Wohnen Wohnen: Bauhausmöbel im Trend

Berlin/Dessau/dpa. - «Käufer von Bauhausmöbeln sind meist an Design interessierteBesserverdienende», sagt Susanne Korn vom Hersteller Thonet in Frankenberg (Hessen). In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts seien die Stahlrohrmöbel vor allem bei «sehr elitären Intellektuellen beliebt gewesen». Die breite Masse der Käufer habe sich zu jener Zeit mit dem Aussehen der damals ungewöhnlichen Metallmöbel nicht anfreunden können. Kult seien die Bauhaus-Klassiker erst in den achtziger Jahren geworden, und dieser Trend halte bis heute an.
«Das Avantgarde-Design am Bauhaus hat ursprünglich nicht denGeschmack breiter Schichten getroffen», sagt auch Christian Wolsdorf.Er bereitet am «Bauhaus-Archiv - Museum für Gestaltung» in Berlin dieAusstellung «Bauhaus-Möbel - Eine Legende wird besichtigt» vor. DieAusstellung wird vom 26. Oktober 2002 bis zum 10. März 2003 zu sehensein. Heute müsse der Begriff Bauhaus für Vieles herhalten, soWolsdorf. Da werde Verschiedenes in einen Topf geworfen, was mit derIdee des Bauhaus nichts zu tun hat. Sogar Bauhausfrisuren gebe es.
Mancher versucht mit dem Namen Bauhaus Geld zu verdienen.Beispielsweise finden sich im Internet als Bauhausmöbel angeboteneStücke etwa von Le Corbusier oder Gerrit Thomas Rietveld. «Dabeigehörten beide nicht zum Bauhaus - und damit auch nicht ihreEntwürfe», erläutert Werner Möller von der Stiftung Bauhaus inDessau. Denn eng gefasst dürfe ein Möbel nur dann «Bauhausmöbel»genannt werden, wenn es zwischen 1919 und 1933 von einem Lehrer oderSchüler der Schule entwickelt wurde.
Auch Möbel, die Bauhauslehrer wie Walter Gropius oder MarcelBreuer in ihren privaten Büros konzipierten, gelten als Bauhausmöbel.Denn sie seien im «Geiste des Bauhauses» geschaffen worden, erläutertMöller. Bedeutung habe dies beispielsweise für die Stahlrohrmöbel vonMarcel Breuer. Dieser habe als Leiter der Werkstatt für Tischlerei amBauhaus seine Stahlrohr-Experimente bei den Junkers Flugzeugwerkenvorgenommen. Am Bauhaus selbst habe es für Metallarbeiten keineMöglichkeit gegeben.
Bauhaus-Klassiker sind vor allem Stahlrohrstühle. «Als 'Erfinderder Stahlrohrmöbel' gilt Marcel Breuer», sagt Christian Drescher vomHersteller Tecta in Lauenförde (Niedersachsen). Lange sei juristischgestritten worden, ob Marcel Breuer oder der Architekt Mart Stam ausRotterdam das Prinzip des so genannten Freischwingers erfunden hat.Nach dem Stand der Forschung gehe man davon aus, dass der auch alsKragstuhl bezeichnete Freischwinger von Stam entwickelt wurde. Beidiesem Stuhl sei jedoch das Rohr, da es bei der Erprobung abzubrechendrohte, innen mit Eiseneinlagen verstärkt worden. Der Stuhl ohneHinterbeine habe durch diese Einlagen keine federnde Wirkung gehabt.Wahrscheinlich angeregt von Stam, entwickelten auch Mies van der Roheund Breuer federnde, freitragende Stahlrohrstühle.
«Am Bauhaus sind aber nicht nur Stahlrohrmöbel entstanden, obwohldie Begriffe Bauhaus-Möbel und Stahlmöbel oft gleichgesetzt werden»,sagt Möller. Das Spektrum sei erheblich weiter gefasst gewesen.Lehrer und Schüler der Tischlerwerkstatt stellten aus Holzzahlreiche einfache Möbel her. Zu kaufen seien allerdings heute vorallem Stahlrohrmöbel. Zu den wenigen Ausnahmen gehöre ein von Breuergestalteter Container.
Viele als Bauhaus-Klassiker gehandelte Objekte werden bis heuteproduziert oder sind neu aufgelegt worden. Die Firmen, die inDeutschland über Urheberrechte verfügen, sind verärgert überNachbauten, die häufig günstiger angeboten werden als die Original.Solche im Ausland auf Grund des unterschiedlichen Lizenzrechtes legalnachgebauten Klassiker unterschieden sich meist hinsichtlich derQualität, sagt Drescher. Und oft seien diese Möbel nicht detailgenaunachbildet. Bei Tecta etwa werde - wie zur Bauhauszeit - einStahlrohrmöbel noch vernickelt. Billigere Kopien seien dagegenverchromt, obwohl dieses Verfahren erst später entwickelt wurde.