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50 Jahre Brandschutzgruppe Mehringen 50 Jahre Brandschutzgruppe Mehringen: Frauen auf Kontrollgang

Von Anne Schneemelcher 12.02.2015, 15:29
Rosemarie Schröder, Marlies Schulz und Verena Milius (von links nach rechts) schwelgen in Erinnerungen über ihre Zeit bei der Feuerwehr.
Rosemarie Schröder, Marlies Schulz und Verena Milius (von links nach rechts) schwelgen in Erinnerungen über ihre Zeit bei der Feuerwehr. Frank Gehrmann Lizenz

Mehringen - Ein genauer Blick auf das Ofenrohr, die Aschegrube, den Schornstein, den Dachboden und den Zustand der Sicherungen reichte meist nicht aus, um zu entscheiden, ob brandschutztechnisch alles in Ordnung sei. Zu DDR-Zeiten waren Hauskontrollen Gang und Gebe. Auf den Protokollbögen standen Fragen wie: „Werden Streichhölzer leichtsinnig aufbewahrt?“.

Was wird überm Herd getrocknet?

Zu dritt ging es in die Häuser der Nachbarn und der Einrichtungen. Jeder Haushalt war alle vier Jahre einmal dran: Sind die Steckdosen im Waschraum mit Deckeln versehen? Werden Windeln über dem Herd getrocknet? Solche und andere Dinge überprüften Marlies Schulz, Verena Milius und Rosemarie Schröder für die Frauenbranschutz-Gruppe der Mehringer Feuerwehr auf ihren Kontrollgängen aus. Vor 50 Jahren, am 15. Februar 1965, traten die drei in die Wehr ein und gründeten die Gruppe. Ab da gehörten sie offiziell zur Feuerwehr. Mit Reinstedt sind sie die älteste Frauenwehr, weiß Rentnerin Marlies Schröder.

In Deutschland schlagen sich die Anforderungen an den Brandschutz in zahlreichen Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien nieder. So zum Beispiel in Bauordnungen oder den Feuerwehrgesetzen. Die Auswahl der Baustoffe, die Bauweise von Gebäuden, welche Gefahrstoffe vorhanden sind oder ob es Lösch- und Brandmeldeanlagen gibt, all das spielt dabei eine Rolle. Auch die Schulung von Angestellten fällt unter diese Richtlinien.

„Weil ich es satt hatte, immer allein zu sein“, wiederholt die 81-jährige Marlies Schulz. Sie ist die dienstälteste Kameradin der Mehringer Wehr. Ihr Mann löschte 1948 mit 15 Jahren seinen ersten Brand. „Ich bin mit der Wehr aufgewachsen“, sagt die Rentnerin. Ihr Mann war stets und ständig unterwegs, auch weil er 30 Jahre lang das Oberhaupt von Mehringen war. „Wir waren ja sowieso immer dabei. Also wollten wir auch richtig Teil der Feuerwehr werden“, sagt sie. Die Kontrollen waren deshalb Herzensangelegenheit, denn die Damen hatten wichtige Aufgaben zu erledigen.

Und das ist auch heute noch so, wenn auch nicht mehr ganz so verstärkt. Hin und wieder macht Rosemarie Schröder noch ihren beliebten Rotkohlsalat und Bienenstich und Marlies Schulz den Mohnschneckenkuchen, wenn das bei einer Veranstaltung gewünscht ist.

’74 als Delegation nach Tschechien

Damals wie heute ist die Feuerwehr unverzichtbar im Ort, denn ohne sie würde das kulturelle Leben verschwindend gering sein. „In den 50er und 60er Jahren habe ich das Leben im Ort durch die Feuerwehr kennengelernt“, sagt Verena Milius und erinnert sich an die Kapelle, die es damals bei der Wehr gab und an eingekochtes Fleisch im Glas. „Das waren die schlechten Nachkriegsjahre, aber untereinander hat man sich da sehr geholfen“, stimmt Rosemarie Schröder ein.

Trotz ihrer 71 Jahre ist Verena Milius die Jüngste im Trio. Von 1968 an war ihr Mann mehr als 30 Jahre als Wehrleiter tätig. Sie selbst arbeitete bei der Sparkasse, war aber ständig auf dem Sprung. Bis zur Hauptbrandinspekteurin hat sie es geschafft. Für die Gleichberechtigung der Frauen ging es für sie 1974 sogar ins tschechische Chomutov. Frauen aus fünf Ländern trafen sich dort für ein paar Tage, um sich über die Rolle der Frau in der Feuerwehr auszutauschen. Als einzige freiwillige Vertreterin der DDR hat es sich Verena Milius nicht nehmen lassen, an der Fahrt teilzunehmen. Begleitet wurde sie von einer Dame aus der Bezirksbehörde der ehemaligen Karl-Marx-Stadt.

Löschwasser aus der Wipper

„Wir alle sind an unseren Aufgaben in der Wehr gewachsen“, sagt Marlies Schulz und erinnert sich an viele Einsätze, an denen sie unterstützend mitgewirkt hat. Nicht selten hatte sie das ganze Wohnzimmer voll mit Personen, die wegen eines Brandes nicht in ihr Haus zurück konnten. „Damals war ja auch alles anders als heute“, sagt Rosemarie Schröder. Hydranten waren ein Fremdwort, man habe das Wasser aus der Wipper hinaufgepumpt. Schutzkleidung sah man auch nicht in jedem Schrank, da bis 1994 das Gerätehaus gebaut wurde, sprangen die Feuerwehrmänner- und Frauen aus ihrem Bett heraus und es ging direkt zum Brand. „Mein Mann ist manchmal durch den Ort gefahren und hat Helme an die Einsatzkräfte verteilt“, erinnert sich Marlies Schulz. Heute genießt sie die Ruhe um sich.

„Ich hatte drei Kinder, zwei Arbeitsstellen, hab meine Schwiegermutter gepflegt und meinem Mann immer den Rücken freigehalten“, sagt sie lachend über die anderen Zeiten.

Verena Milius kommt noch nicht zur Ruhe. Vor einigen Wochen erst hat sie vor der Mehringer Kinderwehr einen Vortrag über früher gehalten. Auch arbeitet sie dem Landesverband Historisches zu und kann auf einige Veröffentlichungen zurückblicken.

Am kommenden Sonntag soll gefeiert werden. „Bei einem guten Glas Wein, ohne, dass wir etwas vorbereiten“, sagt Rosemarie Schröder mit einem verschmitzten Lachen. Fünfzehn Einladungen hat ihre Kameradin Marlies Schulz mit der Hand geschrieben.

Die gingen an einen Mann, den Wehreiter Axel Trimpert, und an die Kameradinnen. „Wir bestellen Pizza und gucken alte Fotos an“, sagt Schulz und lacht: „Backen sollten wir ja ausnahmsweise Mal nicht.“ (mz)

Alle Frauen, die im Jahr 1996 Teil der Wehr waren, haben sich anlässlich des 100-Jährigen Bestehens der Wehr zusammengestellt.
Alle Frauen, die im Jahr 1996 Teil der Wehr waren, haben sich anlässlich des 100-Jährigen Bestehens der Wehr zusammengestellt.
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