nachdem das leere Krankenbett weggeschoben wird, öffnet sich der Bühnenvorhang und gibt den Blick ins Land Nangijala frei, in dem sich die unzertrennlichen Brüder Löwenherz wieder finden. Trauer und Tod weichen, Kampf und List sowie wunderbare Schattenspiele treten an ihre Stelle. Farbenkraft strömt durch die Kulissen, musikalische Vielfalt regiert. Tarantino, Rimski-Korsakows „Hummelflug“ und „Peer Gynt“- und „Tocata“-Anleihen werden vom Publikum toleriert, erst bei „Star Wars“-Klängen wirken die Kinder wie entfesselt. Teilweise gespannt folgen sie den Abenteuern des Bruderpaares zwischen Kirschblüten- und Heckenrosental, die von Karl und Jonathan selbst erzählt werden.

Ein starkes Kinderstück zu Weihnachten, nicht zuckergussig-schmalzig, sondern lebensprall und fantasievoll bis in den Tod. Auch wenn zumindest zwei Trauer-Tränen rollten. (mz)