Friedrichsaue Friedrichsaue: Veranstaltung voller Höhepunkte

Friedrichsaue/MZ - Einen Höhepunkt? Den gibt’s nicht, sagt Matthias Witte. Denn zur 260-Jahrfeier Friedrichsaues, die mit dem 110-jährigen Bestehen des Schützenvereins zusammenfällt, sind nämlich alle Programmpunkte Höhepunkte, angefangen von der Disko über den Sommernachtstanz im Kornspeicher bis hin zum Auftritt der Linedancer, und nicht zu vergessen die Schauvorführungen, lacht der Ortsbürgermeister und schmeißt die Dreschmaschine, eine alte Schmidt Auma, Baujahr 1941, wieder an.
„Der Materialweg war gerade verstopft“, erklärt er. Kein Ding. Ein gekonnter Handgriff und schon läuft sie. Die Maschine stammt aus Friedrichsaue, „vor elf Jahren haben wir das gute Stück bekommen und wieder in Gang gebracht“. Seitdem drischt sie immer da, wo was los ist. Wie am Wochenende in dem Seeland-Ortsteil. „Es ist unser Anliegen, die landwirtschaftlichen Traditionen und das Handwerk zu erhalten“, sagt Witte, Mitglied im Heimatverein. Der und die Schützen haben das Fest organisiert und allen Grund zur Freude: „Es ist sehr gut besucht, wir haben schönes Wetter. Und das allein macht ja schon 60 Prozent einer Veranstaltung aus.“ Eine Veranstaltung, die auch bei Besuchern von außerhalb ausgesprochen gut ankommt. Ines Rößler aus Ditfurt zum Beispiel ist begeistert vom Tradionsbewusstsein der Friedrichsauer, der großen Landtechnikausstellung auf dem Hof der Schulze-Niehoff GbR und der liebevoll eingerichteten Heimatstube, ganz besonders aber von den Schauvorführungen im Dreschen und Schmieden.
In der historischen Schmiede lodert das Feuer. „Wollen Sie auch mal?“ Wer will, darf schmieden. Rößlers Mann, Michael Zwingelberg, lässt sich das nicht zwei Mal sagen. Er ist Hobbyschmied. Nach einer Schmiedemeisterschaft, bei der er den Meistern über die Schulter geschaut und sich auch mal ausprobiert hat, legte sich der Ditfurter eine Feldschmiede zu und lässt seitdem keine Gelegenheit aus, 800 Grad heiße Eisen zu bearbeiten. Das Handwerk fasziniert ihn. „Und mich interessiert das sowieso, vor allem, wenn er so was macht“, erzählt seine Frau und zeigt auf den Anhänger ihrer Kette, ein Einzelstück. Nicht das einzige in ihrer Schmuckkollektion. Das Schmiedehandwerk hat in Friedrichaue lange Tradition, die mit einem Namen verbunden ist: Heinrich Fricke. Der 76-Jährige ist in die Fußstapfen von Vater und Großvater getreten, die genauso hießen. Um 1900 wurde die Schmiede gebaut, seit 1907 ist die Familie im Ort. Fricke schmiedet auch noch heute, jedoch nur mehr für den Haus- und Hofbedarf, und ab und zu vor Publikum. Mit dabei die Schwiegersöhne: Thomas Sauer, für den ein Schmied nicht nur Handwerker, sondern auch Künstler ist. „Ein bisschen Fantasie muss man schon mitbringen.“ Und Ronny Jackisch, dessen Sohn Louis, vier Jahre, die Schmiede eines Tages übernehmen soll. „Noch übt er aber an Bierdeckeln.“
Inzwischen haben auf dem ehemaligen Gutshof die Dorfmeisterschaften im Strohsackweitschleudern und Gummistiefelzielweitwurf begonnen - noch so eine eine gute alte Dorftradition. „Wir haben uns da von den Highland Games inspirieren lassen“, so Witte. Bestens im Blick haben das Spektakel auch die Frauen um Christel Ehlert. Sie gehört zur Ü60-Frauengruppe des Ortes: „Wir sind sehr aktiv, treffen uns alle vier Wochen zu Kaffee und Kuchen, tauschen Rezepte aus, machen montags Sport und gehen viel auf Reisen.“ Und zwischendurch wird gehandarbeitet, gestrickt, gestickt, gehäkelt... Jeder habe sein Steckenpferd. Ehlert selbst strickt viel mit der Harfe. „Wenn ich erst mal angefangen habe, kann ich gar nicht mehr aufhören. Das ist wie eine Sucht“, schmunzelt sie und holt unter dem Tisch das Strickzeug vor. Auf dem Tisch liegen Schals und Mützen neben Deckchen, selbstgemachten Gelees und Ölen für die Gesundheit. Und dazwischen stehen jede Menge Pflanzen und Kräuter, denn die Frauengruppe bringt sich mit einem Hobbybasar und einer Pflanzentauschbörse ein. Wie so ziemlich jeder Friedrichsauer mit von der Partie ist, darunter auch die großen und kleinen Funken vom Karnevals Klub und die Hakel Dancer. Und was sie noch alle eint: „Der Spaß an der Freud’“, so Linedancer Uwe Diedrich.

