Ausstellung in Aschersleben Ausstellung in Aschersleben: Fotograf Sebastian Voigt zeigt verlorene Plätze

Aschersleben - Die kleine Villa liegt im Dornröschenschlaf. Efeu rankt sich am rostigen schmiedeeisernen Zaun hinauf. An einigen Stellen fehlt der Putz. Doch das seit Jahren leerstehende Gebäude am Verbindungsweg zwischen den beiden Häusern des Ascherslebener Stephaneums versprüht einen Zauber. „Das wollte ich immer kaufen und ausbauen - doch nun hat es jemand anderes“, bedauert Sebastian Voigt ein wenig.
Dafür hat es der Ascherslebener Fotograf, der erst seit Ende vergangenen Jahres wieder in seiner Heimatstadt lebt, aufs Foto gebannt und auf Leinwand gezogen. Ein sogenannter Lost Place, ein verlorener Ort, der Teil seiner Ausstellung ist, die am Freitagabend im Ascherslebener Bestehornhaus eröffnet wurde.
Hier gibt es viele solcher verlassenen Plätze zu sehen. „Das ist ein alter Güterbahnhof in Brandenburg, das entstand in dem alten olympischen Dorf bei Berlin“, zeigt er auf die Schwarz-Weiß-Motive. Einen Briefschlitz zum Beispiel im XXL-Format. „Das ist der Reiz daran, einfache Motive so zu fotografieren, dass sie eine Geschichte erzählen.“
Ein Verlangen, das ihn seit seiner Jugend begeistert. „Mit 16 habe ich mir im An- und Verkauf meine erste Spiegelreflexkamera gekauft. Und ich bin nie wieder davon losgekommen.“ So hat der 36-Jährige aus seinem Hobby bald einen Beruf gemacht und in Falkensee bei Berlin ein Fotostudio eröffnet. Aus privaten Gründen zog es ihn nun zurück in die Eine-Stadt, wo er in der Hohen Straße das Fotostudio „VOIGTographie“ betreibt.
Mit der von der Aschersleber Kulturanstalt organisierten Ausstellung im Bestehornhaus ging für den zweifachen Vater ein Wunsch in Erfüllung. Es ist nach zwei kleinen die erste große Schau, die der Fotograf bestreitet. 40 Bilder hat er dafür ausgesucht - aus etwa 30- bis 40 000 Motiven.
Was nun in vier Räumen und dem Treppenhaus des Bestehornhauses zu sehen ist, zeigt deshalb einen Überblick seiner Arbeit in den letzten fünf Jahren. Da gibt es duftige Makroaufnahmen von Blüten und Gräsern, Porträts und Großstadtgeschichten. Wie etwa das Bild von der Pizzeria. „Das entstand in Rom - ich habe das gesehen und musste es einfach fotografieren“, erklärt Sebastian Voigt lächelnd. Und der Besucher folgt dem Blick, den der Ascherslebener damals hatte. Von der dunklen Straße hinein in das kleine Restaurant, das einem 60er-Jahre-Film entsprungen scheint. Durch die gläserne Tür kann man in das erleuchtete Innere sehen, wo zwei Frauen an einem Tisch sitzen und Zeitung lesen. Es gibt noch mehr solcher Augenblicke, die der 36-Jährige eingefangen hat. So zähle für ihn nicht das, was er fotografiere, sondern wie er es tue. „Frei nach Erich Kahlmeyer, der einmal meinte: Der Gebrauch einer Kamera ähnelt dem eines Messers. Man kann damit Kartoffeln schälen, aber auch eine Flöte schnitzen.“
Doch Voigt ist auch pragmatisch. Die Bilder, die hier zu sehen seien, könnten alle gekauft werden, meint der Ascherslebener. Bis auf ein dreiteiliges Panorama. „Es ist am Ende nur ein Rosenbusch, der beschnitten ist. Aber durch das Panorama kann man dem was abgewinnen. “ Warum es aber unverkäuflich ist: „Es gehört meinen Eltern, wo es sonst im Wohnzimmer hängt“, lacht der Fotograf und meint: „Die haben jetzt in den nächsten drei Monaten eine kahle Wand über dem Sofa.“
››Die Fotoausstellung von Sebastian Voigt ist bis zum 18. August zu den normalen Öffnungszeiten im Ascherslebener Bestehornhaus zu sehen.
(mz)