Wollemie - Gartenbewohner aus dem Tertiär
Bonn/dpa. - Sotheby's versteigerte die ersten 300 Wollemien im Jahr 2005 für 1,5 Millionen Dollar. Die Urweltbäume bezogen die ersten Adressen der Botanik wie Kew Garden in London, den Palmengarten Frankfurt oder den Botanischen Garten Hamburg.
Spektakulär in Sicherheitstransportern angeliefert und anschließend hinter Gittern geschützt, recken sie dort ihre farnartigen Zweige. Inzwischen aber gibt es die botanische Rarität auch für den heimischen Garten oder Wintergarten.
Ein sehr seltsamer Baum war das, vor dem David Noble, Parkranger im Wollemi Nationalpark in Australien, im Jahr 1994 stand. Die Zweige erinnerten an Farne, die Rinde schien wie mit Blasen übersät. 40 Meter hoch ragte er auf in der Schlucht, in die der Waldläufer sich abgeseilt hatte. Er nahm ein Zweigstück mit, nicht wissend, welche Sensation er da bei sich trug. Die Wissenschaftler der Botanischen Gärten Sydney staunten. Sie kannten das farnartige Laub - aber nur von Fossilien, die mindestens 90 Millionen Jahre alt waren. Die Pflanze selbst galt als lange ausgestorben.
Jetzt gab es sie plötzlich doch noch. Seit der Kreidezeit hatte sie überlebt in einem unzugänglichen Winkel der Erde. Professor Carrick Chambers, Direktor der Königlichen Botanischen Gärten Sydney, verglich die Entdeckung mit dem «Fund eines lebenden Dinosauriers». Denn so wie die Saurier die Tierwelt der Jura- und der Kreide-Zeit prägten, so bestimmte die Wollemie zur gleichen Zeit als einer der Charakterbäume den südlichen Teil des Urkontinents Gondwana.
Die Botaniker stellten eine Verwandtschaft mit den eigentümlichen Araukarien und den Kauribäumen (Agathis) fest. Aber der neu entdeckte Urweltbaum bildete doch eine Gattung für sich. Als Wollemia nobilis, nach dem Fundort, dem Wollemi Nationalpark, und ihrem Entdecker David Noble, fand er seinen Platz in der Pflanzensystematik.
Nach dem ersten Exemplar entdeckten die Forscher noch weitere der Riesenbäume. Aber insgesamt blieben es weniger als 100 Exemplare in freier Natur. Eine extrem niedrige Zahl, die die Wissenschaftler mit Sorge erfüllt, denn allzu rasch können Krankheitserreger, durch Schuhsohlen und Kleidungsstücke mitgeschleppt, sie auslöschen. Daher sind die Bäume streng geschützt und die Standorte nur einer Handvoll Menschen bekannt.
Aber gleichzeitig wird an einer möglichst weiten Verbreitung der Bäume gearbeitet. Ein Widerspruch ist das nicht. Die Wollemie lässt sich durch Samen und in Meristem-Kultur vermehren. Das heißt, die Nachkommenschaft wächst so rasch, dass Interessierte bereits in diesem Jahr auf Pflanzenmärkten und in etlichen Gartencentern kleine Wollemien kaufen können. Für die wilden Wollemien ist das gut. Denn was sich so einfach erwerben lässt, muss nicht auf illegalen Wegen aus der Wildnis besorgt werden. Außerdem sinkt das Risiko, dass die Zeugen der Saurierzeit aussterben, je mehr sie weltweite Verbreitung finden.
In Deutschland wachsen sie am besten als Kübelpflanze und stehen im Sommer draußen, im Winter drinnen in einem hellen, kühlen Raum. Nur im milden Weinbauklima halten sie es ausgepflanzt im Garten aus. Sicherheitshalber sollte der Gärtner aber den Wurzelbereich durch Laubpackungen oder Folie schützen, denn unter minus zwölf Grad wird es für Wollemien kritisch. Zum Schutz vor Kälte färben sich die sonst frischgrünen Zweige rotbraun. Außerdem entdeckt man im Winter die eigentümlichen rosa «Polarkappen», einen wachsartigen Überzug, der die zarten Triebspitzen schützt. Im Frühjahr verschwinden rotbraune Blattfärbung und Wachskappen wieder.
Ein schwach saurer Boden, ein heller Platz ohne pralle Sonne und nicht zu hartes Wasser sorgen für gutes Wachstum. Kommt stark kalkhaltiges Wasser aus der Leitung, gießt der Gärtner am besten mit Regenwasser. So gepflegt wird aus dem kleinen Pflänzchen bald ein stattlicher Baum. Zwölf Meter Höhe sind im mitteleuropäischen Klima drin. Aber keine Angst, im Kübel bleibt die Wollemie handlicher, und ausgepflanzt lässt sie sich willig zurückschneiden.