1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Die Harzer Schmalspurbahnen feiert: Die Harzer Schmalspurbahnen feiert: Es dampft weiter durch den Harz

Die Harzer Schmalspurbahnen feiert Die Harzer Schmalspurbahnen feiert: Es dampft weiter durch den Harz

Von Uwe Kraus 05.03.2016, 12:36
Doppelausfahrt der Selketalbahn in Alexisbad in Richtung Stiege (links) und Harzgerode
Doppelausfahrt der Selketalbahn in Alexisbad in Richtung Stiege (links) und Harzgerode Chris Wohlfeld

Wernigerode/Quedlinburg - Matthias Wagener, Geschäftsführer der Harzer Schmalspurbahnen (HSB), gilt in der Führungsriege deutscher Bahnunternehmen als Urgestein. Er ist keineswegs ein Nostalgiker, sondern ein Mann mit klarem Blick nach vorn. Aber gleich zweimal sagt er am Freitag: „Das wäre heute nicht mehr möglich.“ Er erinnert sich daran, wie er einst mit einer Dampflok durchs Brandenburger Tor fuhr - und in welcher hohen Geschwindigkeit 1991 länderübergreifend gearbeitet wurde, um das Streckennetz der Schmalspurbahn zu entwickeln.

„Uns war damals klar, Selketal-, Harzquer- und Brockenbahn sollen gemeinsam entwickelt werden. 2016 steht nun als Jubiläumsjahr im Zeichen von 25 Jahren Volldampf in Freiheit“. Am 13. März 1991 hoben 20 Landkreise und Städte die kommunale Gründungsgesellschaft zum Erhalt des Harzer Schmalspurbahnnetzes aus der Taufe, sechs Monate später, am 15. September, nahm die Schmalspurbahn den Personenverkehr zum Brocken nach 30 Jahren wieder auf. Durch Gebietsreformen in den drei beteiligten Bundesländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen sei die Zahl der Gesellschafter zwar auf neun geschrumpft, von Bord gegangen sei aber keiner von ihnen, so Wagener.

Die HSB will in diesem Jahr aber auch zwei weitere Jubiläen feiern. So wurde am 4. März 2006 die Streckenverlängerung um 8,5 Kilometer von Gernrode in die Welterbestadt Quedlinburg feierlich eröffnet. „Das begehen wir am 19. März mit einer thematischen Sonderzug-Fahrt von Quedlinburg zum Brocken.“

Gejubelt wird auch darüber, dass vor zehn Jahren „Faust – Die Rockoper auf dem Brocken“ das Licht der Welt erblickte. Eine bis heute anhaltende Erfolgsgeschichte, die in bislang über 253 Aufführungen mehr als 60.000 begeisterte Zuschauer in ihren Bann zog. Die Auslastung der Vorstellungen, zur der es im dampfenden „Mephisto-Express“ geht, liegt bei 80 bis 90 Prozent. Jedoch gibt es gerade bei Freitags- und Sonntagsvorstellungen noch zu viele freie Plätze.

Mit der Bahn auf den Brocken

Mit der Harzquerbahn im Bereich Nordhausen fuhren eine Viertelmillion und in den Zügen der Selketalbahn im vergangenen Jahr insgesamt 99.000 Gäste. Die Brockenbahn bleibt aber das Rückgrat des Geschäfts. Wichtigstes Standbein der Harzer Schmalspurbahnen waren 2015 etwa 664.000 der 1,09 Millionen Fahrgäste, die per Dampflok auf den 1.141 Meter hohen Berg fuhren. Am 1.125 Meter hoch gelegenen Brockenbahnhof will das kommunale Bahnunternehmen in diesem Jahr den Bahnsteig 1 sanieren.

Zudem werde in die Sanierung mehrerer Brücken auf der Strecke zum Brocken investiert. 2015 wurden unter anderem rund 2,6 Kilometer Gleise erneuert. Die Vollsperrung der Selketalbahn sowie eines Teils der Harzquerbahn im äußerst verkehrsschwachen November dafür habe sich bewährt und wird auch künftig genutzt. In diesem Jahr plant die HSB, zwei Kilometer Schienen zwischen Schierke und Brocken zu erneuern. Ausgebaut werden sollen die Kreuzungen zwischen Bahn und Straße Sternhaus-Haferfeld und Benneckenstein. Die Planungen dazu seien abgeschlossen. Dagegen beginne man erst mit den Vorbereitungen auf den Ausbau dreier Übergänge in Wernigerode und in Gernrode. „Wenn es gut läuft, wird das frühestens 2018 etwas“, schaut Matthias Wagener voraus.

Ausstellung geplant

Ihn freut, dass die HSB 2015 erstmals einen Jahresumsatz von über 13 Millionen Euro hatte. Doch steigende Aufwendungen machten zum 1. März eine Tarifanpassung unvermeidlich. Die Stromkosten hätten sich seit 2003 fast verdoppelt, und 6.000 Tonnen Kohle pro Jahr haben auch ihren Preis. Dazu kommen die Kosten, die in jedem Jahr für einen guten Zustand des Fahrzeugparkes anfallen.

So gab es an 14 Fahrzeugen die vorgeschriebenen Untersuchungen. Untersuchungen an Diesellokomotive 199012 und an der Dampflok 99 7245 übernahm die HSB-eigene und aus dem Jahre 1927 stammende Fahrzeugwerkstatt in Wernigerode. Deren Tage sind aber gezählt. Nach dem einstimmigen Beschluss der Gesellschafter unterzeichneten das kommunale Bahnunternehmen und die Stadt Wernigerode im Oktober den Kaufvertrag für das „Ochsenteichgelände“ - die entscheidende Weichenstellung für die neue Dampflokwerkstatt, die 2019 stehen soll. Auf einem zwölf Meter hohen Rundweg können dann Eisenbahnfreunde den Betriebsablauf beobachten. „Und wir können letztlich Kosten sparen“, ist Wagener optimistisch.

All das wird auch eine Ausstellung dokumentieren, die ab Ende März nicht nur durch Deutschland reist. Außer in den Berliner Ländervertretungen Thüringens und Sachsen-Anhalts zeigt man sie auch auf der Promotionsfahrt „HSB on Tour“. Hierbei wird die Dampflokomotive 99 6001 aus dem Jahr 1939 als „Botschafterin“ des Harzes sowie der Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen auf einem Straßentieflader europäische Weltstädte wie Paris, Brüssel, Amsterdam oder Antwerpen besuchen. So kann sich Geschäftsführer Wagener freuen: Nach der Fahrt durch das Brandenburger Tor früher, parkt nun eine seiner Loks vis à vis vor dem Eiffelturm. (mz)