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Zwiebelgewächs Zwiebelgewächs: Hyazinthen sind mythenumwoben

Von Helga Panten 30.01.2006, 10:50

Höxter/dpa. - Aber ganz stimmen kann die Geschichte nicht. Die wilden Hyazinthen, die in der Gegend zwischen Aleppo und Bagdad gedeihen, blühen blau, weiß oder rosa - blutrote sind nicht dabei. Fachleute sind daher ziemlich sicher, dass die Griechen nicht unsere heutige Hyazinthe, sondern eine der Wildgladiolen so nannten.

Trotzdem verlieh man den Zwiebelblumen, die im 16. Jahrhundert über die Türkei nach Europa kamen, den Namen Hyazinthe. Locker und zierlich wuchsen sie damals. Weniger als zehn Glocken pro Stängel zählt man auf den Hyazinthen-Abbildungen im Kräuterbuch von Matthiolis aus dem Jahr 1590. Stiele mit weniger als 20 Blüten gelten heute als «magere Traube». Bei den modernen Sorten drängen sich 50 und mehr Glocken zur dicht besetzten Blütenkerze.

Diese Reichblütigkeit bedeutet Stärke und Schwäche zugleich. Die meisten Hyazinthen sind wenig standfest. Sie brauchen Halt, damit die Stiele mit ihrer schweren Last nicht umsinken. Zum Glück lassen sich Stäbe gut zwischen den Glocken verbergen. Außerdem sind die Zwiebelblumen nicht einfach in den Garten zu integrieren. Sie wirken ein wenig steif. Am stärksten kommt das zum Tragen, wenn die Pflanzen im Beet solo nebeneinander gepflanzt werden. Leichte Partner wie Stiefmütterchen und Vergissmeinnicht mildern ihre Wucht.

Im Garten kann sich das Problem mit etwas Geduld von alleine lösen. Fühlen Hyazinthen sich an ihrem Standort wohl, lassen sie Tochterzwiebeln sprießen. Sandiger, warmer Boden ohne Staunässe bekommt ihnen am besten. Dort entstehen lockere Hyazinthentuffs, über denen zierliche Blütenstände stehen.

Die meisten Hyazinthen aber wachsen für eine einmalige Blüte in Töpfen, Schalen oder Kästen heran. Hyazinthen-Liebhaber lassen sich dabei die Entwicklung von der noch schlafenden Zwiebel bis zur Blüte nicht entgehen.

Erst noch im Kühlen aufgestellt, gaukelt ein spitzes, farbiges Papiertütchen der Pflanze noch die Dunkelheit der Erde vor. Je kräftiger die weißen Wurzeln wachsen, desto stärker schiebt sich unter dem Hütchen der knospenbesetzte Stängel mit seinem Blattkranz in die Höhe. Stößt er gegen das Hütchen, wird es geöffnet, und die Hyazinthe zieht ins Warme um. Lange dauert es nun nicht mehr, bis süßer Duft das Zimmer füllt.

Sind sie verblüht, wandern die schlaff gewordenen Zwiebeln meist auf den Müll. Dabei startet jetzt tief drinnen in der Zwiebel das nächste Hyazinthenwunder. Dort wartet bereits das Blütenknöspchen, umgeben von den Blattanlagen, auf seinen Auftritt im folgenden Jahr. Lässt man die Pflanze gewähren, gießt kräftig und düngt, tanken die Blätter Kraft, bis die Zwiebel im Sommer sich wieder füllt.

Währenddessen werden die Blattanlagen im Zwiebelinnern immer größer. Etwa im Juli sind die Blattanlagen fertig. Nun ruht die Zwiebel scheinbar. In Wahrheit wächst der Blütenstand und entwickelt all seine Knospen. Ab Oktober herrscht dann wirklich Ruhe. Geduldig wartet die Zwiebel, bis die Kälte vorbei ist. Kommt keine Kälte, weil der Topf im warmen Zimmer aufbewahrt wird, treibt sie nicht.