Aschersleben Aschersleben: Daumenschraube für Apotheken
ASCHERSLEBEN/MZ. - Die Ascherslebenerin Gabriele Kliemann gehört zu denen, die eher selten in der Apotheke einkaufen. Wenn es aber doch einmal sein muss, dann macht sie das in ihrer Stammapotheke Breitwieser. In der Vergangenheit konnte sie bei diesen Gelegenheiten immer eine "Apotheken Umschau" kostenlos mit nach Hause nehmen. Diese Zeitschrift beinhalte für sie wertvolle Informationen, schreibt die Ascherslebenerin in einem Leserbrief.
Am vergangenen Freitag erwartete Gabriele Kliemann eine Überraschung, die bei ihr für Verdruss sorgte. Diesmal musste sie für die "Apotheken Umschau" nämlich 50 Cent berappen, obwohl auf der Titelseite steht: "Bezahlt von ihrer Apotheke". Sie stellt sich jetzt die Frage, ob das eine neue Art der Abzocke im Gesundheitswesen sei.
Für Apothekerin Katrin Breitwieser ist die Abgabe der Zeitschrift für eine sogenannte Schutzgebühr von 50 Cent jedenfalls die Konsequenz aus dem von der Bundesregierung beschlossenen und am 1. Januar in Kraft getretenen Arzneimittelneuordnungsgesetz. Das setze in besonderer Weise bei den Apotheken die finanzielle Daumenschraube an. 400 Millionen Euro sollen bundesweit auf deren Kosten eingespart werden. Das passiert unter anderem über gesetzlich verordnete Rabatte, die die Apotheken den Krankenkassen einzuräumen haben. Außerdem wurde die Großhandelsspanne für Medikamente verringert. Allerdings reiche der Großhandel die dadurch entstehenden Mindereinnahmen an die Apotheken weiter, erklärt Katrin Breitwieser.
Die Zukunft - befürchtet Katrin Breitwieser - sehe für die Apotheken eher düster aus. Im vergangenen Jahr habe man sämtliche Rationalisierungsmaßnahmen mobilisiert und sehe sich außerstande, die erneuten finanziellen Belastungen ohne Einschränkungen zu kompensieren, heißt es in einem Informationsblatt, welches in der Apotheke Breitwieser zum Thema Einführung der Schutzgebühr für die "Apotheken Umschau" zu haben ist. Nur so sei es für die Apotheke möglich, weiterhin günstige Preise und Einkaufsvorteile für die Kunden zu gewährleisten.
Die meisten anderen Ascherslebener Apotheken halten sich mit der Einführung einer 50-Cent-Schutzgebühr für die Abgabe der "Apotheken Umschau" noch zurück. Gleichzeitig bestätigen sie die durch das neue Gesetz entstandenen finanziellen Probleme.
In der Lindenapotheke will Inhaber Hans Hulsch beispielsweise noch das erste Quartal des Jahres abwarten, um dann zu entscheiden, ob es bei den Freiexemplaren für die Kunden bleibt. Andere - wie die Ascania-Apotheke oder die Apotheke im Kaufland - wollen eher bei der bisherigen Praxis bleiben.
Wie übrigens der Verlag Wort & Bild, der die "Umschau" herausgibt, auf Anfrage der MZ erklärte, sei es jedem Apotheker freigestellt, ob er die "Apotheken Umschau" überhaupt, kostenlos oder für eine Schutzgebühr von 50 Cent abgibt. Apotheken, die die Zeitschrift für ihre Kunden beim Verlag ordern, müssen für jedes Exemplar etwas mehr als 50 Cent zahlen.
Die Chefin der Ascherslebener Ascania-Apotheke, Grit Diron, sagt, dass die "Umschau" lediglich eine von vielen sogenannten Kundenzeitschriften ist, die von den Apotheken in Deutschland angeboten werden könnten. Allerdings sei sie die beliebteste bei den Kunden - und vielleicht auch die informativste. Gleichzeitig macht Grit Diron darauf aufmerksam, dass die Apotheken diejenigen seien, die ihren Kunden wahrscheinlich die meisten zusätzlichen und auch kostenlose Angebote machten. Während in jedem Markt der Kunststoff-Einkaufsbeutel bezahlt werden müsse, spendieren die Apotheken ihrer Kundschaft immer noch so manche Kleinigkeit.
Zur Beliebtheit der "Apotheken Umschau" dürfte auch eine massive Fernsehwerbung beigetragen. Die vermittle allerdings gleichzeitig auch den - falschen - Eindruck, als wäre das Angebot der Zeitschrift eine obligatorische Aufgabe der Apotheken. Und genau das ist es nicht, sagt die Inhaberin der Ascherslebener Rats-Apotheke, Dr. Annekathrin Bachmann. Bei ihr wird die "Umschau" zwar kostenlos, allerdings nur für Stammkunden angeboten.