Carlswerk Mägdesprung Carlswerk Mägdesprung: Zeitensprung im Industriedenkmal
Mägdesprung/MZ. - Das alte Holzportal öffnet sich mit leichtem Knarren. Der Blick fällt auf eine dunkle Halle mit grauen alten Maschinen, die aussehen, als wären sie gerade erst abgestellt worden. Kein Bohrer oder Fräser dreht sich, doch die Maschinen sind intakt. Es hapert nur an der Stromversorgung, weiß Ernst Kunze. Dafür verkünden akurat beschriftete Schilder die Bezeichnung der Maschinen, ihr Baujahr und den Hersteller. Ernst Kunze und Friedrich Hohmann kümmern sich seit mehreren Monaten um die Vorbereitung der Eröffnung am Sonnabend des Industriemuseums Carlswerk Mägdesprung durch den Harzgeröder Bürgermeister Manfred Diwinski.
Die ersten Besucher werden am morgigen Tag des offenen Denkmals in der Zeit von 10 bis 15 Uhr begrüßt. Vor drei Jahren wurde mit der Vorbereitung denkmalpflegerischer Arbeiten zum Erhalt der historischen Werkstätten begonnen, im vergangenen Jahr erfolgten die wichtigsten Sanierungsarbeiten an der Werkshalle.
Die jetzt im Rahmen einer Strukturanpassungsmaßnahme beschäftigten Mägdespunger gestalten das Museum mit Hilfe des früheren Modelltischlers Heinz Mente und von Wolfgang Klock. Im Obergeschoss, wo früher ein Lager war, entsteht eine Ausstellung, die die Entwicklung von Mägdesprung und der Eisenhütte, zu dem auch das Carlswerk gehörte, dokumentiert. Texttafeln sind in Vorbereitung und mehrere Holzmodelle samt Kernkästen stehen bereits bereit. "Es wird ein geschichtlicher Überblick, damit man das einzuordnen weiß, was im Ort passiert ist", schilderte Elke Schindler, die Leiterin der Stadtinformation. Kopien der Gründungsurkunde vom 9. November 1646 liegen schon bereit. Damals hatten der Quedlinburger Kaufmann und Kämmerer Johann Heidtfeld mit dem Fürst Friedrich von Anhalt-Bernburg-Harzgerode den Gründungsvertrag für die Eisenhütte abgeschlossen. Neben den Gründern werden auch andere, für die Hütte wichtige Personen, vorgestellt, kündigte Elke Schindler an. Dazu zählt sie den Oberbergrat Carl Friedrich Zincken, der 1827 das nach ihm benannte Carlswerk aufbaute und unter dessen Leitung mit dem später berühmten Mägdesprunger Kunstguss begonnen wurde.
Das Museum soll später regelmäßige Öffnungszeiten bekommen und nicht nur montags bis freitags, sondern auch am Wochenende für Besucher geöffnet sein. Doch bereits heute kommen immer wieder staunende Touristen in das alte Gemäuer, wenn sie die Arbeiter sehen, die nebenan die ehemalige Wasserführung des Carlswerkes restaurieren, über die das Werk früher betrieben wurde. Ernst Kunze berichtete über einen Engländer, der überglücklich, so etwas im Harz zu finden, vor den Maschinen stand, während vor der Tür seine Frau zeterte. "Ich freue mich, dass ich so etwas noch mal sehen kann", soll er gesagt haben. Eine besondere Attraktion ist ein Portalkran der Marke Eigenbau aus dem Jahr 1890. Als er zum Heben und zum Transport schwerer Lasten gebaut wurde, hatte er eine Tragkraft von fünf Tonnen. Nach einer technischen Überprüfung wurde die Tragkraft der Holzkonstruktion mit einem Antriebsmechanismus aus Stahl in den sechziger Jahren auf 0,5 Tonnen herabgesetzt.
Die meisten Maschinen stammen aus aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Die "modernste" Maschine ist eine selbst gebaute Kohlenpresse aus dem Jahr 1982. "Brikett und Kohle gab es in der DDR-Mangelwirtschaft nicht in der Menge, wie wir sie gebraucht haben, dafür gab es die dreifache Menge Rohbraunkohle", erinnerte sich Ernst Kunze, der 25 Jahre in der Putzerei und Gießerei des Mägdesprunger Eisenhüttenwerkes gearbeitet hatte. In der Kohlenpresse wurde die Rohbraunkohle im Fleischwolf-Prinzip gepresst, bis der Stopfen herausfiel. Allerdings mussten die "Kohlenwürste" möglichst gleich in den Ofen wandern, da sie nach einiger Zeit wieder zerfielen.
In den letzten Jahren vor der Wende waren in der Werkshalle der Sondermaschinenbau und die Instandhaltungswerkstatt beheimatet. Und so wie die Arbeiter die Halle verlassen haben, scheint sie heute noch zu sein.