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Einschulung in Thale Einschulung in Thale: Wenn Drillinge ABC - Schützen sind

Von Stephan Neef 04.08.2002, 14:50

Thale/MZ. - Das Kommando kam von hinten, aus der gerade formierten 1a. "Eins, zwei, drei, vier", intonierten einige ABC-Schützen, als sich ihr Zug vor dem Thalenser Rathaus-Portal in Bewegung setzte. Ramon hatte Michelle an der Hand. Klar, immerhin sitzen sie ja auch zusammen. Und sind schon im Kindergarten dicke Freunde gewesen. Außerdem war Zweier-Reihe angesagt, also konnte Ramon sich nicht zu Marcel und Danilo gesellen. Wie sieht denn das aus! Obwohl dann jeder gesehen hätte, dass sie Drillinge sind und deshalb eigentlich zusammen gehören. Doch in der engen Gasse, die der Pulk der filmenden und klatschenden Erwachsenen ihnen beim Einzug in den Saal ließ, wären sie in breiter Dreierfront ohnehin gescheitert.

So feierlich hatte sich das blondgelockte Dreigespann, das am 21. März 1996 das Licht der Welt erblickte, die Einschulung nicht vorgestellt. Stehende Ovationen, die "Thalenser Musikanten" bliesen den "Trompeten-Echo"-Marsch, rundum leuchteten Märchenkulissen, Blumen, Scheinwerfer. Ihre Söhne hätten trotzdem gut geschlafen und mit Appetit gefrühstückt, sagten Diana und Thomas Köhler vor Beginn der Zeremonie.

"Etwas aufgeregt waren sie aber doch", erinnern sich die Eltern, die staunend zur Kenntnis nehmen mussten, dass es nun Situationen gibt, in denen sie bei ihren Kindern nicht mehr die gewohnte Beachtung finden. Nachdem das Trio am Morgen im künftigen Klassenraum der Scholl-Grundschule Platz genommen hatte, wurden Mama und Papa - obwohl eifrig winkend und rufend - demonstrativ übersehen. Ramon, Danilo und Marcel waren in eine neue Welt eingetaucht, die sie sprichwörtlich gefangen nahm. Dabei sind sie schon längst keine Analphabeten mehr. Natürlich können sie ihre Namen schreiben, schließlich müssen sie ja ihre zahlreichen Malwerke signieren, teilen sie der MZ mit. Und was können sie noch schreiben? "Oma, Opa, Polizei", tönt es im Chor.

Streifenwagen seien auch die bevorzugten Bildmotive, wissen die Eltern. Selbst etwas Englisch ist schon im Spiel. Das läge an den Thalenser Ordnungshütern, die ihren Fuhrpark entsprechend beschriften würden. "Police steht da dran", behauptet zumindest Ramon. Opa habe die Ranzen gestiftet. "Die sind ganz schön schwer, obwohl noch nichts drin ist", stöhnt Marcel. Dafür fallen sie im bunten Tornister-Einerlei auf, tragen sie doch die Farben eines schwäbischen Kicker-Clubs. Leider sind sie sich damit - wie auch ihre Eigentümer - zum Verwechseln ähnlich. Da hilft nur ein Blick aufs Namensschild. Das war auch bei den Zuckertüten nötig, denn die waren einheitlich blau - dabei ist blau nur die Lieblingsfarbe von Danilo. Marcel bevorzugt grün, Ramon rot.

Das hat sich im bisherigen Drillingsleben schon oft ausgezahlt. Glücklicherweise waren die drei Tüten auch gleich lang. Ramon und Danilo nutzten die lange Wartezeit im improvisierten Foto-Studio nämlich für einen akribischen Größenvergleich. Zeitweise hatten sie offenbar den Eindruck, dass ausgerechnet das Exemplar des Bruders fünf Millimeter länger ist, schienen nach mehrfacher Messversuch-Wiederholung aber doch zufrieden zu sein.

Als sie schließlich vor den Objektiven der Fotografen standen, waren die Strapazen der letzten Stunden nicht mehr zu übersehen. Da hatte es die guten, teilweise unglaublichen Hinweise des Bürgermeisters gegeben ("Ihr werdet manchmal die Schule verfluchen und Euch in den Kindergarten zurücksehnen."), da war die abenteuerliche Begegnung mit der Prinzessin "Blütenstaub", dem von Nebelschwaden begleiteten Eiszapfenmann, gierigen Mäusen und jenen Zwergen, die den Zuckertüten-Baum sprießen ließen.

Heute beginnt für die Köhler-Drillinger der Schulalltag. Ramon weiß schon, was er später werden will: Pilot. "Da musst Du viel lernen, das wird Dir zu viel", ahnt Danilo. Marcel verzichtet auf einen Kommentar.