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Fasziniert von Erotik und Körper

Von Susanne Weihmann 27.06.2008, 17:10

Aschersleben/Halle/MZ. - Erotik und Körper, das habe sie immer fasziniert. Körper, das habe etwas mit Selbstwertgefühl zu tun. "Wenn wir uns entblößen, machen wir uns verletzlich", sagt Eva Mahn. "Vor allem junge Frauen stellen sich immer die Frage: Bin ich vollkommen? Wie wirke ich auf andere?", weiß die lebenserfahrene Frau. Doch sie zeigte die Frauen immer anders: starke, selbstbewusste Frauen. Eine starke Frau, wie sie selbst, die immer ihren Weg gegangen ist. Auch, als der Vater ihres Kindes plötzlich in den Westen floh, hat sie das nicht von ihrem Weg abgebracht.

Eva Mahn, die am 11. Januar 1947 in der Klinik Kuntzsch in der Ermslebener Straße als Eva Fach zur Welt kam, ist seit 1970 an der Hochschule für Kunst und Design in Halle. Seit einigen Jahren unterrichtet sie an der Burg Giebichenstein Grundlagen der Fotografie. Aufgewachsen ist die heute 61-Jährige in Falkenberg / Elster und in Ballenstedt, bevor sie mit ihrer Familie 1963 nach Aschersleben zurückkehrte, weil ihr Vater hier an einer Schule unterrichtete. Gewohnt hat die Familie Auf der Alten Burg in der Erich-Mühsam-Straße.

1965 legte Eva Mahn an der Erweiterten Oberschule "Thomas Müntzer", dem heutigen Stephaneum, ihr Abitur ab. Das Interesse für Kunst und Kunstgeschichte war immer da, erinnert sich die Kunstwissenschaftlerin, die ihren Abschluss in Keramik machte und später zum Thema "Deutsche Glasmalerei der Romantik" promovierte. Allerdings war es zunächst die Malerei, die sie begeisterte. Jeden kleinen Schnipsel habe sie damals bekritzelt, erzählt die 61-Jährige. "Ich habe alles von Aschersleben gezeichnet. Jede Ecke. Es gab stapelweise Zeichnungen", erzählt sie. Doch davon existiert heute keine mehr. Eva Mahn hat fast alles weggeschmissen.

Gleich nach dem Abitur zog es die junge Frau zum Studium der Kunsterziehung, Geschichte und Kunstgeschichte nach Greifswald, und später, der Liebe wegen, nach Leipzig. Für ein Praktikum kam sie noch einmal in ihre Geburtsstadt. Ihre Aufgabe war es, die Bau- und Kunstdenkmäler im Kreis Aschersleben zu erfassen. Sie sollte nachsehen, was nach dem Krieg noch an Denkmälern geblieben ist und was zerstört wurde. Vier Wochen lang fuhr die junge Studentin mit dem Fahrrad durch den Kreis. In jede Ecke der Schlösser sei sie "gekrochen", für jede Kirche habe sie sich die Schlüssel besorgt. "Ich bin bis zum Glockenstuhl geklettert, um nur jede Kleinigkeit zu fotografieren", erinnert sich Eva Mahn. Auch den Grauen Hof und die Stephaniekirche habe sie damals erkundet.

Sie hat aber auch frühzeitig die Arbeit vor der Kamera kennengelernt: Schon während des Studiums hat die Mutter einer erwachsenen Tochter als Model gearbeitet. Allerdings sei das ganz anders als heute gewesen, erzählt die 61-Jährige. Es gab nur wenige Berufsmodels. Die Models für Modeverlage wurden fast immer aus der Bevölkerung "rekrutiert". Junge Frauen, die attraktiv aussahen, wurden einfach auf der Straße angesprochen, erzählt sie. Für einen ganzen Tag bekam man etwa 50 Mark. Und so kam es auch, dass sie für "Sybille", "Saison" und "Modische Maschen" abgelichtet wurde. Ja, es habe ihr gefallen, sich in den Zeitschriften zu sehen, gibt sie zu. "Ich hatte schöne lange Beine. Ich fand, dass man die zeigen kann", sagt sie selbstbewusst. Weniger gefallen hat ihr aber, dass den Models alles vorgegeben wurde. "Ich bin eben ein Kopf-Mensch, der selber entscheiden will", sagt sie. Aber nicht nur Modeaufnahmen wurden von ihr gemacht: Im berühmten "Magazin" erschienen auch Aktaufnahmen. "Mein Vater fand das unmöglich", erinnert sich Eva Mahn. Auch, dass sie später selber Akte fotografiert hat. Er habe sich nur für die wissenschaftlichen Arbeiten seiner Tochter interessiert. "Er kam nie zu einer Ausstellung. Meine Mutter war aber immer da." Aber sie habe sich bei dem berühmten Fotografen Rössler, der auch als "Helmut Newton des Ostens" bezeichnet wurde, wohl gefühlt, erklärt sie.

Von ihrem Mentor Günter Rössler habe sie sich einiges abgeschaut, erzählt Eva Mahn. Auch die Modefotografie hat sie letztlich geprägt. "Dieses Inszenieren und Nichts-dem-Zufall-überlassen habe ich mir angenommen", sagt sie. Überhaupt, einfach rausgehen und das fotografieren, was ihr vor die Kamera kommt, das könne sie gar nicht. Ihren Durchbruch als Aktfotografin hatte Eva Mahn 1983. Es sei ihr immer um die Selbstbehauptung der Frau gegangen, erläutert die Künstlerin. Nur wollte diese Aufnahmen von Frauen, die Stärke und Aggressivität ausstrahlen, zu DDR-Zeiten kein Verlag drucken. Erst nach der Wende erschien der Band "Nichts ist mehr wie es war"; die Schwarzweiß-Aufnahmen zeigen schöne, spannungsvoll komponierte, mit dem Schatten spielende Aktaufnahmen, vor allem von Frauen, dann auch von Männern, von Paaren, auch androgynen, oder auch von Familien. Immer sind es ausdrucksvolle Porträts - denen etliche andere folgen.

Das Thema "Familie" hat sie auch später wieder in dem Band "Die Heilige Familie" aufgegriffen. Dieses Mal allerdings ganz anders, vor blauem Hintergrund, in göttlich verklärten Sphären - so, wie es für Renaissance-Maler üblich war. Neben zahlreichen Veröffentlichungen in Zeitschriften und Büchern hat sie ihre Werke inzwischen auf zahlreichen Ausstellungen in Südamerika, Halle, Erfurt und Leipzig und 1998 sogar in Aschersleben im Grauen Hof präsentiert.

Die Ausstellungen seien ein Ausgleich für den Unterricht an der Hochschule, wo sie den Studenten sowohl die Technik der Fotografie - dazu gehört auch das Entwickeln in der Dunkelkammer - als auch die künstlerische Seite beibringt. "Ich finde es gut, meine Erfahrungen weiterzugeben. Und Erfahrung habe ich ja eine ganze Menge", sagt die 61-Jährige, die auch Vizepräsidentin der Deutschen Fotografischen Akademie ist. Etwas, das ihr wichtig ist. So könne sie über den Tellerrand hinausschauen.

Ihre letzten Aktaufnahmen hat Eva Mahn vor gut 20 Jahren gemacht - bis vor wenigen Wochen, als sie ein Plakat für die Händelfestspiele entwarf, erzählt sie, und zeigt ein Plakat, auf dem der Rücken einer Frau in den Vierzigern zu sehen ist.