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Bahnunternehmen Bahnunternehmen: Lokführer noch immer dringend gesucht - Tendenz steigend

Von Christiane Rasch 12.10.2017, 09:55

Aschersleben - Immer häufiger fallen in Sachsen-Anhalt Bahnverbindungen aus. Das Problem: Es gibt nicht genügend Lokführer.

„Deutschlandweit sind rund 1.200 Stellen unbesetzt und die Tendenz ist steigend“, sagt Joachim Dub, Prüfer beim Ascherslebener Unternehmen AVG Bildung, das Männer und Frauen zu Triebfahrzeugführern im Personen- und Güterverkehr ausbildet.

Laut Dub wird sich der Personalmangel bei Bahnunternehmen wie Abellio und DB Regio in den kommenden Jahren deutlich verschärfen.

Bahnunternehmen fehlen Lokführer: Ein hausgemachtes Problem

Überraschend ist das nicht, wie Patrick Dohmeyer, Geschäftsführer der AVG Bildung, bestätigt: „Das ist ein hausgemachtes Problem.“ In den 90er Jahren habe die Deutsche Bahn Vorruhestandsregelungen für ihre Lokführer eingeführt.

Viele seien mit 64 Jahren in Rente gegangen. Erfahrenes Personal, das nun spürbar fehlt.

„Gleichzeitig“, so Dohmeyer, „wurden zu wenig neue Lokführer ausgebildet, weil den Beruf nicht jeder machen kann.“

Um diesen erlernen zu können, müssen strenge Kriterien erfüllt werden. Grundvoraussetzung ist ein guter bis sehr guter Hauptschulabschluss.

Der ist laut Dub unerlässlich: „Die Leute brauchen einen gewissen Bildungsgrad, sonst verstehen sie die Technik nicht.“

Bahnunternehmen fehlen Lokführer: Tauglichkeit wird geprüft

Hinzu kommt die medizinische Tauglichkeit. Ein Verkehrsmediziner testet Seh- und Hörvermögen. Auch sollten Bewerber nicht unter Diabetes, Herzkrankheiten oder Bluthochdruck leiden.

Geprüft wird bei Tests im Vorfeld zudem, wie es um das Reaktionsvermögen, die Belastbarkeit und das Stressverhalten des Bewerbers gestellt ist.

Außerdem dürfen im Verkehrszentralregister keine Einträge wegen Alkohol- und Drogendelikten vorliegen.

Anforderungen, die zusammengenommen zwar hoch erscheinen, aber notwendig sind. „Ich kann keine unzuverlässige und ungeeignete Person auf einen Zug loslassen, in dem 500 Leute sitzen“, sagt Dohmeyer. Das würde am Ende auch auf das Ausbildungsunternehmen zurückfallen.

Bahnunternehmen fehlen Lokführer: AVG hat in zehn Jahren 500 Triebfahrzeugführer ausgebildet

Bei der AVG Bildung wurden seit der Unternehmensgründung vor zehn Jahren rund 500 Triebfahrzeugführer ausgebildet. Der nächste Ausbildungskurs, für den noch Teilnehmer gesucht werden, beginnt Ende Oktober.

Schon jetzt steht fest, dass die Teilnehmer - sollten sie die Prüfungen bestehen - im Anschluss eine Anstellung in der Tasche haben werden.

Schon während der Ausbildung stellen sich Firmen wie Abellio, die Havelländische Eisenbahn und die Hamburger Schienenlogistik der Klasse vor, erklärt Dohmeyer.

Die Teilnehmer haben so die Möglichkeit, den praktischen Teil der Ausbildung direkt bei ihrem künftigen Arbeitgeber zu absolvieren.

Bahnunternehmen fehlen Lokführer: Berufsbild schreckt wegen Einsatzort und Arbeitszeit ab

Doch trotz sehr guter Übernahmechancen und Verdienstmöglichkeiten, die laut Dohmeyer bei bis zu 3.500 Euro brutto liegen, schreckt das Berufsbild viele ab: bundesweiter Einsatz, regelmäßige Überprüfungen sowie Schichtarbeit - auch an Sonn- und Feiertagen.

Die Arbeitszeiten seien besonders für Lokführerinnen mit Kindern schwierig. Dennoch stieg die Zahl weiblicher Auszubildender bei der AVG Bildung zuletzt auf 20 Prozent.

Den Personalmangel allerdings werden sie nicht entschärfen können. „Das Problem wird sich in den nächsten Jahren nicht regeln“, so Dohmeyer.

Seiner Ansicht nach müssten die Eisenbahnverkehrsunternehmen stärker die Initiative ergreifen und um Bewerber werben. „Der Arbeitgeber muss sagen: ‚Wir stellen ein.‘ Das kann nicht nur der Bildungsträger machen.“ (mz)