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Aschersleben mal Ehrlich

Von Regine Lotzmann 18.04.2008, 16:25

Halle/MZ. - "Wir sind als Flüchtlinge über Königsstein nach Aschersleben gekommen - mit der gesamten Familie", erinnert sich der Sudetendeutsche, der in Kriegstagen bei Prag geboren wurde. Die Fleischerei am Tie 10 nahm die Flüchtlinge auf und gab ihnen ein neues Zuhause. Da war er gerade drei Jahre alt. "Meine Großeltern haben bis zu ihrem Tod dort gelebt - heute ist das Gebäude abgerissen", bedauert Klaus Ehrlich, hat sich aber die schönen Erinnerungen an Aschersleben bewahrt.

Zum Beispiel an das Hutgeschäft am Tie, in dem seine Mutter Arbeit gefunden hatte. "Dort haben wir herrlich Räuber und Gendarm gespielt", erzählt Ehrlich und schwärmt von dem wunderbaren Gebäude mit seinen verwinkelten Gängen und Treppen. Auch an die Burg denkt er gern zurück: "Da konnte man so schön spazieren, und das Skifahren habe ich dort auch gelernt." Das Freibad im Salzkoth, der Gondelteich und die Eine, in der er einst gebadet hatte, zählen ebenfalls zu den Lieblingsplätzen seiner Kindheit und Jugend.

"Aschersleben ist eben meine Heimatstadt", fasst er seine Gefühle für dieses Fleckchen Erde in einem Satz zusammen. Zweimal im Jahr kommt er mindestens zurück, besucht seinen Cousin und seine Cousine oder deren Kinder. "Man hat mich auch zu zwei oder drei Moderationen nach Aschersleben geholt", berichtet Ehrlich weiter und erzählt ebenfalls von den Klassentreffen, bei denen er natürlich auch nicht fehlen durfte. "Vor ein paar Jahren haben wir dann ein ganz großes Klassentreffen gemacht, seitdem fahren sechs bis sieben unserer Klassenkameraden jedes Jahr für eine Woche zusammen in den Urlaub, vor allem runter nach Frankreich", freut sich der Regisseur und schiebt schmunzelnd hinterher: "Um unser Französisch aufzubessern - schließlich waren wir die Französischklasse."

Die verließ er nach dem Abitur übrigens in Richtung Berlin. "Zum Ärger meiner Mutter ging ich an eine Künstlerschule", berichtet Ehrlich von seinem Werbungs- und Gestaltungs-Studium an der Fachschule für angewandte Kunst. Dafür musste der Ascherslebener 1960 eine dreitägige Aufnahmeprüfung und ein Jahr praktischer Arbeit in einem Werk für Fernsehelektronik überstehen. Sein Studium schloss er 1964 ab, das Jahr, in dem er auch heiratete.

"Über Umwege bin ich dann zum Werbefernsehen der DDR gekommen und so beim Fernsehen gelandet", erzählt Ehrlich weiter, der daraufhin ein externes Studium in Dramaturgie und Regie anschloss, das er 1970 beendete. Und weil er stets modisch angezogen war, sollte der frischgebackene Regisseur seinen ersten Film über Mode machen. Und ist bis heute dabei geblieben.

Zu DDR-Zeiten wurden seine Modefilme stets zu Weihnachten gezeigt, seit der Wende auch zu Ostern, Pfingsten und am Tag der Deutschen Einheit. "Natürlich wage ich auch einen Blick nach Paris, aber ansonsten möchte ich immer tragbare Mode zeigen, die die Frauen auch kaufen können", nennt er sein Anliegen.

Besonders wichtig waren - da er ebenfalls Features, Reiseberichte und Reportagen produzierte - für ihn aber auch die sieben Jahre, in denen Ehrlich den ARD-Ratgeber Reise unter seinen Fittichen hatte. "In dieser Zeit habe ich die ganze Welt gesehen, nur noch aus dem Koffer gelebt", nennt er Vor- und Nachteile dieser Phase, in der ihm vor allem Australien, Kapstadt oder die Bermudas ans Herz gewachsen sind. "In Kapstadt ist ein Licht, wie es das kein zweites Mal gibt. Und die Bermudas sind ein so wunderbares Eiland - kein Schmutz, keine Arbeitslosigkeit", schwärmt er von diesen Regionen.

Schwärmen kann Klaus Ehrlich aber auch von deutschem "Urgestein". Er selbst bezeichnet sich nämlich als Leib- und Magenregisseur von Helga Hahnemann. "Einer Frau, die ich nach wie vor liebe." Dass sie so früh gehen musste, bedauert der Fernsehmacher immer noch. "Sie war sehr, sehr diszipliniert, alles, was so locker rauskam, war hart erarbeitet", weiß der Regisseur, der einst viele Stücke mit ihr produziert hatte - unter anderem die angeschwipste Süße. "Helga Hahnemann hasste Unpünktlichkeit und war ein Mensch, der sofort an die Mannschaft gedacht hat, was sonst nicht wirklich üblich war", nennt er nur einige ihrer Vorzüge.

Ganz vernarrt zeigt sich der Vater zweier Kinder - für den seine Hobbys Reisen und Mode zum Beruf geworden sind - aber auch in einen jungen Mann: seinen Enkel. "Jetzt werde ich zum zweiten Mal Opa", freut er sich über weiteren Nachwuchs, der ihn ans Kürzertreten denken lässt. "Ich will irgendwann mehr Zeit für meine Familie haben." Irgendwann, denn jetzt müsse er erst einmal in den Schwarzwald - zu seinem nächsten Dreh.