1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Wohnrecht: Wohnrecht: «Der Hausflur ist keine Garage»

Wohnrecht Wohnrecht: «Der Hausflur ist keine Garage»

Von Thomas Kärst 25.08.2005, 14:06
Hausordnung oder Mietvertrag dürfen das Abstellen von Kinderwagen im Treppenhaus nicht grundsätzlich verbieten. (Foto: dpa)
Hausordnung oder Mietvertrag dürfen das Abstellen von Kinderwagen im Treppenhaus nicht grundsätzlich verbieten. (Foto: dpa) Anna Becker

Berlin/dpa. - Denn nicht jederhat Verständnis dafür, wenn ihm der Hausrat des Nachbarn den Weg nachdraußen verstellt. Und auch Brandschutzexperten stehen beim Anblickmanchen Treppenhauses die Haare zu Berge.

«Der Hausflur ist keine Garage», stellt Ulrich Ropertz klar.Fahrräder beispielsweise gehörten in der Regel nicht ins Treppenhaus,sagt der Sprecher des Deutschen Mieterbundes in Berlin. Sie dürfendort allenfalls für kurze Zeit stehen - es sei denn, der Vermietergibt seine Zustimmung, und die Mitbewohner werden nicht gestört. Woes keinen Fahrradkeller gibt, muss das Rad in der Wohnung oder ebendraußen abgestellt werden.

Anders sieht es laut Ropertz mit Kinderwagen aus: «Wenn es keinenFahrstuhl gibt, ist es der Mutter nicht zuzumuten, den Kinderwagenjedes Mal nach oben zu schleppen», sagt der Jurist. Das geht auch ausmehreren Urteilen hervor. So gab das Amtsgericht Braunschweig einerMutter Recht, die ihren Kinderwagen regelmäßig im Flur abstellte(Az.: 121 C 128/00). Die Fläche dort betrug drei mal vier Meter. DerWagen störe dort kaum, der Zugang zu Wohnungstüren oder Briefkästensei nicht verstellt.

Bei einem sehr engen Flur muss der Wagen jedoch eventuell nachtsin die Wohnung gebracht werden. So urteilte jedenfalls dasOberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Fall, in dem der verbleibendeDurchgang nur 45 Zentimeter betrug (Az.: 15 W 444/00). Einvorübergehendes Abstellen jedoch sei «selbstverständlich undsozialüblich». Besucher allerdings haben nicht automatisch das Recht,den Wagen im Flur abzustellen, wie das Amtsgericht Winsen/Luhe(Niedersachsen) entschied: Zwei Erwachsenen sei es zuzumuten, einenWagen in die Wohnung zu tragen (Az.: 16 C 602/99).

«Erlaubt ist, womit alle klarkommen», sagt Rechtsanwalt KaiWarnecke vom Eigentümerverband Haus & Grund in Berlin. Auch eineHausordnung sei nur ein Kompromiss und könne nicht alle möglichenFälle umfassen. «Am besten ist es immer, wenn sich die Mieteruntereinander einigen.» Ist das nicht möglich, sollten Mieter, diesich belästigt fühlen, sich umgehend an den Vermieter wenden, wieRopertz und Warnecke übereinstimmend betonen: Er muss dann auf dieEinhaltung der Hausordnung oder das Freihalten der Fluchtwege pochen.

Reine Ordnungsgesichtspunkte nach dem Motto «Im Flur darf garnichts stehen» kann der Vermieter allerdings nicht geltend machen.«Treppenhäuser und Flure gehören zur Mietsache und sindGemeinschaftsräume wie Waschküche, Speicher oder Partykeller»,erläutert Ulrich Ropertz.

Daher dürfen die Mieter durchaus Blumenkübel auf Zwischenpodestenoder einen kleinen Schuhschrank aufstellen - so lange dadurch keineMitbewohner beeinträchtigt werden. Das stellte das Amtsgericht Kölnklar (Az: 222 C 426/00). Auch Fußmatten sind erlaubt, bei schlechtemWetter dürfen auch Schuhe abgestellt werden. Das sei weit verbreitet,allgemein üblich und gefährde nicht die übrigen Hausbewohner,urteilte das OLG Hamm (Az.: 15 W 168-169/88).

Selbst eine Madonnenstatue im Treppenhaus muss von anderen Mieternhingenommen werden. Ein evangelischer Hausbewohner habe nicht dasRecht, deshalb die Miete zu mindern, urteilte das Amtsgericht Münster(Az.: 3 C 2122/03). Eine Mietminderung kommt nur in Betracht, wenndie Gebrauchstauglichkeit der Wohnung beeinträchtigt ist - was durchdas Aufstellen einer Madonna im Treppenhaus nicht gegeben ist.

Ein häufiger Streitpunkt ist darüber hinaus die Reinigung desTreppenhauses. Oft ist im Mietvertrag festgelegt, dass dieMietparteien selbst die Stiegen fegen und wischen. «Wenn die Mieterdas selbst nicht auf die Reihe bekommen, kann der Vermieter jemandenbeauftragen und die Kosten auf die Mieter umlegen», sagt Warnecke.

Abgerechnet werde die Reinigung mit den Betriebskosten - dabeimuss es gerecht zugehen: «Der Vermieter kann entweder anteilig nachden Quadratmetern der Wohnung oder nach der Pro-Kopf-Zahl desHaushaltes abrechnen - das ist Geschmackssache», sagt Warnecke.

Doch Treppenhäuser sollen nicht nur schön anzusehen sein: Siedienen im Brandfall auch als Fluchtweg aus der Wohnung. Zwar ist esnach Angaben von Experten sinnvoller, in der Wohnung zu bleiben, wennes im Hausflur selbst brennt. Doch gerade damit es nicht zum Brand imTreppenhaus kommt, wie beispielsweise in Berlin Anfang August, giltnach Angaben des Deutschen Feuerwehrverbandes in Berlin: «Halten SieTreppenhäuser und Flure frei von Kinderwagen, Hausrat, Müll undanderen brennbaren Gegenständen.»

Bei einem verheerenden Wohnungsbrand am 8. August in Berlin warenneun Menschen ums Leben gekommen. Als Verursacher wurde ein12-jähriger Junge ermittelt, der im Treppenhaus gezündelt und dabeidort abgestellte Kinderwagen in Brand gesetzt hatte.