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Wenn Schneeglöckchen und Krokus im Herbst blühen

Von Helga Panten 03.09.2009, 07:06

Bonn/dpa. - Hat die Zwiebel sich geirrt? Verschieben sich jetzt schon die Jahreszeiten? Wer zum ersten Mal im Herbst blühende Schneeglöckchen und Krokusse sieht, dem schießen solche Gedanken durch den Kopf.

Aber es gibt sie schon lange, die herbstblühenden Formen der Zwiebelblumen und Knollen, die eigentlich auf das Frühjahr abonniert sind. Sie sind nur weniger bekannt - doch es geht ein eigentümlicher Reiz von den Herbstblühern aus.

Aber warum eigentlich blühen sie zur vermeintlichen Unzeit? Ein kluger Schachzug ist es, wie ein Blick auf ihre Heimat erhellt. Türkei, Iran, Krim sind die Heimatländer von Crocus speciosus. Galanthus reginae-olgae, das Herbstschneeglöckchen stammt aus Griechenland, Sizilien und der Südwest-Türkei. Glühend heiße, trockene Sommer herrschen dort vor. Für Pflanzen sind sie die lebensfeindlichste Zeit des Jahres. Zwiebeln und Knollen ziehen sich dann tief in der Erde zurück.

Erst der Herbst bringt die lebensnotwendige Feuchtigkeit, und die nutzen die Herbstblüher vom ersten Regenguss an. Eilig schieben sie ihre Blüten ans Licht. Sie wollen möglichst viele der Insekten locken, die nach der Sommerhitze gierig auf Pollen- und Nektarspender warten. So breiten sich fast über Nacht die Blütenteppiche aus. Blätter gibt es noch nicht. Bei einigen wie der Herbstzeitlosen und dem Crocus speciosus zeigt sich das Grün erst früh im kommenden Frühjahr. Andere wie Herbst-Cyclamen und Sternbergie lassen es unmittelbar nach der Blüte sprießen und gehen grün durch den Winter. Weil es auch im Mittelmeerraum manchmal friert, sind sie nicht zimperlich. In der Regel überstehen sie auch unsere Winter problemlos im grünen Kleid - vorausgesetzt der Standort stimmt.

Beim Herbstkrokus sind das sonnige, humusreiche Plätze neben niedrigen Stauden wie Kissenastern und Dalmatinischem Storchschnabel oder zwischen lockeren, Laub abwerfenden Sträuchern wie Blauraute (Perovskia) oder Säckelblume (Ceanothus). Fühlen sie sich wohl, verwildern sie gern und stehen dann in kleinen Gruppen und Trupps, so wie sie das in ihrer mediterranen Heimat auch tun. Neben der hellvioletten Art gibt es auch Sorten wie die hellblaue 'Cassiope' oder die dunkel geaderte 'Artabir'.

Bei der einzigen heimischen Vertreterin unter den herbstblühenden Zwiebeln, der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnalis), ist zu beachten, dass sie keine Nässe mag. Aber ausreichend feucht und tiefgründig sollten die Böden schon sein. Am besten gedeiht sie in wiesenartigen Pflanzungen. Dort geben die Stängel und Halme der Nachbarstauden und -gräser großblütige Sorten wie 'Lilac Wonder' oder 'Waterlily' sicheren Halt und kaschieren die manchmal störenden Blätter im Frühjahr.

Verglichen mit den robusten Herbstzeitlosen ist das Herbstschneeglöckchen (Galanthus reginae-olgae) eine kleine Prinzessin. Von Oktober bis Dezember öffnet es die typischen zierlichen Glöckchen. Am Mittelmeer wächst es zwischen den Wurzeln mediterraner Bäume wie Esskastanie und Erdbeerbaum. Dort schützt das Blätterdach vor sengender Sonne, die Schicht modernden Laubs verhindert das völlige Austrocknen der Zwiebeln und liefert die nötigen Nährstoffe. Im eigenen Garten können größere Sträucher wie Zaubernuss oder Pfaffenhütchen zu Hütern der Zwiebeln werden.

Von August bis September können die Zwiebeln und Knollen gepflanzt werden, Exemplare in Töpfen auch außerhalb dieser Zeit. Sollen Herbstblüher verwildern, darf nicht gehackt werden. Nach der Blüte müssen die Blätter einziehen können. Nur dann haben Zwiebeln und Knollen genug Kraft für die nächste Blüte. Spiralig aufgerollte Stängel an den Cyclamenknollen sollten nicht entfernt werden. Sie tragen Fruchtkapseln, die im nächsten Spätsommer reifen.